Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

775 
tums vollständig ausgeschieden und daß neben 
dem Grundeigentum ein besonderes Bergwerks- 
eigentum von selbständigem Inhalt und mit selb- 
ständiger Begrenzung geschaffen wurde. Beim 
Bergregal bauten die Kaiser bzw. die vom 
Kaiser beliehenen Könige und Fürsten entweder 
selbst, oder sie verliehen das Recht der Gewinnung 
andern unter bestimmten Bedingungen und gegen 
gewisse Abgaben. Bei der Bergbaukonzes- 
sion hingegen wurde die Gewinnung vom Staat 
besondern Unternehmern unter gewissen Bedin- 
gungen und für ein Entgelt überlassen. Die 
Bergbaufreiheit endlich beruht auf dem 
Grundsatz, daß die Aussuchung der bergmännisch 
nutzbaren Mineralien jedem gestattet und dem 
Finder einer solchen mineralischen Lagerstätte das 
Eigentum derselben innerhalb fester Grenzen ver- 
liehen wird. 
Das Institut der Bergbaufreiheit ist ur- 
alt. Sie bestand schon in Griechenland. Der 
Staat der Athener besaß zwar die Verfügung über 
die Bergwerksmineralien (Bergregal), aber er hat 
den Bergbau nicht auf eigene Rechnung betrieben, 
sondern er hat bestimmte Grubenfelder an einzelne 
oder mehrere Bürger gegen eine einmalige Zahlung 
und eine dauernde Abgabe verpachtet. Bei den 
Römern waren anfänglich die Bergwerke ebenfalls 
verpachtet, dann aber wurde jedem die Erschürfung 
von Bergwerksmineralien unter der Verpflichtung 
einer dauernden Abgabe gestattet. Der Coder 
Theodosianus enthält ein Edikt des Kaisers Kon- 
stantin vom Jahr 320, demzufolge für die Pro- 
vinz Afrika allen Bergbaulustigen gestattet wurde, 
Erze aus irgend welchem Bergwerk zu gewinnen, 
zu verarbeiten und zu verkaufen (lex 1 C. Th. 10, 
19). Kaiser Julian dehnte im Jahr 363 diese 
Verordnung auf den ganzen Orient aus (lex 2 
daselbst). Die Kaiser Gratian, Valentinian und 
Theodosius verordneten im Jahr 382, daß jeder, 
der auf fremdem Grund und Boden Erzgänge 
mit kunstgerechtem Bergbau verfolgte, den Zehnten 
an den Fiskus und an den Grundeigentümer zahlen 
mußte, während der übrige Betrag seiner Verfü- 
gung anheimfiel (lex 10 a. a. O.). Eine Verord- 
nung der Kaiser Theodosius, Arcadius und Ho- 
norius vom Jahr 393 läßt es unzweifelhaft, daß 
das Suchen (Schürfen) nach Mineralien auf 
fremdem Grund und Boden zu Ende des 4. Jahrh. 
bereits in fast unbeschränktem Umfang geübt und 
daß dabei selbst die Wohngebäude unterminiert 
wurden, so daß diese Kaiser die Erteilung des 
Schürfscheins, d. i. die Ermächtigung zum Auf- 
suchen der unter den Gebäuden stehenden Erze, 
verbieten mußten, damit die Gebäude nicht ein- 
stürzten lex 14 a. a. O.). Diese Verordnung 
wurde auch in das Gesetzbuch des westgotischen 
Königs Alarich II. vom Jahr 506, in das sog. 
Breviarium Alaricianum, ausgenommen. Somit 
hat bereits zu Ende des 5. Jahrh. in dem ganzen 
weiten Gebiet des römischen Reichs von Maze- 
donien und Afrika bis nach Frankreich hinein eine 
Bergwesen. 
776 
gesetzliche Einschränkung des Grundeigentums zu- 
gunsten der Bergbaufreiheit bestanden. 
In Deutschland haben wir es nach Inhalt 
der vorhandenen Urkunden in erster Linie mit dem 
Bergregal zu tun. Im 11. und 12. Jahrh. 
sind es noch die Kaiser, welche das Recht zum Berg- 
bau für sich in Anspruch nehmen und es anderweit 
an ihre Vasallen, die Landesherrn, verleihen. Hie 
und da werden aber die Bergwerke auch als Zu- 
behör der Grundstücke und des Grundbesitzes an- 
gesehen. So wird in dem etwa 1235 verfaßten 
Sachsenspiegel in direktem Gegensatz zu dem kaiser- 
lichen Regal (liber feud. II 56) auch das aus- 
schließliche Recht des Grundeigentümers an allen 
Fossilien anerkannt. Letztere durfte danach ohne den 
Willen des Grundbesitzers niemand gewinnen. 
In derselben Zeit bestand indessen an den wich- 
tigsten Punkten des deutschen Bergbaus bereits 
die Bergbaufreiheit als lokales Gewohn- 
heitsrecht. Wir begegnen ihr zunächst allenthalben. 
Sie wurde verbreitet von deutschen Bergleuten, die 
infolge ihrer Tüchtigkeit bei der zunehmenden Aus- 
dehnung des Bergbaus nach allen Gegenden be- 
rufen wurden. So finden wir die Bergbaufreiheit 
schon in der Mitte des 13. Jahrh. als ein ver- 
breitetes Gewohnheitsrecht in Meißen, Mähren 
und Ungarn. Urkundlich geschieht der Bergbau- 
freiheit zuerst Erwähnung in dem zwischen dem 
Bischof Albrecht von Trient und deutschen Berg- 
bautreibenden am 24. März 1185 geschlossenen 
Vertrag, demzufolge den Bergbautreibenden der 
freie Bergbau gegen eine Abgabe von 2 Talenten 
gestattet wurde (Fontes rer. austr. II, Bd V 
443). Die im Jahr 1208 auf Anweisung des 
Bischofs Friedrich von Trient von den Gewerken 
und andern verständigen Männern nach gemeinem 
Ratschlag entworfene, von dem genannten Bischof 
bestätigte und als Gesetz verkündete Carta Lau- 
damentorum et postarum Episcopi facta in 
facto Arzenterie (es ist dies die erste Aufzeich- 
nung der Bergwerksgebräuche und daher das äl- 
teste, allerdings in lateinischer Sprache verfaßte 
deutsche Berggesetz) basiert auf der Bergbaufreiheit 
(abgedruckt bei J. v. Sperges, Tirolische Berg- 
werksgeschichte [Wien 1765 267). Dasselbe gilt 
von dem durch den König Wenzel I. von Böhmen 
und den Markgrafen Ottokar von Mähren für 
ihr Reich in den Jahren 1249 und 1250 bestä- 
tigten Iglauer Bergrecht sowie von dem in der- 
selben Zeit durch König Bela IV. für Ungarn ein- 
geführten Schemnitzer Bergrecht; denn diese Berg- 
rechte sind mehr oder weniger nur eine Repro- 
duktion der vorerwähnten Carta Laudamentorum 
des Bischofs Friedrich von Trient. 
In Deutschland kämpften also im 13. Jahrh. 
das Regal, das Recht des Grundeigentümers und 
die Bergbaufreiheit noch um die Herrschaft. Schon 
durch das unter dem Namen der Goldenen Bulle 
bekannte Reichsgesetz Karls IV. vom 9. Jan. 
1356 wurde indessen dem Grundeigentümer das 
Verfügungsrecht über alle in seinem Grund und 
  
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.