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Boden verborgenen Metalle nebst dem Salz ge-
nommen, der Grundeigentümer als solcher also
von dem Bergbau ausgeschlossen, so daß wir es
von da ab nur noch mit zwei Prätendenten, d. i.
dem Regal des Landesherrn und der Berg-
baufreiheit, zu tun haben. Demnächst erkannten
die Landesherren das Recht des freien Suchens
nach Mineralien, das Recht des Schürfens und
das Recht des ersten Finders auf das Bergwerks-
eigentum an und behielten sich nur die herge-
brachten Abgaben und die Rechte der Polizei-
hoheit und Gerichtsbarkeit über den Bergbau vor,
so daß die Bergbaufreiheit als ursprüngliches Ge-
wohnheitsrecht schon Ende des 14. Jahrh. herr-
schendes Recht wurde und sich zum gemeinen Recht
ausbildete. Unter dem Einfluß des Bergregals
veränderte sich aber die Erwerbung des Bergwerks-
eigentums dahin, daß dasselbe nicht mehr durch
die bloße Okkupation von dem Finder erworben
wurde, daß es vielmehr bei dem Regalinhaber
oder bei der von diesem bestellten Behörde gemutet
und von ihr verliehen werden mußte. Im All-
gemeinen preußischen Landrecht wurden dement-
sprechend die Bergbaumineralien als unterirdische
Schätze der Natur bezeichnet, auf die erst vom
Staat dem Finder ein besonderes Recht verliehen
werden mußte. Die Bergordnung für Schlesien
und Glatz vom 3. Juni 1769 hat zwar dem Grund-
herrn ein Vorzugsrecht auf alle zum Regal gehö-
rigen Mineralien vor fremden Mutern noch zu-
gestanden; dieses Vorzugsrecht ist aber schon durch
Reskript vom 4. Aug. 1770 und Deklaration vom
1. Febr. 1790 als mit der allgemeinen Bergbau-
freiheit und mit dem Gedeihen des Bergbaus un-
verträglich dahin eingeschränkt worden, daß der
erste Finder auf die Fundgrube zur Hälfte der-
selben berechtigt sein, der Grundherr aber, wofern
er es nach ergangener Aufforderung verlangt hat,
zum Mitbau auf die andere Hälfte zugelassen
werden soll. Über dieses Mitbaurecht hatte sich
aber der Grundbesitzer binnen drei Monaten nach
der Aufforderung zur Erklärung bei Verlust des
Rechts bei dem Oberbergamt zu äußern.
Im Lauf der Zeit wurden in den einzelnen
Ländern zahlreiche Bergordnungen erlassen. So
galten 1815 im Königreich Preußen noch 12 sol-
cher Berggesetze, während in den linksrheinischen
Provinzen das französische Berggesetz vom 2 1. April
1810 Geltung hatte. Das Gesetz vom 1. Juli
1821 brachte einheitliche Bestimmungen über die
Verleihung des Bergeigentums auf Flözen. Von
den beiden Gesetzen vom 12. Mai 1851 ermäßigte
das eine unter gleichzeitiger Aufhebung von 24
verschiedenen Abgaben, an deren Stelle 1 % Auf-
sichtssteuer trat, die Bergwerksabgabe des Zehnten
auf den Zwanzigsten, während das andere die
Verhältnisse der Miteigentümer ordnete, den Werk-
besitzern neben der Berechtigung zur freien An-
nahme und Entlassung der Arbeiter auch die Ver-
fügung über ihr Bergeigentum und die freie Wahl
eines Repräsentanten oder Grubenvorstands über-
Bergwesen.
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trug. Das Gesetz vom 10. April 1854 sprach die
Vereinigung aller Arbeiter auf den Bergwerken,
Hütten und Salinen zu einer Knappschaft aus.
Das Gesetz vom 21. Mai 1860 schränkte die Ein-
wirkung der Bergbehörde dahin ein, daß ihr nur
noch die Wahrung der Nachhaltigkeit des Berg-
baus und die Handhabung der Sicherheitspolizei
verblieb. Nach langen Verhandlungen kam das
allgemeine preußlsche Berggesetz vom
24. Juni 1865 zustande. Dieses enthält keine
Spur mehr von dem alten Direktionsprinzip, nach
dem der Staat die Anlegung und Entlassung der
Bergleute verfügte und deren Löhne festsetzte, und
es hebt auch das landrechtliche Bergrecht auf, indem
es bestimmte Mineralien dem Verfügungsrecht
der Grundbesitzer entzieht und jedem Schürfer bzw.
jedem Muter den Anspruch auf die Verleihung der
entdeckten Mineralien mit einem Feld von vor-
geschriebener Größe sichert. Das Gesetz, das ganz
den wirtschaftspolitischen Anschauungen der libe-
ralen Epoche entsprach, die dem Großbetrieb eine
schrankenlose Freiheit gewährte, ist noch jetzt in
Kraft, doch sind wesentliche Abänderungen erfolgt.
Infolge der Bergbaufreiheit war es nämlich jeder-
mann gestattet, nach Kohlen zu schürfen, Mutungen
einzulegen und die Beleihung zu beantragen. Selbst
ausländische Gesellschaften machten von diesem
Recht Gebrauch (Hibernia z. B. ist eine englische
Gründung). Die Kohlengewinnung nahm so einen
bedeutenden Umfang an, allein es zeigte sich immer
mehr, daß nicht bloß technische Kenntnisse, sondern
auch hohe Kapitalien notwendig waren, um große
Gewinne zu erzielen. So hatten nur verhältnis-
mäßig wenig Kapitalisten den Vorteil von der
Bergbaufreiheit, d. h. der fast unentgeltlichen In-
besitznahme großer Kohlenlager, und der Bergbau
ging immer mehr in die Hände des Großkapitals
über. Es entstanden auch besondere Bohrgesell-
schaften, die ungeheure Gewinne verteilten (die
Internationale Bohrgesellschaft zu Erkelenz z. B.
500 % Dividende). So brachte die Bergbaufrei-
heit denjenigen, die sie auszunützen verstanden,
einen volkswirtschaftlich in keiner Weise zu recht-
fertigenden Nutzen, und viel zu spät entschloß man
sich, die weitere unentgeltliche Uberlassung der
Kohlenfelder an das Großkapital zu verhindern.
Vorerst wurde 1905 die lex Gamp erlassen, durch
die für zwei Jahre das Recht der freien Mutung
aufgehoben wurde. Durch die Novelle zum Berg-
gesetz vom 18. Juni 1907 erfolgte dann eine ander-
weitige gesetzliche Reglung, indem für Stein-
kohle und Kali in Preußen die Berg-
baufreiheit beseitigt wurde. Es geschah
dies in der Erwägung, daß es sich hierbei um
nationale Schätze handelt, die nicht ausschließlich
dem Großkapital zugute kommen sollen. Alter als
das preußische Berggesetz ist das österreichische
Bergrecht, das auf dem Berggesetz vom 23. Mai
1854 beruht. ç
Es gibt im Deutschen Reich bisher noch kein
Reichsberggesetz, obschon sich vielfach Be-