629 Baulast,
Verwirklichung des Programms der Bauernvereine
von großer Bedeutung sein, wenn an Stelle dieser
losen Vereinigung eine feste Zentralisation
treten würde, welche unter Wahrung der Selb-
ständigkeit der einzelnen Vereine gewisse gemein-
same Aufgaben zu lösen suchte. Es müßte eine
Zentralstelle geschaffen werden, welche ein ständiges
Bureau zu unterhalten hätte. Alle Vorgänge auf
dem Gebiet der Agrarpolitik wie überhaupt auf
allen das Arbeitsfeld der Bauernvereine berühren-
den Gebieten müßten an der Zentralstelle auf-
merksam verfolgt und eine Registratur aus der
ganzen Presse auf dem Laufenden gehalten werden.
Besonders die Fragen der ländlichen Wohlfahrts-
pflege, Entschuldungsproblem, Arbeiterfrage,
Preisbewegung landwirtschaftlicher Produkte usw.
wären an der Zentralstelle sachverständig zu be-
handeln. Auch hätte die Zentralstelle Konferenzen
sämtlicher Bauernvereine zu veranstalten behufs
Austausch der gemeinsamen Erfahrungen. In
einer Korrespondenz wären die Ergebnisse der
Studien den einzelnen Bauernvereinen zugänglich
zu machen. Auch der politischen Presse ohne Unter-
schied der Richtung müßten regelmäßig Notizen
aus dem Tätigkeitsbereich der Bauernvereine zu-
gehen. Neben diesen idealen Aufgaben der Bauern-
vereinszentrale käme auch in Betracht, daß die
Zentrale Anregungen auf wirtschaftspolitischem
Gebiet geben könnte und mit den Parlamentariern
enge Fühlung halten müßte.
Literatur. Faßbender, Die B. u. die Lage
der Landwirtschaft (1888, Festschrift zum 25jähr.
Jubiläum des Westfäl. B.); Was will Der rhei-
nische B.7 (1888); Heim, Der Bayr. B. in Ver-
gangenheit, Gegenwart u. Zukunft (1907); Der
Rhein. B.-Jubiläumsbericht zur Feier des 25jähr.
Bestehens, hrsg. vom Vorstand (1907); Hebel, Der
bayr. B. (1905); ferner die Vereinsorgane der ein-
zelnen Vereine. — über die Frage der zentrali-
sierten Organisation der B. vgl. die Zeitschr. „Der
Schlesische Bauer“, Jahrg. 1908, Nr 17.
[Faßbender.)
Baulast, kirchliche, ist die auf einer Per-
son oder Sache ruhende Verpflichtung, kirchliche
Gebäude einschließlich ihrer Pertinenzen ganz
oder teilweise zu unterhalten bzw. wiederherzu-
stellen.
I. Wurden anfänglich aus dem eine massa
communis bildenden Kirchengut, das unter der
unmittelbaren und ausschließlichen Verwaltung
des Bischofs stand, wie die sonstigen kirchlichen
Bedürfnisse, so auch die Bankosten für die ganze
Diözese bestritten, so hatte nach Aussonderung der
bona fabricae, ber Kirchenfabrik, diese neben den
Kultuskosten auch die Unterhaltung der kirchlichen
Gebäude allein zu tragen. Als diese jedoch, zumal
nach Bildung der kirchlichen Benefizien, der Ein-
führung der Leihe von Kirchengut zu weltlichen
Benefizien usw., hierzu nicht mehr imstande war,
wurden bereits im fränkischen Recht alle diejenigen,
welche aus Kirchengut Einkünfte bezogen — so
die weltlichen und geistlichen Besitzer kirchlicher
kirchliche. 630
Grundstücke und Zehnten, Inhaber von Pfrün-
den usw. —, für subsidiär baupflichtig erklärt. Ja
selbst die Parochianen zog man im Notfall zur
Tragung der Baulast heran. Aber erst das Tri-
dentinum hat dann, auf diesen Grundlagen weiter-
bauend, die Baupflicht gemeinrechtlich geregelt
(Sess. XXI de ref. c. 7), ohne jedoch damit der
partikulären Rechtsbildung, die vielfach ergänzend
oder modifizierend eingegriffen hat, derogieren zu
wollen.
II. Das geltende gemeine Recht der katho-
lischen Kirche bezüglich der Baulast ist demnach
folgendes: Allgemeiner Grundsatz ist, daß die Bau-
last zunächst auf der Kirchenfabrik ruht. Fehlt diese
oder reicht sie nicht aus, so haften subsidiär:
1. Bei den ecclesiae maiores die Kardinäle
für ihre Titelkirchen (Sixtus V., Const. Reli-
siosa Sanctorum 1587 8§ 12), die Bischöfe
(mit den superflua der mensa episcopalis) und
Kapitel für die Kathedralen und bischöflichen Woh-
nungen, weiterhin der Kathedralklerus, sodann der
Diözesanklerus und schließlich die Diözesanen. In
der Neuzeit ist allerdings infolge der Säkulari-
sationen hier die Baupflicht vielfach mit dem
Kirchengut auf den Fiskus übergegangen und durch
bestimmie Dotationen oder Zusicherungen in den
Konkordaten oder Zirkumskriptionsbullen aner-
kannt worden; so für Preußen, Bayern, die Ober-
rheinische und Salzburger Kirchenprovinz. Doch
hat der preußische Fiskus in den vier westlichen
Diözesen sowie in Ermland und Gnesen-Posen in
den Jahren 1824/30 durch Einführung einer
Kathedralsteuer, die vom Pfarrer bei Tau-
sien, Trauungen und Begräbnissen erhoben und
qan den Bischof abgeführt werden soll, diese Last
wieder von sich abgewälzt.
2. Bei den Kollegiatkirchen tragen, wenn
auch andere Mittel, wie Kollekten, versagen, die
Baupflicht die Kanoniker pro rata ihrer Pfrün-
deneinkünfte.
3. Für Pfarr= und Kuratkirchen aller
Art (auch Patronatkirchen) ruht nach der Vorschrift
des Tridentinums die Baulast
a) principaliter auf den Einkünften
der Kirchenfabrik (ex fructibus et proven-
tibus quibuscunque ad easdem ecclesias quo-
modocunque pertinentibus; Trid.). Das Ka-
pital selbst darf erst, wenn alle sonstigen Hilfsmittel,
also besonders die Heranziehung der subsidiär
Baupflichtigen, versagen, angegriffen werden, aber
auch nur dann, wenn trotzdem die Fortsetzung des
Gottesdienstes gesichert bleibt und nicht etwaige
stiftungsgemäße Anordnungen dem entgegenstehen
(vogl. c. 6 X. III. 48; Benedikt XIV., Instit.
eccl. 100 n. 17; vgl. auch n. 8 und 9). Will
man, abgesehen von einem etwaigen aus dem Fa-
brikgut ausgeschiedenen Baufonds, andere kirch-
liche Fonds oder deren Erträgnisse für den Bau
verwenden, so bedarf es hierzu genereller oder
spezieller Genehmigung seitens des Papstes, welche
durch die S. Congregatio Concilül vermittelt