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das Recht zu, Fremde auszuweisen, die nicht ihren
Wohnsitz in Frankreich begründet haben. Nach
dem Gesetz vom 8. Aug. 1893 können Fremde
ausgewiesen werden, die bei der Anmeldung ihres
Berufs, Gewerbes oder Handelsgeschäfts falsche
Angaben gemacht haben. In Italien erfolgt die
Ausweisung Fremder aus Gründen der öffentlichen
Ordnung durch den Minister des Innern (Gesetz
vom 23. Dez. 1888) und wegen Bestrafung durch
den Präfekten. In der Schweiz kann jeder
Kanton nicht niedergelassene Fremde und kantons-
fremde Schweizer aus dem Kanton, der Bundes-
rat jeden Fremden aus der Schweiz ausweisen
(Bundesverfassung Art. 45 70). In Norwegen
verwirkt fünfjähriger Aufenthalt die Ausweisungs-
befugnis. In Österreich, Schweden, Grie-
chenland, Portugal fehlen gesetzliche Be-
stimmungen, aber das Ausweisungsrecht der
Staatsregierungen wird nicht bestritten.
Literatur. Störk in Holtzendorffs Hand-
buch des deutsch. Strafrechts II; Meyer, Staats-
recht (631905); Loening, Verwaltungsrecht § 58
(1884); ders., Art. „Ausweisung“ im Handwörter-
buch der Staatswissenschaften II (21899); Zorn,
Art. „Ausland“ in v. Stengels Wörterbuch des
deutschen Verwaltungsrechts 1 (1889); Benzhard,
Das Recht der polit. Fremdenausweisung mit be-
sonderer Berücksichtigung der Schweiz (1891);
v. Bulmerincq, Das Völkerrecht (21889); v. Liszt,
Das Völkerrecht (51907); Kommentar zum Unter-
stützungswohnsitzgesetz von 1870 von Wohlers. Die
Handelsverträge des Deutschen Reichs, hrsg. vom
Reichsamt des Innern (1900). LSpahn.]
Auflagen s. Besteuerung.
Aufruhr, Aufstand s. Revolution.
Augustinus, der große Kirchenvater (geb.
zu Tagaste in Numidien 354, gest. als Bischof von
Hippo 430), der allseitigste Vertreter christlicher
Wissenschaft und Spekulation in ihrer ersten Peri-
ode, von dessen tiefsinnigen Ideen die folgenden
Jahrhunderte zehrten, hat sich zwar mit den Pro-
blemen des Rechts und der Staatslehre nirgends
eingehend und noch weniger systematisch befaßt;
dennoch aber hat er auch nach dieser Richtung hin
das Mittelalter beeinflußt, so daß die spätere Denk-
weise in einigen wichtigen Punkten ausdrücklich an
ihn anknüpft. Unter seinen Schriften ist in dieser
Hinsicht vor allem das große Werk vom „Gottes-
staat“, die 22 Bücher De eivitate Dei, anzu-
führen. Das Motiv zur Abfassung desselben war
ursprünglich ein apologetisches. Der durch den
Einfall der Westgoten in ihren Tiefen ausgeregten
und erschreckten römischen Welt soll die Grund-
losigkeit der Klagen und Vorwürfe dargetan wer-
den, als ob das Christentum die Schuld an dem
Verfall des Reichs trage. Der weitere Verlauf
aber erhebt sich weit darüber hinaus und gestaltet
es zu einer großartigen Uberschau über den Gang
der Weltgeschichte vom Standpunkt und im Licht
des christlichen Offenbarungsglaubens. Den Aus-
gang bildet die Unterscheidung der beiden Städte
oder Staaten oder Reiche, das eine Gottes und
Augustinus. 436
Christi, das andere der Welt, der Erde, des Teufels.
Nur ein grobes Mißverständnis würde jenes kurzer-
hand mit der Kirche, dieses ebenso mit dem „Staat"“
identifizieren; der Gegensatz ist ein weit tieferer
und umfassenderer. Das Gottesreich erstreckt sich
über die Grenzen der sichtbaren Welt hinaus, es
ist die Gemeinschaft der Guten mit Einschluß der
Engel, seine Bewohner leben in und nach dem
Geist Gottes, die treibende Tendenz ist Liebe
Gottes bis zur Verachtung des eigenen Selbst.
Das Gottesreich sammelt seine Glieder aus allen
Völkern, ohne Unterschied der Sprache, Sitten
und Gesetze; es ist fremd auf der Erde — pere-
grina —, obgleich ihm hier die Bürger geboren
werden; es wandelt seit den Tagen Abels bis zum
Ende der Zeiten inter persecutiones mundi et
consolationes Dei (XII 1:; V 1 4 28;
XV 1; XVIII 1 51; XIX 17). Die civitas
terrena umgekehrt ist die Gemeinschaft der Bösen,
die die falschen Götter dem einen wahren Gott
vorziehen, nach dem Fleisch leben und zur treiben-
den Tendenz die Selbstliebe bis zur Verachtung
Gottes haben (XI 1; XII 1; XIV 1 4 28). In
den aufeinander folgenden Weltreichen findet sie
ihre großartige Verkörperung (XVI 17). Nicht
daß also, wie man wohl fälschlich geschlossen hat,
staatliches Leben als solches dem hl. Augu-
stinus als verwerflich gelte. Das Verwerfliche
liegt darin, daß jene Reiche sich ganz und gar im
Irdischen verfestigt haben, so wie schon Kain, der
Brudermörder, die erste Stadt begründete, non
peregrinantem in hoc mundo, sed in eius
pace et felicitate quiescentem (XV 17). Was
dagegen die staatlichen Bildungen Gutes mit sich
führen, Friede und zeitliche Wohlfahrt, dessen
bedienen sich auch die Bürger des himmlischen
Reichs; aber sie beziehen es stets auf das jenseitige
Ziel und den himmlischen Frieden, und den Ge-
setzen, durch welche jene Güter angestrebt werden,
sind auch sie unterworfen (XIX 17 26). Auch
die irdischen Reiche unterliegen darum der Pro-
videnz; Gott gab den Römern wie den Orientalen,
dem Vespasian wie dem Domitian, dem Konstantin
wie dem Julian die Herrschaft (V 1 11 19 21;
XVII 6; XVIII 2). Insbesondere wird Be-
deutung und Aufgabe des römischen Reichs ge-
würdigt; der Patriotismus seiner Bürger ver-
diente ihm den göttlichen Beistand, es sollte den
Erdkreis in eine Gemeinschaft des Staatslebens
und der Gesetze und zu einem allgemeinen Frieden
führen (I 36; IV 2; V 12 15 16; XVIII 22).
Wohl finden sich gelegentlich Außerungen, welche
den Wert alles irdischen Staatswesens herabzu-
drücken bemüht scheinen (V 17), aber man darf
sie nicht an einem falschen Maßstab messen. Dem
Christentum, welches die Erneuerung des Menschen
von innen heraus verlangte, welches seine Heils-
botschaft an die einzelnen richtete, um sie zum
Glauben und zur Umgestaltung des ganzen Lebens
zu führen, widersprach prinzipiell jene Über-
schätzung des Staats, welche den Völkern des