Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

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auf ihren natürlichen Ablagerungen vorkommen- 
den Mineralien und Erze. Mineralien oder nutz- 
bare Fossilien sind solche Bestandteile der Erd- 
oberfläche und des Erdinnern, welche im wirt- 
schaftlichen Leben verwertet werden können, näm- 
lich Erze, Brennstoffe (Kohlen), Salze und son- 
stige Mineralien fester und erdiger, auch flüssiger 
Art (Quecksilber, Erdöl), sowie mehrere Gesteins- 
arten, wie unterirdisch gewonnener Dachschiefer, 
Traß usw. 
1. Geschichtliches. Bei den alten Völkern 
richtete sich der Bergbau hauptsächlich auf die 
Gewinnung der Metalle. Diese wurde auch im 
Mittelalter weiter betrieben und erreichte in neuer 
Zeit einen großen Umfang bei hohen technischen 
Fortschritten. Dazu kam noch die Gewinnung 
von Brennstoffen (Steinkohlen und Braunkohlen). 
Die ersten Spuren des Bergbaus, und zwar des 
Erzbergbaus, finden sich bei den Agyptern und 
Assyriern. Auch die Phönizier und die Juden 
kannten die Schmelzung der Metalle. In Griechen- 
land soll der älteste Bergbau im Lauriongebirge 
in Attika durch Phönizier eingeführt worden sein. 
Zur Zeit des Themistokles waren die alljährlich 
unter die Bürger verteilten Einkünfte von Silber, 
Galmei, Blei und Kupfer so groß, daß sie infolge 
einer Volksabstimmung dem Staat der Athener 
die Mittel zu der Kriegsflotte lieferten, durch die 
in der Schlacht bei Salamis (480 v. Chr.) der 
Sieg über die Perser errungen wurde. Die Rö- 
mer, die ursprünglich keinen Bergbau betrieben, 
kamen durch die Eroberung von Agypten, Griechen- 
land, Spanien, Italien, Britannien und Gallien 
in den Besitz fast sämtlicher Bergwerke der alten 
Welt. Dem durch die Pächter betriebenen Raub- 
bau suchte man unter dem Kaiserreich durch die 
Anstellung von Bergbeamten zu begegnen. Bei 
den Griechen und den Römern waren zwar Tag- 
bauten gewöhnlich, aber es waren auch schon 
Schächte und mit Schlägel und Eisen getriebene 
Strecken vorhanden; es wurden sogar schon Wetter- 
schächte zur Zuführung frischer Luft abgeteuft. 
Die Römer erklärten den Bergbau in den von 
ihnen eroberten Ländern zum Staatseigentum. 
Sie ließen ihn von Pächtern durch Sklaven, Ver- 
brecher und Bauern betreiben. Als aber diese 
Kräfte nicht mehr ausreichten, wurden die Berg- 
werke an Unternehmer gegen Abgabe des Zehnten 
überlassen. 
Der alte Bergbau in Deutschland hat seit 
dem Beginn der Völkerwanderung an Bedeutung 
verloren und hat nach dem Untergang des west- 
römischen Reichs fast ganz aufgehört. Erst nach 
der Gründung des Frankenreichs wurde er wieder 
ausgenommen und von den Fürsten, die dessen 
hohe Bedeutung für den Nationalwohlstand er- 
kannten, durch Freiheiten begünstigt. Der deutsche 
Bergbau geht ohne Zweifel von den Franken aus, 
die am Mittelrhein, Neckar und Main wohnten. 
Bei den Deutschen wurde der Bergwerksbetrieb 
ein Gewerbe freier Männer, das von einer eigen- 
Staatslexikon. I. 3. Aufl. 
Bergwesen. 
  
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artigen Gesetzgebung begünstigt wurde. Man 
grub die Zwickauer Steinkohle schon im 10., die 
Aachener im 11. Jahrh., die Ruhrkohle seit 1302, 
die Saarkohle seit 1529, die schlesische seit dem 
Anfang des 17. Jahrh. Für die Mitte des 18. 
Jahrh. wird die Jahresproduktion Deutschlands 
(ohne Osterreich) auf 150 000 Tonnen, für 1800 
schon auf 500.000 geschätzt. Die Produktion 
stieg dann bis 1848 quf 4,4 Mill. und seitdem 
im schnellen Tempo bis auf 192 Mill. im Jahr 
1906. Anfänglich grub man die Kohlen, da wo 
sie zutage traten, einfach aus der Erde. Dann 
ging man zum Stollenbetrieb über, indem man 
die Lagerstätte durch mehr oder weniger horizon- 
tale Stollen aufschloß. Als diese Methode ver- 
sagte und man gezwungen war, um größere 
Kohlenmengen zu gewinnen, tiefer in die Erde zu 
dringen, grub man senkrechte Schächte. Dies 
war aber erst möglich, als die Dampfmaschine 
erfunden und die Bohrmethoden vervollkommnet 
waren. Am Anfang des 19. Jahrh. gingen die 
Zechen zu diesem technisch schwierigeren und ge- 
fahrvolleren, aber auch bedeutend rentableren Tief- 
bau über. Die erstarkende Industrie erforderte 
immer größere Kohlenmengen. Mit der Abnahme 
der Waldbestände wurde auch der Konsum von 
Kohlen in den Haushaltungen größer, allerdings 
erst nachdem die Eisenbahnen einen Transport 
auf weite Strecken ermöglicht hatten. An allen 
Orten mit reichen Kohlenvorräten bildeten sich 
große Industriezentren. An die Stelle kleinerer 
und mittlerer Betriebe im Besitz einzelner Per- 
sonen oder je einer für den betreffenden Betrieb 
gebildeten Gesellschaft sind vielfach Großbetriebe 
getreten, die nur von großen kapitalkräftigen 
Gesellschaften auf die Dauer mit Erfolg geführt 
werden können. Hand in Hand mit dieser Ent- 
wicklung ging naturgemäß das Bestreben nach 
größerer Konzentration, nach der Vereinigung 
einer größeren Zahl von Bergwerksfeldern in 
einer Hand. Die Eigentümer derartig ausge- 
dehnter Bergwerksunternehmungen nehmen selbst- 
verständlich zunächst diejenigen Bergwerke in Be- 
trieb, die den größten wirtschaftlichen Nutzen 
versprechen. Eine besondere Erscheinung hat diese 
Entwicklung schließlich im Ruhrbezirk gezeitigt, 
wo namentlich seit Beginn des Jahrs 1904 
eine Reihe von Bergwerken durch kapitalkräf- 
tige Bergwerksgesellschaften lediglich oder doch 
vornehmlich zu dem Zweck erworben wurden, um 
deren Beteiligungsziffer am Kohlensyndikat auf 
den übrigen Bergwerksbesitz der Gesellschaft zu 
übertragen, diesen Besitz dadurch gewinnbringen- 
der zu gestalten, die erworbenen Bergwerke aber 
außer Betrieb zu setzen. Obschon es sich dabei 
durchweg um Bergwerke handelte, die einen loh- 
nenden Betrieb nicht mehr versprachen, ist doch 
versucht worden, auf gesetzlichem Weg die Still- 
legung von Zechen zu erschweren; allein die von 
der Staatsregierung eingebrachte Vorlage fand 
nicht die erforderliche Unterstützung des Landtags. 
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