Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

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im ehelichen Mannsstamm der ursprünglich Be- 
rechtigten bis zu dessen Erlöschen weiter vererbt. 
Letzteres System ist das ältere, gemeinrechtliche, 
während die individuellen Apanagen im ganzen 
jüngeren Datums sind. — In früherer Zeit war 
die Apanage regelmäßig erblich. Die Söhne 
teilten die Apanage des Vaters unter sich. Von 
einem Heimfall konnte erst die Rede sein beim Tod 
des letzten apanageberechtigten Sprossen der frag- 
lichen Linie. Die Erblichkeit scheint der Natur der 
Apanage am meisten gemäß zu sein und ist in der 
Mehrzahl der neueren Hausgesetze beibehalten, so 
in Württemberg seit 1828, in Sachsen, Bayern, 
Waldeck, Hessen (nach Testament von 1625, 1660), 
im hannoverischen Hausgesetz von 1836. In Ruß- 
land fallen die Apanagegüter (wo solche an Stelle 
von Geldrevenuen vorkommen) erst beim Aus- 
sterben des Familienzweigs, dem sie verliehen 
waren, der Apanagenmasse wieder anheim. Die 
Bestimmung, daß nur die halbe Apanage in Erb- 
gang kommt, findet sich in mehreren Hausgesetzen 
(so in Württemberg, im hannoverischen Haus- 
gesetz von 1836) in dem Fall, wenn ein Prinz 
die ihm ursprünglich ausgesetzte Apanage auf 
nur einen Sohn oder auf männliche Deszen- 
denten des einzigen Sohnes vererbt. Ist die 
Apanage ein für allemal für gewisse Linien des 
regierenden Hauses festgesetzt, so wächst im Fall) 
  
des Abgangs einzelner Zweige derselben der er- 
öffnete Anteil der Apanage mit den darauf haften- 
den Lasten des Wittums, Unterhalts und der Aus- 
steuer der Prinzessinnen den übrigen Zweigen der 
Linie zu. Beim Aussterben der ganzen Linie, zu 
deren Gunsten eine vererbliche Apanage besteht, 
also wenn sämtliche berechtigten Nachkommen aus 
der Linie, für welche sie zuerst begründet wurde, 
weggefallen sind, fällt die Apanage nicht an 
die andern nachgebornen Linien, sondern, wenn 
die Hausgesetze nicht anders lauten, ausschließlich 
an den Erstgebornen, der die etwa darauf ruhen- 
den Lasten (Wittum usw.) zu übernehmen ver- 
bunden ist. Hie und da besteht ein Erbrecht un- 
verehelichter Töchter an der Apanage des Vaters, 
so in Württemberg, wenn ein Prinz keine männ- 
lichen Deszendenten hinterläßt, in Mecklenburg- 
Schwerin, wo alle Kinder apanagierter Prinzen 
sich in die Apanage teilen, jedoch Söhne eine 
doppelte Portion erhalten (Hausgesetz vom 
23. Juni 1821 § 8, vgl. aber Verordnung vom 
15. Okt. 1872), ähnlich in Anhalt (Hausgesetz 
von 1814). Im sachsen-altenburgischen Haus 
haben die unvermählten Prinzessinnen nach Ab- 
leben der Eltern Anspruch auf (eine eingerichtete 
Wohnung und)y den dritten Teil der Apanage 
eines im gleichen Verwandtschaftsgrad zu dem Re- 
genten stehenden Prinzen. 
Jüngeren Datums als das Vererbungssystem ist 
das sog. Heimfallsystem, das System derpersön- 
lichen Bezüge. Es wird nicht eine bestimmte, inner- 
halb der Linie zu vererbende Summe, sondern (in 
der Regel bei erlangter Volljährigkeit) ein persön- 
Apanage. 
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liches Rentenrecht als Apanage gewährt, deren Höhe 
sich nach der Nähe der Verwandtschaft mit dem re- 
gierenden Fürsten richtet. Die Apanagekommtnicht 
in den Erbgang, sie fällt mit dem Tod des be- 
treffenden Prinzen heim. Als Beispiel ist auf das 
ältere württembergische Hausgesetz von 1808 
(bis 1828) und auf das badische Apanagegesetz 
von 1839, sodann aus Mecklenburg-Schwerin 
seit 1872, Oldenburg (Hausgesetz von 1872), 
teilweise auch auf Rußland zu verweisen. Die in 
Preußen herrschende Apanagierung nähert sich 
diesem System. Der König läßt hier für jeden 
Prinzen und jede Prinzessin von deren Geburt 
bis zu deren Großjährigkeit bzw. Vermählung in 
ein anderes Haus Sustentationsgelder in ob- 
servanzmäßig steigendem Betrag auszahlen. Die 
Prinzen erhalten von erlangter Volljährigkeit an 
Apanagen, deren Minimalbeträge der geraische 
Vertrag (16083) festgesetzt hat, über welche jedoch 
observanzmäßig weit hinausgegangen wird. Diese 
Apanagen sind rein persönlich und für vermählte 
Prinzen beträchtlich höher als für unvermählte. 
Es verdient noch hervorgehoben zu werden, 
daß das Institut der Apanagen nicht bloß in re- 
gierenden Häusern, sondern auch bei den sog. 
mediatisierten Fürstenhäusern, ja auch bei solchen 
Familien des hohen Adels sich findet, die ein Fa- 
milienfideikommiß errichtet haben, dessen 
Inhaber zuweilen an die von der Erbfolge ausge- 
schlossenen Familienglieder als Abfindung zu dem 
standesgemäßen Unterhalt jährliche Abfindungs- 
renten zu entrichten hat, deren Größe sich nach 
Statut, Hausgesetz oder Familienobservanz richtet. 
Wo diese Apanage in einem Verhältnis zum Wert 
der Einkünfte des Hausvermögens stehen soll, 
kann sie nach Umständen wachsen oder schwinden. 
Weil sie auf Einkünfte des Familienvermögens 
fundiert ist, haben die Agnaten ein unmittelbares 
Interesse an der Erhaltung jenes Vermögens. Sie 
können daher eine Veräußerung, welche der Erst- 
geborne einseitig vorgenommen hat, sofort an- 
fechten und brauchen damit nicht zu warten, bis 
sie zur Sukzession gelangen. 
Literatur. Die Quellen, aus denen die 
Rechtsverhältnisse der A.n erkannt werden können, 
sinnd Hausverträge und neuere Verfassungsgesetze. 
In Ermanglung besonderer gesetzlicher Bestim- 
mungen (z. B. in Mecklenburg-Strelitz, Preußen, 
Sachsen-Altenburg) entscheidet lediglich Herkom- 
men, gütliche Vereinbarung, das väterliche Er- 
messen und Observanz. Als wichtige Hausgesetze 
und Verfassungsgesetze, in denen Apanagierungen 
geregelt werden, verdienen Erwähnung: für An- 
halt: die Deklaration v. 19. Juli 1814; für Baden: 
das A gesetz v. 21. Juli 1839; für Bayern: das 
Familienstatut v. 5. Aug. 1819; für Hessen: die 
Verfassung v. 17. Dez. 1820; für Mecklenburg- 
Schwerin: Hausgesetz v. 23. Juni 1821 u. Zusatz- 
verordnung v. 15. Okt. 1872; für Oldenburg: das 
Hausgesetz v. 1. Sept. 1872; für Sachsen: das 
Hausgesetz v. 30. Dez. 1837; für Sachsen-Coburg- 
Gotha: das Gesetz v. 29. Dez. 1846; für Sachsen- 
Meiningen: das Domänengesetz v. 20. Juli 1871; 
 
	        
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