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die Apanagen wie die Zivilliste eine auf dem
Krongut ruhende, vor jeder andern Ausgabe zu
bestreitende Last. Auch in Hessen sind die zu den
Bedürfnissen des großherzoglichen Hauses erfor-
derlichen Summen auf das schuldenfreie, unver-
äußerliche Hausfideikommiß, d. i. zwei Drittel
der Domäneneinkünfte, vorzugsweise radiziert.
Allerdings haben neuere Ablösungsgesetze mit-
unter eine Fassung, durch welche das Prinzip der
Reallasten auf allen Gebieten als beseitigt er-
scheinen könnte. Doch kann dies nicht den Sinn
haben, daß die Anwendung des im Institut der
Reallasten liegenden Rechtsprinzips (Verpflichtung
zu wiederkehrenden kleinen, die Obligation nie-
mals erschöpfenden Leistungen) auch unstatthaft
sein soll bei Bestellung von Apanagen, Wittümern,
Leibgeding u. dgl.
4. Größe, Mehrung und Minderung.
Die Apanage soll nach den Kräften des Haus-
vermögens bzw. Landes den Beteiligten eine
standesgemäße Existenz möglich machen. Für die
haus= oder landesgesetzlich fixierte Größe der Apa-
nagen ist entscheidend das Bedürfnis des standes-
gemäßen Unterhalts der Nachgebornen nach Maß-
gabe der besondern Stellung des Hauses. Dies
zeigt sich sowohl bei dem System individueller
(s. unter Nr 6) als auch bei jenem erblicher Apa-
nagen: bei ersterem in den für die einzelnen Prinzen
ausgesetzten Renten, bei letzterem im Betrag der
für die nachgebornen Söhne des regierenden Herrn
ausgesetzten Apanagen („ursprüngliche“ Apanagen,
die sich alsdann in deren Linie vererben). In
Württemberg beträgt die Apanage eines nach-
gebornen Sohnes des Königs sowie der nach-
gebornen Söhne eines vor seinem Vater verstor-
benen Kronprinzen 68 571 M; wenn aber mehr
als zwei vorhanden sind, 51 428 M. In Waldeck
sind für die Söhne regierender Herren 3000 Taler,
in Bayern 60 000 Gulden, nach der Vermählung
80 000 Gulden, in Mecklenburg-Schwerin für die
nicht besonders aufgezählten Prinzen 10 000 Taler,
in Oldenburg 6000 Taler festgesetzt. Nach dem
hannoverischen Hausgesetz von 1836 erhielten die
nachgebornen Söhne des Königs je 24 000 Taler
in Gold. Der Maßstab des standesgemäßen
Einkommens zeigt sich ferner bei den erblichen
Apanagen dadurch, daß sehr häufig in den Fällen,
wo die Anteile der Prinzen durch die fortgesetzten
Erbteilungen unter ein gewisses Minimum (in
Württemberg 5000 Gulden, in Bayern 200000
Gulden) gesunken sind, dieselben durch Zulagen auf
diese Höhe gebracht werden. — Von Mehrung und
Minderung der Apanagen kann man in zweifacher
Hinsicht sprechen: mit und ohne Rücksicht auf die
Zahl der Apanagierten. In Bezug auf das erstere,
also auf die durch Erbteilung oder vermehrte
Prinzenzahl entstehenden Veränderungen in Apa-
nagen, muß noch unten bei der Frage der Ver-
erbung der Apanagen (s. Nr 6) die Rede sein. Das
letztere bzw. die Frage, ob bei wesentlichen Ver-
änderungen in der Größe des Hausvermögens
Apanage.
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eine Veränderung in der Höhe der Apanage ein-
trete, diese Frage hatte ehemals, wo die Ab-
findungen nicht selten Quoten bildeten, eine
größere Bedeutung als heutzutage. Gegenwärtig
richten sich die Apanagen weniger genau nach der
Größe des Familienvermögens, sie bestehen ja nie
mehr in Quoten desselben und oft genug in ad
bersonam fixierten Summen (s. unter Nr 6).
Zuweilen werden sie noch dazu aus der Staatskasse
entrichtet. Es wird also der Fall, daß durch
Mehrung oder Minderung des Hausvermögens
ein Anspruch von der einen oder andern Seite
begründet sei, selten bzw. nur da eintreten, wo
4 entsprechende Bestimmungen der Hausgesetze
nden.
5. Rechtsverhältnisse an der Apa-
nage. Die apanagierten Prinzen haben von
ihren Apanagen den Unterhalt ihres Hauses, die
Aussteuer ihrer Töchter, die Etablierung und Ver-
sorgung ihrer Söhne und die Wittümer in ihrer
Linie zu bestreiten. Die weitere Verwendung des
Betrags ist dem freien Ermessen des Apanagierten
überlassen. Dem Souverän (regierenden Herrn)
steht es zu, darüber zu wachen, daß die Bezüge
ihren Zwecken erhalten, nicht veräußert oder ver-
schwendet werden. Der Apanagierte kann daher
keine Disposition über die Apanage treffen, sie sei
denn vom Familienhaupt genehmigt. Demzufolge
bedarf insbesondere auch die Urkunde, durch welche
der Apanagierte das Wittum seiner Gemahlin
bestimmt, dessen Bestätigung. Dem Verschwender
hat der regierende Herr das Recht, einen Pfleger
zu geben und ihm die selbständige Verfügung über
sein Vermögen zu entziehen. Eine letztwillige Dis-
position, eine testamentarische Verfügung über die
Apanage steht keinem Apanagierten, selbst nicht in
seiner Linie zu. Ganz vereinzelt (z. B. in Bayern)
ist sie dann gültig, wenn sie von allerhöchster Seite
bestätigt wurde. Etwaige Ersparnisse von der
Apanage oder sonstige Einnahmen sowie die
Erwerbungen, welche der Apanagierte daraus be-
stritten hat, sind freies Eigentum, worüber er
unter Lebenden wie auf den Todesfall zu verfügen
berechtigt ist; namentlich ist eine Zustimmung
des Familienhaupts zu solchen Verfügungen nicht
notwendig. Ofters findet sich die Bestimmung,
Leistungen an Mitglieder des fürstlichen Hauses
dürfen nur mit Bewilligung des Fürsten außer-
halb des Landes verzehrt werden. Auch sind Apa-
nagen mitunter in der Weise privilegiert, daß sie
gar nicht oder nur zu einem bestimmten Teil
(3. B. in Württemberg und Baden zu einem Drittel)
einer Beschlagnahme zugunsten der Gläubiger
unterworfen sind.
6. Beendigung und Vererbung. In
Bezug auf die Beendigung und Vererbung der
Apanagen sind zwei verschiedene Systeme zu unter-
scheiden. Das eine System ist das der perfön-
lichen Bezüge mit Heimfall der Apanage beim
Tod des Apanagierten, das andere das System
der erblichen Apanagen, wo sich die Apanagen
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