Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

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bis 1231), wurde 1214 von Friedrich II. mit 
der Pfalzgrasschaft am Rhein belehnt, mit der 
das Kurrecht, die Verwaltung der Reichskleinodien 
und die Reichsverwesung verknüpft waren. End- 
gültig wurde die Rheinpfalz durch die Heirat 
seines Sohnes Otto II., des Erlauchten, mit 
Agnes, der Tochter des Pfalzgrafen Heinrich des 
Langen, 1227 für das Haus Wittelsbach ge- 
wonnen. Nach Ottos II. Tod teilten seine Söhne 
1255 den Besitz. Albrecht IV. von München 
konnte 1503 die bayrischen Lande von den Alpen 
bis zur Donau, vom Lech bis zum Inn wieder 
vereinigen. Nachdem 1505 die ober= und nieder- 
bayrischen Stände zu einer Landschaft zusammen- 
getreten waren, brachte er im Verein mit derselben 
die Einführung der Primogenitur und die Fest- 
stellung der Unteilbarkeit des Lands (8. Juli 1506) 
zustande. Jedoch mußte er die Fürstentümer 
Neuburg und Sulzbach an Rupert von der Pfalz 
abtreten; sie bildeten bis 1614 die sog. „junge 
Pfalz“, blieben bei den Gliedern des rheinpfäl- 
zischen Hauses und wurden, seit 1742 neu ver- 
bunden, erst 1777 mit Bayern vereinigt. 
In der Pfalz hatte sich das Haus der Wittels- 
bacher in vielen Asten ausgebreitet. Die Kur- 
würde kam 1559 an Friedrich III. von Simmern, 
der den Calvinismus zur Herrschaft brachte, und 
1685 an die katholische Linie Neuburg, die schon 
1742 ausstarb. Ihr Besitz samt der Kurwürde 
fiel an Karl Theodor aus der katholischen Linie 
Sulzbach, der 1777 Kurfürst von Bayern wurde. 
Mit ihm erlosch 1799 auch die Sulzbacher Linie; 
Max Joseph von Zweibrücken-Birkenfeld erbte 
die Kurpfalz und Bayern. 
Im Zeitalter der Reformation war Bayern 
eine feste Burg des Katholizismus in Deutschland: 
die Herzoge Wilhelm IV., der Standhafte, und 
sein Bruder Ludwig leisteten der neuen Lehre kräf- 
tigen Widerstand und riefen 1541 die Jesuiten 
ins Land. Auch Albrecht V., der Großmütige, 
blieb seinem Glauben unerschütterlich treu; ihm 
folgte 1579 Wilhelm WV., der die Jesuitenkollegien 
zu Altötting, Landshut und Regensburg mit 
Gütern ausstattete, aber noch bei Lebzeiten die 
Regierung wegen der großen Schuldenlast an 
seinen Sohn Maximilian den Großen (1597 bis 
1651) abtrat. 
Vor dem Dreißigjährigen Krieg sehen wir die 
Häupter der wittelsbachischen Hauptlinien an der 
Spitze der großen Religionsparteien: Friedrich V., 
Kurfürst von Pfalz-Simmern, ist Führer der 
Union, Herzog Maximilian I., der gewaltige 
Vorkämpfer für Kirche und Kaiser, das Haupt 
der Liga. Er gewann im Westfälischen Frieden 
1648 endgültig die 1623 der Pfalz abgesprochene 
Kurwürde nebst dem Erztruchseßamt, die ihm 
schon 1628 verliehene Oberpfalz nebst der Graf- 
schaft Cham und die seit 1607 besetzte Reichsstadt 
Donauwörth. So vereinigte er wieder alle alt- 
bayrischen Gebiete mit Ausnahme von Neuburg 
und Sulzbach. Die pfälzische Linie Simmern er- 
Bayern. 
  
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hielt die Unterpfalz zurück, es wurde eine neue, 
achte, mit dem Erzschatzmeisteramt ausgestattete 
Kurwürde für sie geschaffen und ihr im Fall des 
Erlöschens der bayrischen Linie die Nachfolge in 
allen Ländern und Würden derselben zugesichert. 
Es bestanden also fortan zwei Kurfürstentümer 
der Wittelsbacher, Bayern und die verkleinerte 
Pfalz. Auf Maximilian I. folgte der friedliche 
und sparsame Ferdinand Maria (1651/79), 
welcher 1657 der Pfalz ein neues Gesetzbuch und 
1672 dem Adel die Fideikommißpragmatik gab. 
Unter ihm wurde 1689 der letzte, nur noch schwach 
besuchte Landtag abgehalten; dessen Rechte gingen 
über auf den ständischen Ausschuß, die „Land- 
schaftsverordnung“, die in München tagte und 
zunächst nur auf neun Jahre gewählt wurde. 
Seit Max II. Emanuel (1679/1726) war 
die Politik Bayerns darauf gerichtet, den Besitz- 
stand zu vergrößern und einen höheren Rang zu 
erlangen. Dieses Streben brachte zunächst unsäg- 
liches Unheil über das Land. Max Emanuel 
hielt anfänglich treu zum Kaiser, aber im Spa- 
nischen Erbfolgekrieg trat er 1702 offen auf 
Frankreichs Seite, wurde 1706 geächtet und erst 
im Frieden zu Baden 1714 restituiert. Sein 
Sohn Karl Albert (1726/45) erhob nach dem 
Tod des Kaisers Karl VI. (1740) mit Frank- 
reichs Hilfe Erbansprüche auf Osterreich, ließ sich 
als König von Böhmen krönen und wurde 1742 
als Karl VII. zum deutschen Kaiser gewählt. Die 
Osterreicher vertrieben ihn aus Bayern, und erst 
sein Sohn Maximilian III. erhielt im Frieden 
zu Füssen am 22. April 1745 seine Länder zurück. 
Mit ihm starb am 80. Dez. 1777 die Nach- 
kommenschaft Kaiser Ludwigs aus, und Karl 
Theodor von Pfalz-Sulzbach wurde der erste 
Kurfürst von Pfalz-Bayern. Da er neben den 
14 Oberämtern der Pfalz auch die Fürstentümer 
Neuburg, Jülich und Berg besaß, gebot er über 
59 000 dkm. Als Kaiser Joseph II. alte böh- 
mische Rechte auf Güter in der Oberpfalz geltend 
machte und unter Zustimmung des kinderlosen 
Kurfürsten Niederbayern, den besten Teil des 
Landes, besetzte, erklärte Friedrich II. von Preußen 
dieses Verfahren für ungesetzlich und veranlaßte 
den mutmaßlichen Erben, den Herzog Karl von 
Zweibrücken = Birkenfeld, zum entschiedensten 
Widerspruch. Der Bayrische Erbfolgekrieg wurde 
indessen schon 1779 durch den Teschener Frieden 
beendet; Osterreich entsagte allen Ansprüchen auf 
bayrische Gebietsteile und erhielt als Entschädi- 
gung das Innviertel mit Braunau. Ein neuer 
Plan Josephs II., Karl Theodor zum König der 
österreichischen Niederlande (Burgund) zu erheben 
und dafür Bayern in Besitz zu nehmen, scheiterte 
abermals an dem Widerstand der Agnaten von 
Zweibrücken-Birkenfeld, die an Friedrich II. von 
Preußen ihre Stütze fanden (1785 deutscher 
Fürstenbund). 
Nach dem Tod des kinderlosen Karl Theodor 
(16. Febr. 1799) folgte die Linie Pfalz-Zwei-
	        
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