769
auf ihren natürlichen Ablagerungen vorkommen-
den Mineralien und Erze. Mineralien oder nutz-
bare Fossilien sind solche Bestandteile der Erd-
oberfläche und des Erdinnern, welche im wirt-
schaftlichen Leben verwertet werden können, näm-
lich Erze, Brennstoffe (Kohlen), Salze und son-
stige Mineralien fester und erdiger, auch flüssiger
Art (Quecksilber, Erdöl), sowie mehrere Gesteins-
arten, wie unterirdisch gewonnener Dachschiefer,
Traß usw.
1. Geschichtliches. Bei den alten Völkern
richtete sich der Bergbau hauptsächlich auf die
Gewinnung der Metalle. Diese wurde auch im
Mittelalter weiter betrieben und erreichte in neuer
Zeit einen großen Umfang bei hohen technischen
Fortschritten. Dazu kam noch die Gewinnung
von Brennstoffen (Steinkohlen und Braunkohlen).
Die ersten Spuren des Bergbaus, und zwar des
Erzbergbaus, finden sich bei den Agyptern und
Assyriern. Auch die Phönizier und die Juden
kannten die Schmelzung der Metalle. In Griechen-
land soll der älteste Bergbau im Lauriongebirge
in Attika durch Phönizier eingeführt worden sein.
Zur Zeit des Themistokles waren die alljährlich
unter die Bürger verteilten Einkünfte von Silber,
Galmei, Blei und Kupfer so groß, daß sie infolge
einer Volksabstimmung dem Staat der Athener
die Mittel zu der Kriegsflotte lieferten, durch die
in der Schlacht bei Salamis (480 v. Chr.) der
Sieg über die Perser errungen wurde. Die Rö-
mer, die ursprünglich keinen Bergbau betrieben,
kamen durch die Eroberung von Agypten, Griechen-
land, Spanien, Italien, Britannien und Gallien
in den Besitz fast sämtlicher Bergwerke der alten
Welt. Dem durch die Pächter betriebenen Raub-
bau suchte man unter dem Kaiserreich durch die
Anstellung von Bergbeamten zu begegnen. Bei
den Griechen und den Römern waren zwar Tag-
bauten gewöhnlich, aber es waren auch schon
Schächte und mit Schlägel und Eisen getriebene
Strecken vorhanden; es wurden sogar schon Wetter-
schächte zur Zuführung frischer Luft abgeteuft.
Die Römer erklärten den Bergbau in den von
ihnen eroberten Ländern zum Staatseigentum.
Sie ließen ihn von Pächtern durch Sklaven, Ver-
brecher und Bauern betreiben. Als aber diese
Kräfte nicht mehr ausreichten, wurden die Berg-
werke an Unternehmer gegen Abgabe des Zehnten
überlassen.
Der alte Bergbau in Deutschland hat seit
dem Beginn der Völkerwanderung an Bedeutung
verloren und hat nach dem Untergang des west-
römischen Reichs fast ganz aufgehört. Erst nach
der Gründung des Frankenreichs wurde er wieder
ausgenommen und von den Fürsten, die dessen
hohe Bedeutung für den Nationalwohlstand er-
kannten, durch Freiheiten begünstigt. Der deutsche
Bergbau geht ohne Zweifel von den Franken aus,
die am Mittelrhein, Neckar und Main wohnten.
Bei den Deutschen wurde der Bergwerksbetrieb
ein Gewerbe freier Männer, das von einer eigen-
Staatslexikon. I. 3. Aufl.
Bergwesen.
770
artigen Gesetzgebung begünstigt wurde. Man
grub die Zwickauer Steinkohle schon im 10., die
Aachener im 11. Jahrh., die Ruhrkohle seit 1302,
die Saarkohle seit 1529, die schlesische seit dem
Anfang des 17. Jahrh. Für die Mitte des 18.
Jahrh. wird die Jahresproduktion Deutschlands
(ohne Osterreich) auf 150 000 Tonnen, für 1800
schon auf 500.000 geschätzt. Die Produktion
stieg dann bis 1848 quf 4,4 Mill. und seitdem
im schnellen Tempo bis auf 192 Mill. im Jahr
1906. Anfänglich grub man die Kohlen, da wo
sie zutage traten, einfach aus der Erde. Dann
ging man zum Stollenbetrieb über, indem man
die Lagerstätte durch mehr oder weniger horizon-
tale Stollen aufschloß. Als diese Methode ver-
sagte und man gezwungen war, um größere
Kohlenmengen zu gewinnen, tiefer in die Erde zu
dringen, grub man senkrechte Schächte. Dies
war aber erst möglich, als die Dampfmaschine
erfunden und die Bohrmethoden vervollkommnet
waren. Am Anfang des 19. Jahrh. gingen die
Zechen zu diesem technisch schwierigeren und ge-
fahrvolleren, aber auch bedeutend rentableren Tief-
bau über. Die erstarkende Industrie erforderte
immer größere Kohlenmengen. Mit der Abnahme
der Waldbestände wurde auch der Konsum von
Kohlen in den Haushaltungen größer, allerdings
erst nachdem die Eisenbahnen einen Transport
auf weite Strecken ermöglicht hatten. An allen
Orten mit reichen Kohlenvorräten bildeten sich
große Industriezentren. An die Stelle kleinerer
und mittlerer Betriebe im Besitz einzelner Per-
sonen oder je einer für den betreffenden Betrieb
gebildeten Gesellschaft sind vielfach Großbetriebe
getreten, die nur von großen kapitalkräftigen
Gesellschaften auf die Dauer mit Erfolg geführt
werden können. Hand in Hand mit dieser Ent-
wicklung ging naturgemäß das Bestreben nach
größerer Konzentration, nach der Vereinigung
einer größeren Zahl von Bergwerksfeldern in
einer Hand. Die Eigentümer derartig ausge-
dehnter Bergwerksunternehmungen nehmen selbst-
verständlich zunächst diejenigen Bergwerke in Be-
trieb, die den größten wirtschaftlichen Nutzen
versprechen. Eine besondere Erscheinung hat diese
Entwicklung schließlich im Ruhrbezirk gezeitigt,
wo namentlich seit Beginn des Jahrs 1904
eine Reihe von Bergwerken durch kapitalkräf-
tige Bergwerksgesellschaften lediglich oder doch
vornehmlich zu dem Zweck erworben wurden, um
deren Beteiligungsziffer am Kohlensyndikat auf
den übrigen Bergwerksbesitz der Gesellschaft zu
übertragen, diesen Besitz dadurch gewinnbringen-
der zu gestalten, die erworbenen Bergwerke aber
außer Betrieb zu setzen. Obschon es sich dabei
durchweg um Bergwerke handelte, die einen loh-
nenden Betrieb nicht mehr versprachen, ist doch
versucht worden, auf gesetzlichem Weg die Still-
legung von Zechen zu erschweren; allein die von
der Staatsregierung eingebrachte Vorlage fand
nicht die erforderliche Unterstützung des Landtags.
25