Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

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übergeben, die Bank kontrolliert die Einlösung der 
Papiere, besorgt die Einziehung fälliger Zinsen 
u. dgl. und erhält dafür eine bestimmte Gebühr. 
In Deutschland bestimmt das Depotgesetz 
vom 5. Juli 1896, daß der Bankier diese offenen 
Depots gesondert von seinen eigenen Beständen 
und denen Dritter aufbewahrt und sie im Depot- 
buch verzeichnet. Die rechtswidrige Verfügung 
über ein solches Depot (Depotbruch) wird mit 
Gefängnis bis zu einem Jahr und bis zu 3000 M 
Geldstrafe, geschieht sie nach Zahlungseinstellung, 
ebventuell mit Zuchthaus bestraft. 
Ein weiter ausgebildetes Depositengeschäft ist 
das Girogeschäft, dessen Hauptaufgabe in 
dem Ausgleich der gegenseitigen Forderungen der 
Bankkunden auf deren Anweisung (Schecks) hin 
durch Ab= bzw. Zuschreibung vom Girokonto, 
d. h. den von den seitens der einzelnen Kunden 
der Bank übergebenen Depositen, besteht. Auch 
Barauszahlungen können stattfinden. Die Vor- 
teile des Giroverkehrs zeigen sich besonders in der 
weiteren Ausdehnung zum Clearingsystem. 
Ziertei findet nicht nur ein Ausgleich zwischen den 
unden einer Bank statt, sondern zwischen den 
Kunden verschiedener Banken, indem innerhalb 
eines bestimmten Bezirks die einzelnen Banken 
wieder ein Girokonto bei einer größeren Bank 
(Tlearing-Haus, Abrechnungsstellehhaben, 
welche die Verbindlichkeiten der einzelnen Banken 
untereinander wieder ausgleicht. Eine „Bank der 
Banken“ kann schließlich den Zentralpunkt für die 
Ausgleichung der gegenseitigen Forderungen eines 
Landes bilden. Mit dem Girogeschäft verwandt 
ist das Kontokorrentgeschäft, das in der 
fortlaufenden Vermittlung des Geldverkehrs für 
die Kunden einer Bank mit Kreditgewährung 
besteht. Dabei findet die Bank ihren Vorteil in 
dem Unterschied der zu vergütenden und zu be- 
*8 Zinsen und der Berechnung einer Pro- 
vision. 
Wichtige Bankgeschäfte sind ferner das Dis- 
kontgeschäft, die Gewährung von Darlehen 
gegen in nächster Zeit fällige Wechsel, wobei der 
Vorteil der Bank in dem Zins (Diskont) liegt, 
welcher beim Ankauf der Wechsel im voraus in 
Abzug gebracht wird, und das Lombardge- 
schäft, die Gewährung von Darlehen gegen 
bewegliche Güter (Wertpapiere und nicht zu 
großen Preisschwankungen unterworfene Waren) 
als Faustpfand. Der Zinssatz ist fast stets höher 
(etwa 1 % ) als der Diskontzinsfuß. Waren wer- 
den in der Regel nicht über 66 %% Wertpapiere 
nicht über 75 % des Werts beliehen. Unter dem 
Inkassogeschäft versteht man das Einziehen 
von Wechseln und Anweisungen sowie Annahme 
von Geldern, unter dem Anweisungsge- 
schäft die Ausstellung von Zahlungsanweisungen, 
Kreditbriefen usw. Zu nennen sind ferner der An- 
und Verkauf von Edelmetallen, besonders von 
Goldbarren sowie von fremdem Geld (Valuten- 
handel), fremden Wechseln und fremden Effekten. 
Staatslexikon. I. 3. Aufl. 
Banken und Kreditinstitute. 
  
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Alle diese Geschäfte einschließlich der in einem be- 
sondern Abschnitt besprochenen Notenaus- 
gabe sind Zweige des allgemeinen Bankgeschäfts. 
Erst in den letzten Jahrzehnten zu besonderer 
Entfaltung gelangt und heute von ganz hervor- 
ragender Bedeutung ist das Emissionsgeschäft, 
das hauptsächlich im Kauf und Verkauf von Bör- 
senwerten für fremde Rechnung (dem sog. Börsen-= 
kommissionsgeschäft) sowie in der Ubernahme neu 
geschaffener Börsenpapiere zum Verkauf für eigene 
Rechnung besteht (Emissionsgeschäft im engeren 
Sinn). Zu der Übernahme und Unterbringung 
von Anleihen und Aktienemissionen, der Gründung 
von wirtschaftlichen Unternehmungen wie Banken, 
Kleinbahnen, Industriegesellschaften usw. und dem 
Handel mit Wertpapieren tritt noch das Arbitrage- 
und Reportgeschäft, die Spekulation in Immo- 
bilien, der Betrieb bzw. die Beteiligung an in- 
dustriellen und kommerziellen Unternehmungen, 
der Ein= und Verkauf von Rohprodukten und 
Waren für eigene und fremde Rechnung, die Er- 
richtung und der Betrieb von Warenniederlagen, 
die Ausstellung von Lagerscheinen usw. 
Die Vielseitigkeit des Bankbetriebs sowohl wie 
die staatliche Gesetzgebung hinsichtlich des Bank- 
wesens hat dazu geführt, daß die einzelnen Banken 
durchaus nicht alle Zweige des Bankgeschäfts in 
den Kreis ihrer Tätigkeit ziehen. Einer besondern 
gesetzlichen Reglung sind vor allem die Notenbanken 
und die Hypothekenbanken unterstellt worden. Die 
übrigen Banken, häufig Kreditbanken genannt, 
sind in Deutschland, abgesehen von dem schon ge- 
nannten Depotgesetz, nur den Bestimmungen des 
Handelsgesetzbuchs und des Börsengesetzes unter- 
worfen. Die Mehrzahl der Kreditbanken betreibt 
regelmäßig fast sämtliche Zweige der für sie ge- 
setzlich zulässigen Bankgeschäfte, nur in dem, wie 
schon erwähnt, heute äußerst bedeutungsvollen 
Emissionsgeschäft hat fast jede Bank ihre beson- 
dern Spezialitäten. Eine Trennung in Depositen- 
banken, für Bankgeschäfte allgemeinen Charakters, 
und in Effektenbanken, für das Gründungs= und 
Emissionswesen, wie sie in England vorhanden ist, 
kennt Deutschland nicht. 
2. Banknote und Notenbanken. Unter 
einer Banknote versteht man einen auf den Über- 
bringer lautenden, für runde Beträge aufgestellten 
(und daher technisch zirkulationsfähigen), unver- 
zinslichen, bei Vorzeigung in Währungsgeld ein- 
zulösenden Schuldschein (Sichtwechsel) einer Bank. 
Die Banknoteist#also wohl zu unterscheiden von dem 
Papiergeld, von dem sie sich durch ihre jederzeitige 
Einlöslichkeit wie durch die Person des Ausstellers 
unterscheidet, auch darf keine Verpflichtung be- 
stehen, Banknoten in Zahlung nehmen zu müssen, 
andernfalls würden diese sofort den Charakter 
eines Papiergelds mit Zwangskurs erhalten. Die 
Vorteile des Banknotenverkehrs liegen für das 
Publikum in der erleichterten Vornahme der Über- 
tragung größerer Geldsummen, für die Bank in 
dem Genuß eines zinsfreien Darlehens, soweit die 
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