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und negativer Einfluß auf die Wahl gewährt,
und zwar in der Art, daß von ihnen als mißliebig
bezeichnete Personen von derselben ausgeschlossen
bleiben. Die Ausübung dieses Ausschluß-
rechts zeigt jedoch Verschiedenheiten, die in der
verschiedenen Fassung der hierauf bezüglichen Be-
stimmungen ihren Grund haben. In Betreff der
altpreußischen Dihzesen ist die maßgebende
Bestimmung nicht in der Bulle De salute anima-
rum, sondern in einem eigenen, an die Domkapitel
gerichteten Breve Quod de fidelium enthalten,
das aber wie diese vom 16. Juli 1821 datiert ist
und einen integrierenden Teil derselben bildet. In
diesem Breve werden die Domkapitel angewiesen,
keine dem König minus grata persona zu wäh-
len, und deshalb vor der Wahl sich darüber zu
vergewissern, wer eine solche persona minus grata
ist. Ein bestimmtes Verfahren indes, welches zur
Erlangung dieses Resultats zu befolgen ist, ist
nicht vorgeschrieben. Es ist aber üblich geworden,
hier denselben modus zur Anwendung zu bringen,
der für andere Diöbzesen infolge geschehener Ver-
einbarung verbindlich ist, und der auch an sich an-
gemessen und zweckmäßig erscheinen mußte, näm-
lich das sog. Listenverfahren. Dasselbe besteht
darin, daß die wahlberechtigten Domkapitulare
(Ehrenkanoniker eingeschlossen) eine Reihe von
Kandidaten bezeichnen oder eine Kandidatenliste
aufstellen, die dann dem König zu dem Zweck
vorgelegt wird, die personae minus gratae zu
streichen. Da indes dieses Verfahren nur auf
Grund seiner Angemessenheit beliebt ist und die
preußische Regierung die Einführung des sog.
irischen Wahlmodus, auf dem dasselbe beruht,
ausdrücklich abgelehnt hat, so steht es ganz außer
Zweifel, daß der König eventuell alle in der Liste
aufgeführten Kandidaten als personae minus
gratae zu bezeichnen, also von der Wahl auszu-
schließen berechtigt ist. Auch die Kapitel sind
keineswegs an die eingereichte Liste gebunden;
sie können vielmehr neben derselben auf anderem
Weg den Landesherrn um seine Außerung über
noch andere Personen ersuchen und je nachdem
auch diese in den Kreis der wählbaren Kandidaten
stellen. Rücksichtlich der beiden Diözesen in der
Provinz Hannover verhält sich dieses anders,
indem hier der sog. irische Wahlmodus durch
die Bulle Impensa vom 26. März 1824 vorge-
schrieben ist. Demzufolge muß innerhalb eines
Monats nach eingetretener Vakanz des bischöf-
lichen Stuhls der Regierung eine Kandidatenliste
vorgelegt werden; diese kann jedoch nicht alle von
der Wahl ausschließen, sondern nur insoweit, daß
die zu einer Wahl erforderliche Zahl von Kan-
didaten, also mindestens drei, belassen werden.
Ganz dasselbe Verfahren ist durch die Bulle
Ad dominici gregis custodiam vom 11. April
1827 für die Diözesen der oberrheinischen
Kirchenprovinz vorgeschrieben. Während aber
neben der Bulle Impensa ein weiteres Breve be-
züglich der Wahlangelegenheit nicht erfolgt ist
Bischofswahl.
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und deshalb diese über die Ausübung des landes-
herrlichen Ausschließungsrechts die allein maß-
gebende Bestimmung enthält, ist hier neben der
genannten Bulle noch ein ganz besonderes Breve
Re sacra vom 28. Mai 1827 erlassen, das mit
dem an die preußischen Domkapitel gerichteten in-
haltlich gleichlautend ist. Dieses Breve hat beie
Veranlassung der Freiburger Erzbischofswahl
1868 bezüglich der Ausübung der Exklusive seitens
des Landesherrn eine Streitfrage veranlaßt. Die
Verfechter des landesherrlichen Rechts sehen
in jenem einen integrierenden Bestandteil der mit
den Regierungen vereinbarten Organisationsbe-
stimmungen der oberrheinischen Kirchenprovinz.
Und zwar wolle es die Vorschriften der Bulle in
dem Sinn erläutern, daß die Wahl einer per-
sona minus grata überhaupt ausgeschlossen sein
solle. Hiernach werde durch die Bulle das Listen-
verfahren als der obligatorische modus bestimmt,
um die dem Ausschließungsrecht des Landesherrn
gegenüber wahlfähigen Personen festzustellen; das
Breve dagegen enthalte die eigentlich prinzipielle
Bestimmung, nach der die Kapitel ihr Verhalten
zu regeln haben. Die Regierungen brauchten des-
halb eine Beeinträchtigung des ihnen in dem
Breve eingeräumten Rechts nicht zu dulden; sie
seien vielmehr befugt, eine Liste, welche nur die
Wahl einer persona minus grata offen läßt, dem
Kapitel zur Ergänzung bzw. Erneuerung zurück-
zureichen. Angesichts solcher Rechtsdeduktionen
wird jedoch kirchlicherseits hervorgehoben,
daß damit die Bischofswahl ganz in die Hand
der Regierung gelegt sei und das so geregelte
Wahlverfahren eben dazu dienen würde, das
kirchenrechtlich und auch durch die Bulle garan-
tierte Wahlrecht der Domkapitel illusorisch zu
machen. In dieser letzteren sei eben die prinzipielle
Seite zum Ausdruck und zur Anerkennung gebracht,
der gegenüber das Breve unmöglich die Bedeutung
haben könne, der Regierung ein anderes, nament-
lich ein so weitgehendes Recht einzuräumen; das-
selbe enthalte nur eine Mahnung an die Wahl-
kollegien, keine persona minus grata zu wählen.
So stehen in dieser Streitfrage Prinzip gegen
Prinzip, Ansprüche des Staats und Wahrung des
kirchlichen Wahlrechts einander gegenüber, und
bei einer derartigen Lage der Dinge kann eine er-
sprießliche Lösung für die Praxis wohl nur auf
dem Weg der Vereinbarung zwischen Papst und
Landesregierung erfolgen.
Literatur. v. Below, Die Entstehung des
ausschließlichen Wahlrechts der Domkapitel mit
bes. Rücksicht auf Deutschland (1883); Fleiner,
Staat u. B.en im Bistum Basel (1897); E. Fried-
berg, Das Veto der Regierungen bei B.en in Preu-
ßen u. der oberrhein. Kirchenprovinz u. das Recht
der Domkapitel (1869); ders., Der Staat u. die
B.en in Deutschland (1874); Funk, Die B. im
christl. Altertum u. im Anfang des Mittelalters
(Kirchengesch. Abh. 1 237); Gerdes, Die B.en in
Deutschland unter Otto dem Großen (1878); Hir-
schel, Das Recht der Regierungen bezügl. der B.en