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wüstung war schrecklich, und die Zahl der Ge-
töteten wurde auf 2000 geschätzt. Am 29. Juni
1830 bombardierte die französische Flotte die Be-
festigungen von Algier. Die Stadt ergab sich am
5. Juli. Am 27. Sept. 1840, während des ägyp-
tisch-türkischen Krieges, bombardierten englische,
österreichische und türkische Schiffe Saida. Es
wurde erstürmt, und bei der Einnahme zeichneten
sich die Osterreicher unter dem Erzherzog Friedrich
besonders aus. Am 17. Okt. 1854 bombardierte
die vereinigte englisch-französische Flotte Sewasto-
pol ohne nennenswerten Erfolg. Noch fruchtloser
war die Beschießung von Sveaborg (Alands-
inseln in der Ostsee), wider dessen Felsenwälle
Admiral Napier eine Anzahl von Kugeln schleu-
derte, und ebenso mißglückte die Beschießung von
Petropawlowsk. Glücklicher waren die Franzosen
und Engländer bei dem Bombardement von
Kertsch, das am 24. Mai 1855 in ihre Hände
siel. Die großen Kriege von 1859, 1866, 1870
und 1877/78 haben kein Bombardement von
Städten oder befestigten Küstenpunkten durch
Schiffe aufzuweisen. Ein Bombardement im grö-
ßeren Stil war auch die Beschießung von Alex-
andrien durch die Engländer unter Admiral
Seymour am 11. und 12. Juli 1882. Sie ver-
ursachte den Ausbruch der Mörder und Banditen
aus den Kerkern, und es bedurfte der größten An-
strengung der englischen Landungstruppen, um der
Verheerung und Plünderung Einhalt zu tun. Der
Ansturm der Japaner auf die formidable russische
Seefestung Port Arthur nahm nahezu elf Monate
in Anspruch. Die eigentliche Belagerung begann
erst Ende Juli 1904, nachdem die Isolierung
des für unbezwinglich gehaltenen Bollwerks am
Gelben Meer durch den Sieg bei Kintschou
(27. Mai) zur Tatsache geworden war. Dem
Bombardement durch die Schiffsgeschütze folgten
Branderangriffe und diesen wieder Beschießungen
der Küstenbefestigungen und der Stadt. Die Über-
gabe der Festung seitens des Verteidigers (Ge-
neral Stössel) an den Belagerer (General Nogi)
erfolgte am Abend des Neujahrstags 1905 (s. d.
Art. Kapitulation).
Literatur. über die kriegsmäßige B. siehe
namentlich die Behelfe zum Studium des General-
stabsdienstes (Der Dienst im Krieg), besonders
Woinovich, Elemente der Kriegführung (1894);
Eine Erläuterung der Rechtsregeln der Brüsseler
Deklaration von 1874 über Belagerung und Be-
schießung findet sich bei Lentner, Das Recht im
Krieg (1880). Zu vergleichen sind: Bluntschli in
v. Holtzendorffs Jahrbuch für Gesetzgebung usw.
des Deutschen Reichs 1 (1872) 281; Rolin-Jacque-
myns (in der Revue de droit internat. III (1871)
297; dann die Korrespondenz über diese Kriegs-
handlungen während des Feldzugs 1870,71 (Staats-
archiv 4120 4121 4429/4431) u. die Lehrbücher des
Völkerrechts; Foß, Marinekunde (51901); ders.,
Der Seekrieg (1904) 282 f. [(Lentner.)]
Belgien. 1. Geschichte. Belgien in seiner
heutigen Gestalt hat sich in der Hauptsache aus jenen
Belgien.
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katholischen südniederländischen Provinzen gebildet,
welche in der Zeit des Kampfes gegen die spa-
nische Herrschaft im 16. Jahrh. von den refor-
mierten Nordprovinzen getrennt wurden. Durch
die Utrechter Union, in welcher sich 1579 die sieben
nördlichen reformierten Provinzen als selbstän-
diger Staat zu gegenseitigem Schutz vereinigten,
vollzog sich die tatsächliche Trennung Belgiens von
Holland; definitiv anerkannt wurde ihre Unab-
hängigkeit erst durch den Westfälischen Frieden.
Von 1598 bis 1621 bildete Belgien, von
Philipp II. an seine Tochter Isabella und deren
Gemahl, den Erzherzog Albrecht VII. von
Osterreich, abgetreten, einen selbständigen Staat.
In dieser kurzen Periode geschah viel für die
Ordnung der inneren Zustände in dem zerrütteten
Land. So wurde 1611 das Edit perpetuel, eine
Sammlung der die Justizpflege betreffenden Ver-
ordnungen, publiziert. Albrechts Ehe blieb kinder-
los, und Belgien fiel 1621 an Spanien zurück,
dessen Schicksal es nunmehr teilte. Während
Holland schnell emporblühte, war Belgien vielfach
der Schauplatz und Gegenstand der Kämpfe
zwischen Frankreich, Spanien und Osterreich,
wobei ersteres ein Stück nach dem andern an sich
riß. So trat Philipp IV. im Pyrenäischen
Frieden (7. Nov. 1659) die Grasschaften Artois,
Gravelines, Landrecies, Thionville, Le Quesnoy,
Montmedy u. a. ab; am 2. Mai 1668 gingen im
Frieden zu Aachen zehn Städte, darunter Lille,
Charleroi, Binche, Ath, Audenarde, Courtrai
verloren. Im Frieden zu Nimwegen wurden
1679 außer der Franche-Comté wieder eine
Reihe belgischer Städte: Nieuport, Valenciennes,
Condé, Bouchain, Cambrai, Aire, St-Omer,
Dpern, Warwick, Poperinghe, Bailleul, Mont-
Cassel, Beauvais, Maubeuge und Charlemont, ab-
getreten, wogegen Charleroi, Binche, Ath, Auden-
arde und Courtrai an Spanien zurückfielen.
Nach dem Frieden zu Ryswyk (1697), in wel-
chem Spanien von den durch die Reunionskammern
eingezogenen Gebieten nur wenige (Charleroi,
Mons, Luxemburg usw.) wiedererhielt, versuchte
der Statthalter, Kurfürst Max Emanuel von
Bayern (seit 1691), hauptsächlich durch eine neue
Handels= und Zollgesetzgebung dem tief gesunke-
nen Wohlstand wieder aufzuhelfen — da brach
der Spanische Erbfolgekrieg aus. Die
spanischen Niederlande, die fast ununterbrochen
Schauplatz dieses Kampfes gewesen waren, fielen
1714 an Österreich, das Oberquartier Geldern
an Preußen und einige Gebiete an Holland; letz-
teres erhielt außerdem durch den Barrierentraktat
das Besatzungsrecht in folgenden belgischen Festun-
gen: Knocke, Veurne, YDpern, Warneton, Meenen,
Tournay, Namur; Dendermonde hatte halb öster-
reichische halb holländische Besatzung. Zugleich
wurde in diesem Vertrag bestimmt, daß der Tarif,
den die verbündeten Engländer und Holländer
während der Okkupation des Landes (1706) ein-
geführt hatten, und der die englischen Fabrikate