Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

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Die Weigerung der Vorlegung oder Auslieferung 
des Beschlagnahmegegenstands wird durch Geld- 
strafe und Zwangshaft gebrochen. Doch sind diese 
Maßregeln gegenüber den zur Zeugnisverweige- 
rung berechtigten Personen ausgeschlossen. 
Beendigt wird die Beschlagnahme mit der 
Aufhebung ihrer Anordnung; diese hat zu er- 
folgen, wenn der Prozeßzweck ihre Fortdauer 
nicht mehr erheischt und ihre Einziehung oder Un- 
brauchbarmachung nicht in Frage steht. Der be- 
schlagnahmt gewesene Gegenstand ist dem zurück- 
zugeben, welchem er durch die strafbare Handlung 
entzogen worden war, falls nicht Ansprüche Dritter 
entgegenstehen. Erheben Dritte Ansprüche auf den 
Gegenstand, so haben sie dieselben im Prozeßweg 
eventuell durch einstweilige Verfügung geltend zu 
machen. Die Freigabe des Gegenstands seitens 
der Behörde ist eine Verwaltungsmaßregel, durch 
die über das Recht an demselben nicht entschieden 
wird. Daher ist auch dem Verletzten nicht heraus- 
zugeben, was mit dem Erlös von durch die straf- 
bare Handlung entzogenen Gegenständen ange- 
schafft worden ist. 
Zuständig zur Beschlagnahmeanordnung ist 
der Richter (Gerichtsherr), in Eilfällen auch der 
Staatsanwalt (Untersuchungsführer) und jeder 
ihm als Hilfsbeamte unterstellte Polizei= und 
Sicherheitsbeamte, nicht auch ein sonstiger Polizei- 
beamter. Zur Ausführung der von dem zustän- 
digen Beamten angeordneten Beschlagnahme ist 
in seinem Amtsbezirk jeder Beamte befugt, der 
den Ausführungsauftrag erhalten hat. Die ört- 
liche Zuständigkeit des anordnenden Beamten wird 
durch seine Zuständigkeit für das Strafverfahren 
bestimmt. In militärischen Dienstgebäuden (auch 
Kriegsschiffen) wird die Beschlagnahme durch die 
Militärbehörde ausgeführt. Ist im Zivilstrafver- 
fahren die Beschlagnahme ohne richterliche Anord- 
nung erfolgt, so soll der anordnende Beamte 
binnen drei Tagen die richterliche Bestätigung 
nachsuchen, wenn bei der Ausführung der Be- 
schlagnahme weder der davon Betroffene noch ein 
erwachsener Angehöriger anwesend war, oder wenn 
der Betroffene oder der ihn vertretende Angehö- 
rige gegen die Beschlagnahme ausdrücklichen 
Widerspruch erhoben hat. Der von der Beschlag- 
nahme Betroffene, also nicht bloß der Beschul- 
digte, sondern jeder Eigentümer oder sonstige Be- 
rechtigte kann jederzeit die richterliche Entscheidung 
über die Beschlagnahme nachsuchen. Diese erfolgt 
vor der Erhebung der öffentlichen Klage durch den 
Amtsrichter, in dessen Bezirk die Beschlagnahme 
stattgefunden hat; gegen dessen Entscheidung ist 
die Beschwerde und weitere Beschwerde gegeben. 
Nach Erhebung der öffentlichen Klage entscheidet 
der Untersuchungsrichter, wenn Voruntersuchung 
geführt wird, sonst das für das Hauptverfahren 
zuständige Gericht. Ist durch die Staatsanwalt- 
schaft oder einen ihrer Hilfsbeamten nach erho- 
bener öffentlicher Klage eine Beschlagnahme er- 
folgt, so ist binnen drei Tagen dem Richter von 
Beschlagnahme. 
  
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der Beschlagnahme Anzeige zu machen und sind 
demselben die in Beschlag genommenen Gegen- 
stände zur Verfügung zu stellen. Die an den Be- 
schuldigten gerichteten Briefe, Postsendungen und 
Telegramme wie auch diejenigen Briefe, Sendun- 
gen und Telegramme, in betreff deren Tatsachen 
vorliegen, aus welchen zu schließen ist, daß sie von 
dem Beschuldigten * oder für ihn bestimmt 
sind, und daß ihr Inhalt für die Untersuchung 
von Bedeutung ist, können im Zivil= und Militär- 
strafverfahren von dem Richter (Gerichtsherrn) 
und bei Untersuchungen, die nicht bloß eine Über- 
tretung betreffen, in Eilfällen auch von dem Staats- 
anwalt (Untersuchungsführer) auf der Post oder 
der Telegraphenanstalt beschlagnahmt werden. Die 
Staatsanwaltschaft muß jedoch den ihr hier aus- 
gelieferten Gegenstand sofort, und zwar Briefe 
und andere Postsendungen uneröffnet, dem Richter 
vorlegen; wenn dieser die Beschlagnahme nicht 
binnen drei Tagen bestätigt hat, so tritt dieselbe 
ohne Aufhebungsverfügung außer Kraft. Von 
den getroffenen Maßregeln sind die Beteiligten 
zu benachrichtigen, sobald dies ohne Gefährdung 
des Untersuchungszwecks geschehen kann. Dieselben 
haben das Beschwerderecht. Mit der Aufhebung 
der Beschlagnahme sind die Briefe, Sendungen 
und Telegramme dem Adressaten auszuhändigen. 
Eine Veröffentlichung ihres Inhalts ist nicht 
weiter zulässig, als der Zweck des Strafverfahrens 
es erfordert (vgl. d. Art. Briefgeheimnis). Auf den 
Seeschiffen ist, während das Schiff sich auf der See 
oder im Ausland befindet, der Schiffer jederzeit 
berechtigt, die Effekten derjenigen Schiffsleute, 
welche sich einer strafbaren Handlung verdächtig 
gemacht haben, nach Beweisstücken zu durchsuchen 
und die gefundenen Überführungsstücke zu be- 
schlagnahmen. Bei Antragsdelikten ist die Be- 
schlagnahme vor der Antragstellung zulässig, aber 
wieder aufzuheben, wenn der Strafantrag nicht 
fristzeitig, im Militärstrafverfahren nicht binnen 
einer Woche seit dem Vollzug der Beschlagnahme 
gestellt wird (vgl. Reichsstrafprozeßordnung vom 
1. Febr. 1877 und Reichsmilitärstrafgerichtsord- 
nung vom 1. Dez. 1898). 
Die Beschlagnahme einzelner Gegenstände zum 
Zweck ihrer Einziehung ist zulässig in den Fällen, 
in welchen das Gesetz die Vernichtung oder Un- 
brauchbarmachung bestimmter Gegenstände ver- 
ordnet, z. B. in den §§ 40/42 St.G.B., welche 
die Einziehung der durch ein vorsätzliches Ver- 
brechen hervorgebrachten oder zur Begehung eines 
Verbrechens gebrauchten und bestimmten Gegen- 
stände und der Exemplare einer strafbaren Schrift 
oder sonstigen Darstellung aussprechen. Der 
§ 152 des St.G.B. verfügt die Einziehung des 
nachgemachten oder verfälschten Geldes und der 
benutzten Stempel, Siegel, Stiche, Platten oder 
Formen. Die 88 295 und 296 a lassen die Ein- 
ziehung der zu Jagd-oder Fischereifreveln ver- 
wendeten Fanggeräte zu (vgl. noch 88 360 367 
369 des St.G.B.; die Gesetze über das Urheber-
	        
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