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so geschieht dies am besten, wenn man an die!
Träger desselben anknüpft und sie danach grup-
piert, ob diese lediglich von Interessenten oder von
Nichtinteressenten oder von beiden zusammen ge-
bildet werden. An erster Stelle steht hier der
kommunale Arbeitsnachweis. Seine Organi-
sation kann entweder bureaukratisch oder kollegial
durch Heranziehung sowohl von Arbeitgebern als
auch Arbeitnehmern unter einem unparteiischen
Vorsitzenden sein. Die bureaukratische Organi-
sation macht in der neueren Zeit immer mehr der
paritätisch-kommunalen Platz. So sind z. B. in
Preußen von 150 kommunalen Arbeitsnachweisen
nur 41 paritätisch verwaltet, in Bayern von 68
nur 20, während in Württemberg, Baden und
Elsoß-Lothringen lediglich paritätisch-kommunale
Arbeitsnachweise vorhanden sind. Das frühere Be-
streben, den Arbeitsnachweis in einen gewissen Zu-
sammenhang mit dem Gewerbegericht zu bringen,
wie dies in Frankfurt und Stuttgart geschehen ist,
hat man allmählich verlassen. Der kommunale
Arbeitsnachweis hat sowohl von Arbeitnehmer-
als auch von Arbeitgeberseite wiederholt Anfein-
dungen erfahren. Speziell die Arbeitnehmerorga-
nisationen haben eingewendet, wenn der Arbeits-
nachweis im Fall eines Streiks oder einer Aus-
sperrung weiter Arbeit vermittle, leiste er in den
Augen der Arbeiter Streikarbeit. Die Arbeitgeber
wandten hierauf ein, daß, wenn der Arbeitsnach-
weis in einem solchen Fall ihnen die Vermittlung
entziehe, er sich offen auf die Seite der Arbeitnehmer
stelle, was für eine kommunale Institution unter
keinen Umständen angängig wäre. Die Einwen-
dungen der beiden Parteien entbehren gewiß nicht
der Berechtigung, indessen muß man namentlich
die Einwendungen der Arbeitnehmer als Über-
treibung bezeichnen, da die Arbeiterorganisationen
schon dafür sorgen, daß ein Streik bekannt wird,
falls der betreffende Arbeitswillige dies nicht schon
auf andere Weise erfahren haben sollte. Um jedoch
allen Einwendungen aus dem Weg zu gehen, ist
die Frage in der Weise geregelt worden, daß der
Arbeitsnachweis in Fällen von Streiks und Aus-
sperrungen zwar nicht seine Tätigkeit ganz ein-
stellt, aber bei dem Nachweis einer Stelle darauf
hinweist. An dieser Stelle sei noch erwähnt, daß
auch die kommunalen Arbeitsnachweise immer mehr
danach streben, sich zu zentralisieren, um
einen gewissen Ausgleich von Angebot und Nach-
frage innerhalb eines bestimmten geographischen
Gebiets zu erreichen. Derartige Versuche sind mit
großem Erfolg namentlich in Süddeutschland an-
gestellt worden.
Was die Ausbildung der kommunalen Arbeits-
nachweise in den einzelnen Bundesstaaten angeht,
so sei hier angeknüpft an die vom Kaiserlichen Sta-
tistischen Amt herausgegebene umfangreiche Denk-
schrift (Titel s. unten bei Literatur). Dieselbe stellt
fest, daß von 276 kommunal unterstützten Arbeits-
nachweisen in Preußen nur rund 70 eine gewisse
Arbeitsnachweis.
Bedeutung haben, und zwar hauptsächlich diejeni-
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gen, welche eine kommunal-paritätische und nicht
eine bureaukratische Verwaltung haben. Ebenso
haben von den 68 in Bayern vorhandenen öffent-
lichen Arbeitsnachweisen lediglich 20 eine größere
Bedeutung. In München vermittelt das dortige
Arbeitsamt über 40 % gelernter gewerblicher Ar-
beiter. In Württemberg beruht der öffentliche
Arbeitsnachweis auf rein kommunaler Grundlage
und paritätischer Verwaltung. Württemberg kann
ein Retz von Arbeitsnachweisen aufweisen, das viel
enger ist als das in Preußen und Bayern. Aller-
dings leiden die Arbeitsnachweise in Württemberg
unter dem Mißstand, daß sie zum großen Teil
nebenamtlich verwaltet werden und nicht diejenige
lebhafte Tätigkeit entfalten können, die an sich
wünschenswert wäre. In Sachsen spielt der kom-
munale Arbeitsnachweis eine ganz geringe Rolle;
von Zentralisationsbestrebungen ist dort erst recht
keine Rede. Mit ungleich besserem Erfolg funk-
tioniert dagegen der kommunale Arbeitsnachweis
in Baden, zumal die badische Regierung im
Jahr 1905 durch staatliche Maßnahmen die Zen-
tralisierung der Arbeitsvermittlung versucht hat.
Daneben spielen die Innungsarbeitsnachweise und
die Vereinsarbeitsnachweise in Baden eine große
Rolle. Die übrigen Bundesstaaten haben der Aus-
bildung von kommunalen Arbeitsnachweisen bis
jetzt keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt.
Was die von Arbeitgebern begründeten,
unterhaltenen und verwalteten Arbeitsnachweise
angeht, so kann man hier zwei große Gruppen
unterscheiden, nämlich die der Industrie und die
des Handwerks. Die Arbeitgebernachweise der
Industrie haben trotz ihres kurzen Bestehens
eine bedeutende Tätigkeit entfaltet. Vorläufig han-
delt es sich allerdings in der Hauptsache erst um
die Textilindustrie und Metallindustrie, nament-
lich in den deutschen Hansestädten sowie in den
Städten der mittel= und westdeutschen Industrie.
Die Arbeitsnachweise der Handwerkerorgani-
sationen stehen denjenigen der Industriearbeit-
geberorganisationen weit nach. Es soll jedoch nicht
unerwähnt bleiben, daß gerade die größeren In-
nungen mit ihren Arbeitsnachweisen gute Erfolge
aufzuweisen haben. Der größte Teil der Innungs-
nachweise ist jedoch technisch nicht auf der Höhe,
namentlich da, wo nach mittelalterlichem Muster
noch dem Herbergswirt die Vermittlungstätigkeit
übertragen ist.
Der Arbeitnehmernachweis zeigt ent-
sprechend der in den betreffenden Arbeitnehmer-
organisationen herrschenden Ansichten eine ganz
verschiedenartige Organisation. Hatten die „freien"
Gewerkschaften früher den Standpunkt vertreten,
der Arbeitsnachweis sei lediglich Sache der Arbeit-
nehmer, so haben sie sich allmählich zu der Ansicht
durchgerungen, daß, wie der Gewerkschaftskongreß
von 1899 anerkannt hat, es unter den gegen-
wärtigen Verhältnissen von Vorteil sein kann, sich
an kommunalen Arbeitsnachweisen zu beteiligen.
Die Leistungen der von den freien Gewerkschaften