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schichte (8 Bde, 1891 ff, 1906 ff); Knapp, Die
Bauernbefreiung u. der Ursprung der Landarbeiter
in den älteren Teilen Preußens (2 Bde, 1887);
ders., Die Landarbeiter in Knechtschaft u. Freiheit
(1891); Schröder, Lehrb. der deutschen Rechtsgesch.
(51907); Verhandlungen des Deutschen Landwirt-
schaftsrats; Freyberg, Landwirtsch. Verschuldungs-
frage in Theorie u. Praxis (1894); Meitzen, Sied-
lung u. Agrarwesen der Westgermanen u. Ostger-
manen, der Kelten, Römer, Finnen u. Slawen
(3 Bde mit Atlas, 1896); Faßbender, Bedeutung
der Landbevölkerung für die Gesellschaft (in der
Zeitschr „Charitas“ 1900); Elatel, Preuß. Agrar-
gesetzgebung (1895); Frhr. v. d. Goltz, Vorlesungen
über Agrarwesen u. Agrarpolitik (21904); ders.,
Gesch. der deutschen Landwirtschaft (2 Bde, 1902 03);
Buchenberger, Handbuch des Agrarwesens u. der
Agrarpolitik (2 Bde, 1892·93); Brentano, Agrar-
politik 1 (1897); Sering, Vererbung des ländlichen
Grundbesitzes im Kgr. Preußen (15 Bde, 1897/1907);
Wendorff, Die Schuldentlastung des ländl. Grund-
besitzes (19j00); Schöpfer, Verschuldungsfreiheit od.
Schuldenfreiheit (2 1906).
[Bruder, rev. Aengenheister.)
Bauernvereine. Die Geschichte der unter
dem Namen „Bauernvereine“ in der Gegenwart
bekannten landwirtschaftlichen Organisationen
führt sich zurück auf die im Jahr 1862 im Kreis
Steinfurt in Westfalen durch den Freiherrn von
Schorlemer-Alst gegründete Bauernvereinigung.
Nach dem Muster dieses lokalen Vereins bildeten
sich besonders auf die Anregung der im Nov. 1864
erschienenen Schorlemerschen Schrift „Die Lage des
Bauernstands in Westfalen und was ihm nottut“
eine Reihe weiterer Vereine. Unter diesen ist be-
sonders der im Jahr 1868 von Breuker gegründete
Verein bekannt geworden, wie auch die Breukersche
Schrift „Bur, et is tied“ zur Aufrüttlung des
Bauernstands in Westfalen viel beigetragen hat.
Die in Westfalen bestehenden Lokalbauernvereine
vereinigten sich 1871 zu einem großen Pro-
vinzialverein. Dieser erhielt 1891 Korpora-
ltionsrechte und hat seinen Sitz in Münster in
Westfalen. Nach dem Muster dieses Vereins wur-
den dann folgende Vereine gegründet: Schlesischer
Bauernverein 1881, Nassauischer 1881, Rheini-
scher 1882, West= und Ostpreußischer (ermlän-
discher) 1882, Hessischer 1883, Trierischer 1884,
Eichsfeldischer 1885., Badischer 1885, Kur-
hessischer 1889. Der erste bayrische Bauernverein
wurde in Unterfranken 1893 gegründet. Es
folgten in den folgenden Jahren mehrere Grün-
dungen, bis im Jahr 1898 eine Vereinigung der
verschiedenen kleineren bayrischen Vereine in dem
„Bayrischen christlichen Bauernverein“ mit dem
Sitz in Regensburg erfolgte.
Im Unterschied von den landwirtschaftlichen
Vereinen mit ihren Zielen der Förderung der
landwirtschaftlichen Technik betonten die Bauern-
vereine von Anfang an, dafß sie eine soziale Or-
ganisation des Bauernstands erstreben und be-
sonders die volkswirtschaftlichen Aufgaben in den
Vordergrund zu stellen beabsichtigen. Man kann
Bauernvereine.
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die Leistungen der Bauernvereine gliedern in solche
in sozialer Beziehung, weiter sodann in Lei-
stungen wirtschaftlicher Art und in Leistungen
geistig-sittlicher Richtung. Eine gute For-
mulierung haben die Ziele der Bauernvereine in
en Satzungen des Rheinischen Bauernvereins ge-
funden. Dort heißt es folgendermaßen:
Der Verein bezweckt, seine Mitglieder in sittlich-
geistiger und wirtschaftlicher Hinsicht zu heben, ins-
besondere die Interessen des Bauernstands zu
wahren:
1. auf sittlich-geistigem Gebiet durch Erhaltung
und Förderung des Standesbewußtseins und der
den Bauernstand zierenden Eigenschaften: Fleiß,
Sparsamkeit, Nüchternheit, Liebe zur heimatlichen
Scholle, zum Vaterhaus und Vaterland, Treue zu
Kaiser und Reich;
2. auf volkswirtschaftlichem Gebiet durch Anre-
gung zu gesetzlichen Reformen, Förderung der Or-
ganisation des Kreditwesens, Vorbeugung der Ver-
schuldung, Entschuldung des Grundbesitzes, zweck-
mäßige Ausgestaltung des Erbrechts, Förderung
der ländlichen Wohlfahrtspflege, des Genossen-
schafts-, Versicherungs= und Rechtswesens, sowie
alles dessen, was im volkswirtschaftlichen Interesse
des Bauernstands liegt;
3. auf technischem Gebiet insbesondere durch
Förderung der Fachbildung in Wort und Schrift
(Vorträge, Vereinsorgan), Untersuchung und Prü-
fung landwirtschaftlicher Bedarfsartikel (künstliche
Dünge= und Kraftfuttermittel, landwirtschaftliche
Maschinen), Förderung der landwirtschaftlichen
Bautechnik und des ländlichen Taxwesens, Anstel-
lung praktischer Versuche und Verbreitung der bei
den Versuchen gewonnenen Erkenntnisse.
Die Teilnahme an Parteipolitik sowie die Teil-
nahme an den Wahlen zu den politischen Parteien
ist dem Verein untersagt. Ebenso darf in den Ver-
einsversammlungen über Religion nicht gesprochen
werden.
Als Mitglieder können dem Verein beitreten:
1. die in der Landwirtschaft im Haupt= oder
Nebenberuf tätigen Personen, sofern sie:
a) einer christlichen Konfession angehören und
einen ordentlichen Lebenswandel führen,
b) volljährig und im Genuß der bürgerlichen
Ehrenrechte sind,
P) Grundbesitz, Pacht, Nießbrauch oder Verwal-
tung ländlicher Grundstücke haben;
2. Beamte des Vereins sowie andere Personen,
auch wenn sie keinen Grundbesitz haben, sofern sie
als Freunde der Bestrebungen und Einrichtungen
des Vereins für denselben tätig sind.
Die Bauernvereine dürften weit über 300 000
Mitglieder im Jahr 1908 umfassen. Sie haben
besonders auf dem Gebiet des Genossenschafts-,
Versicherungs-, Kredit= und Bezugswesens Außer-
ordentliches geleistet. Auch die Hebung des bäuer-
lichen Standesbewußtseins ist den Bauernvereinen
zu danken. Aber für ihre weitere Entwicklung
ist von großer Wichtigkeit, daß sie sich nicht auf
das Gebiet der Politik begeben, sondern auf ihre
eigentlichen Zwecke sich beschränken.
Eine Reihe Bauernvereine bilden seit mehreren
Jahren eine lose Vereinigung. Es würde für die