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Eng verbunden mit dem Bergbau ist die Hütten-
industrie, die die Eisenerze teils aus Deutsch-
land teils aus dem Ausland bezieht.
Der Kalisalz-Bergbau ist von Staßfurt
(Provinz Sachsen) ausgegangen. Kalisalze finden
sich in der ganzen norddeutschen Tiefebene. Kali-
werke gibt es namentlich in der Provinz Sachsen,
in Anhalt, den thüringischen Staaten, Hannover,
Hessen-Nassau, Braunschweig usw. Da in andern
Ländern Kali wenig vorkommt, hat Deutschland
auf diesem Gebiet eine Monopolstellung.
2. Wirtschaftliche Bedeutung. Der
Bergbau nimmt in der Volkswirtschaft eine
hervorragende Stellung ein. Gold und Silber
sind das allgemeine Tauschmittel und der Wert-
messer im Handel der Völker. Andere Metalle
liefern die Rohstoffe für die wichtigsten Gerät-
schaften, namentlich auch die Waffen. Das Eisen
findet eine immer größere Verwendung. Die
Kohlen sind unentbehrlich für die Industrie. Das
Speisesalz ist bei der Bereitung der menschlichen
Nahrung und des Viehfutters unentbehrlich. Die
Kalisalze dienen in der Landwirtschaft zur Boden-
düngung.
Es unterliegt keinem Zweifel, daß der Kapi-
talismus in den unterirdischen Mineralschätzen
einen außerordentlich mächtigen Stützpunkt findet
und daß die Verstaatlichung des Berg-
baus an und für sich ebenso wünschenswert wäre
wie die der Eisenbahnen, Posten und Telegraphen.
Allein der Staat hat den Zeitpunkt, zu dem er
die Gruben zu mäßigen Preisen hätte erwerben
können, verpaßt, und jetzt müßten für die Ver-
staatlichung des deutschen Kohlenbergbaus so
enorme Mittel aufgewendet werden, daß deren
Verzinsung den Staat zwingen würde, die Kohlen-
preise ebenso hoch zu halten wie bisher. Ubrigens
hat der preußische Staat im Saarrevier, wo er
der beinahe einzige Zechenbesitzer ist, die Preise
nicht niederer gehalten, als die des rheinisch-west-
fälischen Kohlensyndikats sind, und den Händlern
und Konsumenten ebenso drückende Geschäfts-
bedingungen auferlegt wie dieses.
Der größte Bergwerksunternehmer Europas
ist der preußische Fiskus, der auf seinen
70 Gruben, Salinen und Hütten rund 80 000
Arbeiter beschäftigt. Er besitzt Steinkohlenberg-
werke in Schlesien, im Saarrevier und in Ibben-
büren, zu denen auf Grund des Gesetzes vom
21. März 1902 eine Anzahl zwischen Lippe und
Emscher gelegener Bergwerke und Kohlenfelder
trat. Ferner sind ihm im Oberbergamtsbezirk
Dortmund 250 Felder gesetzlich vorbehalten, nach
deren Verleihung ihm 11,7 % des gesamten
kohlenführenden Gebiets zustehen. Der Fiskus
erstrebte außerdem die Erwerbung der Bergwerks-
gesellschaft Hibernia, die ihm jedoch nicht geglückt
ist. Er liefert Kohlen in erster Linie direkt an
Konsumenten, hat aber einer größeren Anzahl
von Großhändlern einen regelrechten Bezug ein-
geräumt und nützt, wie bemerkt, die wirtschaft-
Bergwesen.
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liche Lage zur Erzielung hoher Kohlenpreise ebenso
aus wie die privaten Vereinigungen. Der preu-
Pßische Staat bemüht sich, die Förderung aus dem
fiskalischen Felderbesitz so zu steigern, daß er den
wünschenswerten Einfluß im rheinisch-westfälischen
Industriebezirk gewinnen kann und zugleich für
das bei dem Erwerb der Felder aufgewendete
Kapital eine solche Verzinfung erreicht, wie sie dem
stets mit dem Bergbau verbundenen Risiko ent-
spricht. Der preußische Fiskus besitzt ferner Salz-
werke zu Staßfurt und Bleicherode und das Kali-
salzbergwerk Hercynia. —.
Nachdem mancherlei Versuche gemacht worden
waren, eine Gemeinschaft unter den Zechen des
Ruhrbezirks herzustellen, wurde 1893 dasrhei-
nisch-westfälische Kohlensyndikat in
Essen gegründet. Dieses soll nach dem Vertrag
mit den einzelnen Zechen deren Kohlen, Koks und
Briketts kaufen und verkaufen und damit den un-
gesunden Wettbewerb beseitigen. Der Zusammen-
schluß der Zechen zu einem Syndikat wurde wesent-
lich dadurch erleichtert, daß die Großbetriebe die
Kleinbetriebe immer mehr aufsaugten und ein Ein-
verständnis zwischen wenigen großen Gesellschaften
verhältnismäßig leicht zu erzielen und aufrecht zu
erhalten ist, obschon auch hier die Interessen der
einzelnen Gruppen (reine Kohlenzechen und Hütten-
zechen) einander widerstreben. Es läßt sich nicht
leugnen, daß die Syndizierung der Zechen Vor-
teile bringt, indem sie stetige Verhältnisse im Berg-
bau sichern und bei Kohlenknappheit eine unge-
bührliche Preistreiberei verhindern kann; aber in
der dem Kohlensyndikat beiwohnenden Macht liegt
auch die Gefahr eines Mißbrauchs. Die Be-
schwerden gegen das Kohlensyndikat, das auch das
Kokssyndikat und den Brikettverkaufsverein in sich
aufgenommen hat, betreffen hauptsächlich die zu
hohen Preise, den Verkauf von Kohlen an das
Ausland, selbst wenn im Inland Kohlenknappheit
herrscht, und die Gewährung billigerer Preise an
das Ausland als im Inland. Heute gehören dem
bis 31. Dez. 1915 verlängerten Syndikat alle
nennenswerten Zechen des Ruhrbezirks an. Die
Förderziffern (in Mill. t) der letzten Jahre ergeben
sich aus nachstehender Tabelle:
Es betrug die 1903. 190,/190 1906
der Beteili-
I
1907
für Kohlen
.. 57,99 62,20 75,58 76,27 76,38
Syndi- » l
..... 53,82 67,25 65,381. 76,63 1 80,151
II
.65,37 -76,81 jaon
I
.64,69’67,58
83644
der Syn-
· i
l
für «
1142 12-26 188
11,46 2 1154
ort= Ü D
mund 11,— 11.17 11,32 15.56 16,60
1 einschl. Rheinpreußen, das im Oberbergamtsbezirk
Vonn liegt.
Laut dieser Tabelle hat die Förderung der
Syndikatszechen von 1907 das Vorjahr in Kohlen
10,20
8,89
. .8,56
im Ober-