Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

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(societas) von Miteigentümern, doch können die 
einzelnen Miteigentümer keine Teilung verlangen, 
auch bedarf es keiner Einwilligung aller Gesell- 
schafter zum Eintritt neuer Genossen an Stelle 
schon beteiligter. Das Bergwerkseigentum steht 
den einzelnen Gewerken (Teilnehmern) als Mit- 
eigentümern zu. Die durch das Berggesetz von 
1865 geschaffene neuere Gewerkschaft ist juri- 
stische Person, als solcher steht ihr das Bergwerks- 
eigentum zu, sie wird als Bergwerkseigentümerin 
in das Grundbuch eingetragen. Die Anteile an 
einem gewerkschaftlichen Bergwerk, die Kuxe, 
sind bei der älteren und neueren Gewerkschaft von 
verschiedener Bedeutung. Der ältere Kux ist ein 
Anteil am Bergwerkseigentum, er ist eine unbeweg- 
liche, (nach Zehnteln) teilbare Sache, der wie ein 
Grundstück ein Grundbuchblatt erhält, aufgelassen 
und mit Hypotheken belastet wird und der Zwangs- 
vollstreckung in das unbewegliche Vermögen unter- 
liegt. Die ältere Gewerkschaft ist meist in 128 
solcher Kuxe zerlegt. Mit ganz vereinzelten Aus- 
nahmen sind aber seit 1865 die früheren Kuxen 
durch gewerkschaftliche Beschlüsse in 1000 Kuxe 
mit der Eigenschaft der beweglichen Sachen um- 
gewandelt worden. Der neuere Kux stellt ähnlich 
der Aktie einen Anteil am Gesellschaftsvermögen 
dar, er ist eine bewegliche, unteilbare Sache. Seine 
Inhaber werden in einem von der Gewerkschaft 
geführten Gewerkenbuch eingetragen. Die Ver- 
äußerung erfolgt durch bloße schriftliche Zession. 
Die Zahl der Neukuxe beträgt 100 oder 1000. 
Aktie und Neukux unterscheiden sich, von der ver- 
schiedenartigen Organisation der Aktiengesellschaft 
und Gewerkschaft abgesehen, namentlich dadurch, 
daß die Aktie auf einen Betrag, der Kux auf einen 
Bruchteil des Gewerkschaftsvermögens lautet, daß 
der Kuxinhaber zu eventuellen Zubußen verpflichtet 
ist und der Kuxschein nur auf den Namen lautet. 
Der Gewerke hat bei beiden Arten der Gewerkschaft 
einen seinem Anteil entsprechenden Anspruch auf 
den Gewinn des Bergwerks, er bleibt aber nötigen- 
falls zur Leistung von Nachschüssen, Zubußen, 
verpflichtet, doch kann er unter Überreichung des 
Kurxscheins den Verkauf seines Anteils anheim- 
stellen. Derselbe erfolgt bei älteren Kuxen im 
Weg des Immobiliar-, bei neueren im Weg der 
Mobiliarzwangsvollstreckung. Wichtig ist auch, 
daß schon zwei Mitbeteiligte eines Bergwerks eine 
(neuere) Gewerkschaft bilden können. 
4. Abgaben. Der Bergbau unterliegt der 
Gewerbesteuer, ebenso auch vielfach der Umsatz- 
steuer. Die Gesellschaften werden zur Einkommen- 
steuer herangezogen. Besondere Bergwerksabgaben 
gibt es in Preußen nicht mehr, seitdem durch das 
Gesetz vom 14. Juli 1898 wegen Aufhebung 
direkter Staatssteuern die Bergwerksabgaben und 
Ausfsichtssteuer außer Hebung gesetzt worden sind. 
Die staatliche Bergwerkssteuer erbrachte 1852 
536 806 Taler, 1878 2952 138 M, 1883 
4211721 M. 1894 (imletzten Jahr) 6883717 M. 
Das letzte Prozent der von dem ursprünglichen 
Bergwesen. 
  
790 
landesherrlichen Zehnten noch übrig gebliebenen 
staatlichen Bergwerksabgabe wird laut dem erwähn- 
ten Gesetz von 1898 in Preußen von den staatlich 
verliehenen Bergwerken seit dem 1. April 1895 nicht 
mehr erhoben. Diese Steuer ist aber nur zeitweilig 
„außer Hebung gesetzt“. Der Herzog von Aren- 
berg hat in seiner Eigenschaft als staatlich aner- 
kannter Inhaber des Privatbergregals in dem 
ehemaligen Vest Recklinghausen die Weitererhebung 
einer Abgabe von allen verliehenen und betriebenen 
Bergwerken mit Erfolg geltend gemacht. Die Har- 
pener Bergbaugesellschaft, die diesen Anspruch für 
unbegründet hielt, klagte gegen den Regalbesitzer 
auf Rückerstattung der bereits bezahlten Steuer- 
beträge, sie wurde aber durch Urteil des Reichs- 
gerichts vom 81. Mai 1899 mit ihren Anträgen 
endgültig abgewiesen. 
III. Vergarbeiter. 1. Geschichte und 
Statistik. Wir haben bereits gesehen, daß im 
Altertum die Arbeit in den Bergwerken von Skla- 
ven betrieben wurde, im Mittelalter aber in Deutsch- 
land freien Männern zufiel. Die Bergleute er- 
hielten gewisse Sonderrechte, die auch äußerlich 
vielfach zum Ausdruck kamen, namentlich in den 
Knappschaften, welche gegenseitige Unterstützung 
und Wahrung der Standesehre bezweckten. All- 
mählich griff der Staat in die Knappschaftsorga- 
nisation ein und setzte nicht bloß die Löhne fest, 
sondern besorgte auch die Annahme und Ent- 
lassung der Bergleute. Im Gegensatz zu der frü- 
heren Praxis führte das Berggesetz von 1865 eine 
völlige Freiheit des Arbeitsverhältnisses ein, dessen 
Reglung es den Beteiligten überließ. Seither ist 
aber die Rechtsstellung der Bergarbeiter wenigstens 
in einzelnen Punkten gesetzlich geregelt worden. 
Im übrigen beschränkt sich der Staat darauf, die 
Beobachtung der gesetzlichen Vorschriften über den 
Bergbau und die Bergarbeiter zu überwachen und 
die Aufsicht über die Knappschaftsvereine aus- 
zuüben. 
Belegschaftszahlen der wichtigsten Länder. 
Stein- Braun. Son- 
*i 
kohlen- kohlen= stiger 
bergbaubergbau Bergbau 
  
  
  
Länder 
  
Zu- 
sammen 
  
  
Deutschland (1906) 511 108 58 637 5 108 688 853 
Luxemburg (1900) — — 6278 278 
Frankreich (1905) 171537138567 | 18261 193 365 
Algier (1900) — 3 5281 52 
Großbritannien 1907) 909 051 — 31 567 5510 618 
Belgien (19060). 138 500 — 693 135 445 
sterreich (1906) 68 11553 04 13 16 
Ungarn (1905 8 609 29 198: 28 110 65 917 
Schweden (1905) 12230 14 283 
2058 — 12230 1-4 
Spanien (1905) 22213) 1427 81758 105428 
  
Italien (1900) 3 198 60 798 63996 
Rußland (l004 177763 - 
Verein. Staaten (1905) 626 815 I 
Von den in Deutschland im Bergbau beschäf- 
tigten Arbeitern entfallen 85 % auf Preußen. 
Die Belegschaft des Ruhrkohlenbezirks, 1907 
309 311 Mann, stammt aus den verschiedensten 
Teilen Deutschlands und des Auslands (90 000 
aus den östlichen Provinzen, 11 000 aus Oster= 
reich-Ungarn, 3000 aus Holland, 2500 aus
	        
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