Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

639 
brücken-Birkenfeld mit Raximilian IV. (I.) 
Joseph, der nun den gesamten altwittels- 
bachischen Besitz und die beiden Kurwürden in 
seiner Person vereinigte. Er bestätigte durch 
Patent vom 16. Febr. 1799 die Rechte des 
Landes und der Stände, aber dem Verlangen 
nach der Berufung eines allgemeinen Landtags 
kam er nicht nach. Im Frieden von Luneville 
(9. Febr. 1801) gingen die linksrheinischen 
Besitzungen (12 400 qkm mit 690 000 Einw.) 
verloren. Dafür erhielt Bayern durch den Reichs- 
deputationshauptschluß vom 25. Febr. 1803 reich- 
liche Entschädigung: 18 000 qkm mit 900 000 
Einwohnern. In diese Zeit fällt die Neugestaltung 
des bayrischen Staatswesens durch den Minister 
v. Montgelas, welcher mehr als 200 Klöster mit 
ihren Gütern und Besitzungen, Kunstschätzen und 
Bibliotheken zum Opfer fielen. Der österreichisch- 
französische Krieg von 1805 fand Bayern auf 
seiten Napoleons; der Preßburger Friede vom 
26. Dez. 1805 brachte ihm außer dem Königs- 
titel für das zugunsten des Erzherzogs Ferdinand 
abgetretene Würzburg (5500 qkm mit 200 000 
Einw.) 32000 qkm mit 1028 000 Einwohnern. 
Am 1. Jan. 1806 nahm der Kurfürst den Königs- 
titel an und erwarb bald darauf die Markgraf- 
schaft Ansbach (3750 qkm mit 245000 Einw.) 
gegen Verzichtleistung auf das Herzogtum Berg 
(3000 qkm mit 2600000 Einw.). Am 17. Juni 
trat der König Maximilian I. dem Rheinbund 
bei und erhielt durch die Rheinische Konfödera- 
tionsakte vom 12. Juli 1806 volle Souveränität 
über sein Land und alle in demselben gelegenen 
unmittelbaren Reichsstände und Reichsgüter, so 
daß er 91000 qkm mit 3231000 Einwohnern 
beherrschte; dafür mußte er die Stellung eines 
Kontingents von 30 000 Mann übernehmen. 
UÜber die Gerechtsame der mediatisierten Fürsten, 
Grafen und Herren erließ der König am 19. Mai 
1807 eine Deklaration, welche 1815 in der Deut- 
schen Bundesakte als Basis und Norm angenom- 
men wurde. Im Juni 1807 hob die Regierung 
durch ein Steueredikt die alte Landschaft auf, 
führte gleiche Abgabenpflicht für alle Untertanen 
ein und riß die Steuererhebung eigenmächtig an 
sich; ebenso gab sie Städteordnungen und schaffte 
die Leibeigenschaft für immer ab. Das aus so 
verschiedenen Bevölkerungselementen zusammen- 
gesetzte Königreich erhielt nun eine neue Einteilung 
in 15 (später 9) Kreise, eine Reihe neuer Ein- 
richtungen und am 1. Mai 1808 eine Verfassung 
nach französischem Muster, deren Hauptgrundsätze 
Gleichheit der Besteuerung und der Rechte, Siche- 
rung der Gewissensfreiheit und allgemeine Volks- 
vertretung waren; letztere kam freilich nicht zur 
Verwirklichung. Der Krieg mit Osterreich 1809 
(Wiener Friede 14. Okt.) brachte Bayern neue 
Gebietsveränderungen und damit seine größte Aus- 
dehnung: 95500 qkm mit 330000 Einwohnern. 
Durch den Vertrag von Ried (8. Okt. 1813 
sagte sich der König gegen Zusicherung seines Be- 
  
Bayern. 
640 
sitztands und seiner Souveränität vom Rheinbund 
los und trat auf die Seite der Verbündeten; zu- 
zugleich verstand er sich zu einstweiligen Gebiets- 
abtretungen an Osterreich, welches auch sofort 
Tirol besetzen ließ. Auf dem Wiener Kongreß 
wurde Bayern für Tirol, Salzburg und das Inn- 
viertel durch Würzburg, Aschaffenburg und die 
Rheinpfalz entschädigt und erhielt seinen jetzigen 
Umfang, mit dem es am 8. Juni 1815 dem 
Deutschen Bund beitrat. Nach Entlassung des 
Grafen v. Montgelas (2. Febr. 1817) erfolgten 
tiesgehende Veränderungen in der inneren Ver- 
waltung: Organisation des Staatsrats, Bildung 
eines Staatsministeriums in fünf Abteilungen, 
Einteilung des Landes in acht Kreise mit Reprä- 
sentativ= und freier Gemeindeverfassung, Reglung 
der kirchlichen Angelegenheiten. Endlich verlieh 
der König an seinem Geburtstag (26. Mai) 1818 
dem Land eine neue Verfassung, die sich auf 
das Zweikammersystem gründete: die erste dieser 
Art in einem größeren deutschen Staat. Schon 
am 4. Febr. 1819 wurde der erste Landtag er- 
öffnet; seine Beratungen verliefen aber, ebenso wie 
die der beiden folgenden (1822 und 1825), fast 
resultatlos. 
Auf Maximilian I. Joseph folgte 1825 der 
kunstsinnige König Ludwig I., ein eifriger För- 
derer und Beschützer der katholischen Kirche und 
ihrer Bestrebungen (Ministerium Abel 1838/47) 
zu einer Zeit, wo dieselbe durch kirchenfeindliche 
Beamte und Professoren in Wort und Schrift 
aufs ärgste angefeindet wurde. Auf politischem 
Gebiet folgte nach längerem Schwanken seit 1830 
eine der neuen Konstitution ungünstige Richtung. 
Der König trat 1833 dem von Preußen begrün- 
deten Zollverein bei und widmete sich neben der 
Pflege von Kunst und Wissenschaft auch dem Aus- 
bau der Verfassung. Leider verscherzte er sich in 
den letzten Jahren seiner Regierung das Vertrauen 
des Volks, und die daraus entstandenen Unruhen 
zwangen ihn, am 20. März 1848 zugunsten seines 
Sohns abzudanken; er starb als Privatmann am 
29. Febr. 1868 zu Nizza. 
Unter Maximilian II. (1848/64) wurden 
mancherlei Reformen durchgeführt und auch das 
Frankfurter Parlament beschickt. Das ablehnende 
Verhalten der Regierung gegen die neue Reichs- 
verfassung veranlaßte im Mai 1849 einen Auf- 
siand in der Pfalz, den aber preußische Truppen 
unter General Hirschfeld schnell unterdrückten. Das 
Ministerium v. d. Pfordten (seit 18. April 1849) 
trat in der deutschen Frage der preußischen Unions= 
politik entschieden entgegen und erstrebte eine Ver- 
einigung aller rein deutschen Staaten unter der Füh- 
rung Bayerns gegenüber Osterreich und Preußen. 
Infolge eines lang andauernden Konflikts mit der 
Kammer wurde v. d. Pfordten 1859 durch Schrenk 
ersetzt, welcher die Trennung von Justiz und Ad- 
ministration durchführte. In der deutschen Frage 
) behauptete Bayern seine alte Stellung gegenüber 
den Bundesreformplänen Preußens, in der schles-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.