Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

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Da die Beschlagnahme die Wirkung eines Ver- 
äußerungsverbots hat, so folgt daraus, daß der 
ihrer ungeachtet erfolgte Erwerb eines beschlag- 
nahmten Gegenstandes dem Gläubiger gegenüber 
unwirksam ist und zur Rückgabe des Gegenstandes 
an ihn verpflichtet, sofern nicht die Veräußerung 
beweglicher Sachen in den Grenzen ordnungs- 
mäßiger Wirtschaft in Frage steht. Der Erwerber 
hat solchenfalls gegen den Schuldner eine Ersatz- 
sorderung; soweit es für diese darauf ankommt, 
ob jener die Beschlagnahme kannte, steht die Kennt- 
nis des Verwaltungs= oder Versteigerungsantrags 
einer Kenntnis der Beschlagnahme gleich. Bei der 
Zwangsversteigerung, welche nach ihrem Zweck 
zur baldigen Befriedigung des Gläubigers aus 
dem Grundstück führt, verbleibt dem Schuldner 
die Verwaltung und Benutzung des Grundstücks, 
die ihm bei der Zwangsverwaltung, durch welche 
der Gläubiger seine Befriedigung aus den Grund- 
stückserträgen erstrebt, entzogen wird; die Be- 
schlagnahme umfaßt deshalb bei dieser auch die 
Miet= und Pachtzinsforderungen und die auf 
dinglichem Recht beruhenden wiederkehrenden Lei- 
Beschlagnahme. 
  
stungen. Beantragt der Konkursverwalter die 
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dige Beschwerde gegeben (Reichsgesetz über die 
Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung vom 
24. März 1897). 
Beschlagnahmewirkung hat auch der durch Ge- 
richtsbeschluß angeordnete Arrest zur Sicherung 
der Zwangsvollstreckung in das bewegliche und 
unbewegliche Vermögen (Reichszivilprozeßordnung 
88 916 ff). 
In dem Zivil= und Militär strafverfahren 
können diejenigen Gegenstände mit Beschlag belegt 
werden, welche als Beweismittel für eine Unter- 
suchung von Bedeutung sind oder der Einziehung 
unterliegen. Mit dieser Zweckbeschränkung sind 
alle Gegenstände beschlagnahmefähig, welche sich 
in dem Gewahrsam einer Person befinden und 
von dieser nicht freiwillig herausgegeben werden. 
Dem römischen Strafverfahren war diese Editions- 
pflicht unbekannt, der Inquisitionsprozeß schuf sie 
zunächst für den Beschuldigten und dehnte sie der 
Zeugnispflicht analog auf Dritte aus; ausge- 
nommen sind nunmehr von der Beschlagnahme 
nur die schriftlichen Mitteilungen zwischen dem 
Beschuldigten und den zur Zeugnisverweigerung 
berechtigten Personen, also den Angehörigen, dem 
Zwangsvollstreckung in Grundstücke des Gemein= Seelsorger, dem Verteidiger, dem Arzt, falls sich 
schuldners, oder erfolgt die Versteigerung von die Mitteilungen noch in den Händen der letzteren 
Grundstücken zum Zweck der Aufhebung einer Personen befinden und diese nicht der Teilnahme, 
Gemeinschaft, so hat die Versteigerungsanordnung Begünstigung oder Hehlerei verdächtig sind. Auch 
die Wirkung der Beschlagnahme nur in beschränk= die in amtlicher Verwahrung befindlichen Gegen- 
tem Umfang. Im Konkurs des Schuldners bleibt stände, Akten und Schriftstücke können beschlag- 
die vorher von einem Gläubiger herbeigeführte nahmt werden, sofern nicht die dem verwahrenden 
Beschlagnahme unbeweglichen Vermögens wirk= Beamten vorgesetzte Behörde Einspruch erhebt. 
sam, obgleich der Konkurs anderweitige Veräuße= Reichs= und Landtagsabgeordnete sind von der 
rungsverbote gegen den Gemeinschuldner aufhebt. Beschlagnahme insofern befreit, als sie nicht wäh- 
Bei Schiffen und bei Bergwerken hat die An= rend der Session zur Untersuchung gezogen werden 
ordnung der Zwangsversteigerung gleichfalls die 
Wirkung der Beschlagnahme, doch sind bei Berg- 
werken die bereits gewonnenen Mineralien von 
ihr ausgenommen. Eine Beschlagnahme von 
Schiffsparten ist ausgeschlossen. 
Zuständig zur Beschlagnahmeanordnung ist 
das Amtsgericht, in dessen Bezirk das Grundstück, 
das Bergwerk oder das Schiff belegen ist, und das 
die Zwangsvollstreckung eingeleitet hat. Die Be- 
schlagnahme endigt mit dem Gerichtsbeschluß, 
durch welchen der Zuschlag des Grundstücks dessen 
Ersteher in der Zwangsversteigerung erteilt oder 
die Zwangsversteigerung oder die Zwangsver- 
waltung auf Antrag des Gläubigers oder von 
Amts wegen vor der Versteigerung aufgehoben 
wird. Nach dem Versteigerungstermin kann die 
Aufhebung des Verfahrens nicht mehr durch Auf- 
hebung, sondern nur durch Versagung des Zu- 
schlags beendigt werden. Der erteilte Zuschlag 
wird mit der Verkündigung wirksam, doch ist aufF 
den Antrag eines Beteiligten bis zur Zahlung 
oder Hinterlegung des Bargebots das Grundstück 
  
  
können. Die Freiheit von der Beschlagnahme ist 
den den Exterritorialen gehörigen Gegenständen 
sowie den Konsulatsarchiven vertragsmäßig ga- 
rantiert. Bei den deutschen Landesherren und 
ihren Familienangehörigen sowie bei den Mit- 
gliedern der Familie Hohenzollern richtet sich das 
Recht zur Beschlagnahme nach ihren Hausgesetzen 
oder dem Landesrecht, soweit sich in diesen Vor- 
schriften befinden. 
Die Beschlagnahme wird mit ihrer Anordnung 
wirksam; für diese genügt jede amtliche Hand- 
lung, welche das Verbot der Verfügung über den 
Gegenstand zum Ausdruck bringt. Mit der Fest- 
nahme einer Person sind alle in deren Besitz be- 
findlichen Gegenstände in Beschlag genommen, 
selbst wenn der festnehmende Beamte als solcher 
zur Beschlagnahme nicht befugt gewesen wäre. 
Der Beschlagnahmeakt ist in jeder Lage des Straf- 
verfahrens zulässig; er bewirkt die Unterwerfung 
des Gegenstands unter die staatliche Gewalt; es 
kann die Wohnung nach ihm durchsucht, und er 
kann jedermann zwangsweise weggenommen wer- 
in gerichtliche Verwaltung zu nehmen. Gegen die den. Der Versuch, ihn der Staatsgewalt zu ent- 
Beschlagnahmeverfügung ist ein Rechtsmittel nur ziehen, begründet die Strafbarkeit aus den 8§ 133 
als Beschwerde gegen den Versteigerungs= oder 137 des Strafgesetzbuchs, und bei einem Beamten 
Verwaltungsbeschluß, nicht auch eine selbstän= als Täter aus den 88 346 348 349 daselbst.
	        
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