Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

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1903:74 776, 1904:; 66 597, 1905: 82 762. 
Viehbestand (1895): Rindvieh 21 ¾, Pferde, 
Esel 5, Schafe 74,4, Ziegen 2,7, Schweine 0,7/6 
Millionen, Strauße etwa 80 000. 
3. Die Verfassung Argentiniens ist nach- 
gebildet der der Vereinigten Staaten von Amerika 
und basiert auf der Föderalkonstitution vom Mai 
1853, die bei der Wiedervereinigung mit Buenos 
Aires 1859 abgeändert wurde. Die gesetzgebende 
Gewalt liegt in den Händen eines Kongresses, der 
aus zwei Kammern besteht, der „Kammer der 
Deputierten der Nation“ und der „Kammer der 
Senatoren der Provinzen“. Die erstere zählt 86 
Mitglieder, welche vom Volk direkt auf vier Jahre 
bei zweijähriger Halberneuerung der Mandate ge- 
wählt werden und mindestens 25 Jahre alt sind. 
In den Senat entsendet die Hauptstadt und jede 
Provinz auf neun Jahre bei dreijähriger Drittel- 
erneuerung der Mandate zwei Mitglieder (im 
ganzen 30), welche 30 Jahre alt und im Besitz 
einer Rente von jährlich 2000 Pesos sein müssen. 
Die ausübende Gewalt ist dem „Präsidenten der 
Argentinischen Republik“ übertragen, als dessen 
Stellvertreter ein Vizepräsident fungiert. Beide 
müssen Katholiken und im Land geborne Söhne 
eingeborner Bürger sein, im übrigen den für die 
Wählbarkeit zum Senat vorgeschriebenen Be- 
dingungen entsprechen. Ihre Wahl erfolgt durch 
Wahlmänner aus der Hauptstadt und den Pro- 
vinzen auf sechs Jahre, eine Wiederwahl darf nur 
nach Ablauf einer ebenso langen Frist erfolgen. 
Dem Präsidenten sind untergeordnet die Minister- 
sekretäre des Innern (Generaldirektion der Posten 
und Telegraphen, Departement für Ackerbau), 
des Außern, der Finanzen (statistisches Bureau), 
der Justiz, des Kriegs und der Marine und der 
Unterstaatssekretär für den öffentlichen Unterricht. 
Die einzelnen Staaten sind nach der Föderalkon- 
stitution unabhängig in der inneren Verwal- 
tung, wählen ihre Gouverneure und die teils 
nach dem Ein= teils nach dem Zweikammersystem 
organisierten gesetzgebenden Versammlungen, er- 
nennen die Beamten und regieren sich nach ihren 
eigenen Lokaleinrichtungen ohne Einmischung der 
nationalen Regierung. Für die weitere Verwal- 
tung zerfallen die Staaten in Departements. Die 
Verwaltung der Bundeshauptstadt und der Na- 
tionalterritorien ressortiert von der Bundesregie- 
rung. Ein oberster Gerichtshof, der aus fünf 
Richtern und einem Generalprokurator zusammen- 
gesetzt ist, hat seinen Sitz in der Hauptstadt; 
Bundesuntergerichte werden vom Kongreß ein- 
gesetzt. Die Bundesverfassung garantiert Preß- 
und Redefreiheit und jedem Fremden dieselben 
Zivilrechte wie dem Bürger. Das Wappen der 
Republik ist ein in zwei Felder von Blau und 
Weiß gquergeteilter Schild, umgeben von sechs 
Fahnen in blauer und weißer Farbe; darüber eine 
aufgehende Sonne. Das untere Feld zeigt zwei 
aus den beiden Seiten des Schildes hervorgehende 
Hände, die einen von einem Lorbeerkranz um- 
Argentinien. 
  
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rahmten Stab mit roter Freiheitsmütze empor- 
halten. Die Handelsflagge weist auf blauem 
rund einen breiten weißen Querstreifen auf, 
und bei der Kriegsflagge belegt letzteren nahe dem 
Flaggenstock noch eine mit Strahlen umgebene 
goldene Sonne. — Dieutschland hat in Argen- 
tinien einen Ministerresidenten, der zugleich für 
Uruguay und Paraguay akkreditiert ist und in 
Buenos Aires seinen Sitz hat. Deutsche Kon- 
sulate bestehen in Buenos Aires und in Rosario; 
deutsche Vizekonsulate in Bahia Blanca, Con- 
cordia, Cördoba, Mendoza, Puerto Gallegos, 
Salta, Santa Elena, Santa Fé und Tucuman. 
Vertreter Argentiniens in Deutschland: ein außer- 
ordentlicher Gesandter und bevollmächtigter Mi- 
nister in Berlin; konsularische Vertretung in 15. 
deutschen Städten. 
4. Staatsreligion ist die römisch-katholische, 
doch dürfen Anhänger anderer Kirchen ihr Bekennt- 
nis frei ausüben (Verhältnis der Konfessionen: 
3921.000 Kath., 27,000 Evang., 6000 Jsrae- 
liten, letztere in den Hirsch'schen Kolonien). 1539 
gründeten die Franziskaner ihre erste Niederlassung 
am La Plata. Von Peru aus drangen Mercedarier 
nach Santa Cruz de la Sierra und Tucumän, 
und fast gleichzeitig kamen aus Peru und Brasi- 
lien Jesuiten ins Land. 1610 wurden Loreto und 
San Ignacio gegründet, die ersten der berühmten 
Reduktionen, d. h. jener festen Niederlassungen, 
in denen die bekehrten Indianer zum Ackerbau 
angeleitet wurden. Trotz der Feindseligkeiten der 
spanischen Kolonisten und Beamten stieg die Zahl 
dieser Ansiedlungen fortwährend, und 1717 gab 
es am Paranä 16, am Uruguay 15 Reduktionen 
mit 121 161 christlichen Indianern. In Argen- 
tinien war das hauptsächlichste Arbeitsfeld der 
Jesuiten die Provinz Corrientes, wo sie die sog. 
Misiones occidentales gegründet hatten; ihr 
vornehmstes Kollegium war in Cördoba. Leider 
wurde ihrer erfolgreichen Tätigkeit zu schnell ein 
Ende gemacht. Als 1750 durch Vertrag zwischen 
Spanien und Portugal sieben Reduktionen portu- 
giesisch wurden, ließ Pombal dieselben gewaltsam 
auflösen. 1767 verbannte Karl III. die Jesuiten 
aus seinen Staaten; alle Missionäre in den spani- 
schen Kolonien wurden festgenommen und nach 
Europa geschleppt. Hiermit endeten die herrlichen 
Reduktionen, die einst blühenden Niederlassungen 
sind verfallen, die Indianer in Not und Elend 
versunken. In Argentinien hat die Kirche ihre 
reichen Güter in der Revolution verloren und die 
Staatskasse eine karg bemessene Dotation dafür 
übernommen. Metropolit ist der Erzbischof von 
Buenos Aires. Unter diesem stehen die Bischöfe 
von Cordoba, La Plata, Santa Fé, Salta, Tucu- 
män und Parand. Der päpstliche Stuhl ist ver- 
treten durch einen Apostolischen Delegaten, der 
zugleich für Paraguay und Uruguay akkreditiert 
ist. Für die Hebung des Unterrichts ist in 
neuerer Zeit viel getan worden. Neben den Landes- 
universitäten in Cördoba (einer Stiftung der-
	        
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