Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

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Tätigkeit an der Börse eine mit der Ehre oder dem 
Anspruch auf kaufmännisches Vertrauen nicht 
zu vereinbarende Handlung haben zuschulden 
kommen lassen (88 9 ff). Die Einsetzung eines 
Börsenschiedsgerichts zur Schlichtung von Strei- 
tigkeiten aus Börsengeschäften ist zwar nicht vor- 
geschrieben, jedoch zugelassen. Hierfür gelten die 
allgemeinen Bestimmungen der Prozeßordnung 
über die Schiedsgerichte; eine besondere Bestim- 
mung über die Rechtsgültigkeit einer Vereinbarung, 
wonach sich die Beteiligten einem Schiedsgericht 
unterwerfen, ist in § 28 enthalten. Dem Bundes- 
rat wie dem Reichskanzler sind einige besondere 
Befugnisse zur Verhütung von Mißbräuchen ein- 
geräumt. 
Die Feststellung des Börsenpreises er- 
folgt durch den Börsenvorstand unter Mitwirkung 
der Kursmakler. Letztere sind einerseits ge- 
werbsmäßige Vermittler von Handelsgeschäften 
an der Börse, deren Rechtsstellung sich zunächst 
nach dem Handelsgesetzbuch richtet, anderseits Be- 
amte, deren Stellung und Geschäftsgebaren einer 
Reihe von Sonderbestimmungen unterworfen sind. 
Als Börsenpreis ist derjenige Preis festzusetzen, 
welcher der wirklichen Geschäftslage des Verkehrs 
an der Börse entspricht. 
Die Zulassung von Wertpapieren 
zum Börsenhandel erfolgt an jeder Börse durch 
eine Kommission (Zulassungsstelle); sie hat die 
Pflicht, darüber zu wachen, daß das Publikum 
über alle zur Beurteilung der Papiere notwendigen 
Verhältnisse so weit als möglich aufgeklärt wird, 
auch die dieserhalb beizubringenden Urkunden zu 
prüfen, bei Unvollständigkeit der Angaben die 
Emission nicht zuzulassen, die Zulassung auch dann 
zu versagen, wenn durch sie erhebliche allgemeine 
Interessen geschädigt oder das Publikum offenbar 
übervorteilt würde. Sache des Publikums ist es 
aber, sich selbst ein Urteil über die Papiere auf 
Grund der Unterlagen zu bilden. Diese bestehen 
hauptsächlich in den in einem Prospekt nieder- 
zulegenden Angaben, welcher vor der Zulassung 
zu veröffentlichen ist (Prospektzwang, § 38). 
Auf Grund des Prospekts können gegen die Er- 
lasser desselben unter gewissen Voraussetzungen 
Ansprüche auf Haftung geltend gemacht werden 
(8§ 45 ff). Deutsche Reichs= und Staatsanleihen 
sind ohne weiteres an jeder Börse zum Börsen- 
handel zugelassen, und für Schuldverschreibungen, 
deren Dienst vom Reich oder einem Bundesstaat 
gewährleistet ist, oder welche von kommunalen 
Körperschaften oder von Pfandbriefanstalten her- 
rühren, kann angeordnet werden, daß der Pro- 
spektzwang wegfällt. Die Zulassung von Aktien 
darf nicht vor Ablauf eines Jahrs nach Ein- 
tragung der Gesellschaft ins Handelsregister und 
nicht vor der Veröffentlichung der ersten Jahres- 
bilanz nebst Gewinn= und Verlustrechnung er- 
folgen. Für Wertpapiere, welche zur öffentlichen 
Zeichnung aufgelegt werden, darf vor beendeter 
Zuteilung an die Zeichner eine amtliche Fest- 
Börse. 
  
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stellung des Preises nicht erfolgen. Für Wert- 
papiere, deren Zulassung verweigert oder nicht 
nachgesucht wurde, ist amtliche Feststellung des 
Preises unzulässig. Geschäfte in solchen Papieren 
sind von der Benutzung der Börseneinrichtungen 
ausgeschlossen und dürfen von den Kursmaklern 
nicht vermittelt noch Preislisten darüber ver- 
öffentlicht werden. 
Das Börsentermingeschäft war schon 
früher und ist jetzt erst recht nicht prinzipiell ver- 
boten; jedoch ist der Bundesrat befugt, den 
Börsenterminhandel von Bedingungen abhängig 
zu machen, sowohl im allgemeinen (§ 50) als 
auch für bestimmte Waren oder Wertpapiere. 
Die Zulassung zum Börsenterminhandel erfolgt 
durch den Börsenvorstand; dieser hat vorher in 
jedem einzelnen Fall Vertreter der beteiligten Er- 
werbskreise gutachtlich zu hören und das Ergebnis 
dem Reichskanzler mitzuteilen. Die Zulassung 
von Wertpapieren darf nur erfolgen, wenn die 
Gesamtsumme der Stücke, in denen der Börsen- 
terminhandel stattfinden soll, sich nach ihrem 
Nennwert mindestens auf 20 Mill. M beläuft. 
Anteileinerinländischen Erwerbsgesellschaft dürfen 
nur mit Zustimmung der Gesellschaft zum Börsen- 
terminhandel zugelassen werden. Eine erfolgte Zu- 
lassung ist auf Verlangen der Gesellschaft spätestens 
nach Ablauf eines Jahrs wieder zurückzunehmen. 
Soweit Termingeschäfte in bestimmten Waren 
oder Papieren verboten sind oder nicht nach den 
dafür festgesetzten Bedingungen stattfinden, ist die 
Benutzung der Börseneinrichtungen dazu und Ver- 
mittlung durch die Kursmakler dafür ausge- 
schlossen; auch dürfen Preislisten darüber nicht 
veröffentlicht werden. Erlaubte Börsentermin- 
geschäfte in Waren und Wertpapieren sind nur 
verbindlich, wenn auf beiden Seiten in das 
Handelsregister eingetragene Vollkaufleute oder 
eingetragene Genossenschaften die Vertragschließen- 
den sind. Dem steht gleich, wenn die Eintragung 
nach § 36 des H. G. B. gar nicht erforderlich 
ist; auch haben andere Personen, welche berufs- 
mäßig Börsentermingeschäfte oder Bankgeschäfte 
betreiben, es früher taten bzw. die zur Teilnahme 
am Börsenhandel zugelassen sind, die gleiche Ge- 
schäftsfähigkeit, ebenso Ausländer (8§ 52 f). Aber 
nur in das Handelsregister eingetragene Vollkauf- 
leute und Genossenschaften können, wenn sie mit 
nicht in dieser Weise börsentermingeschäftsfähigen 
Personen ein Termingeschäft in Wertpapieren ab- 
schließen, aus einer Sicherheit Befriedigung 
suchen, welche sie sich (in bestimmter Art und nach 
streng vorgeschriebenen Förmlichkeiten) für die Er- 
füllung des Geschäfts bestellen ließen; ein solches 
Geschäft wird aber auch für sie selbst verbindlich, 
falls sie die Sicherheitsleistung annehmen (8 54). 
Das auf Grund des Geschäfts Geleistete kann 
nicht deshalb zurückgefordert werden, weil für den 
Leistenden eine Verbindlichkeit nicht bestanden hat; 
auch ist gegen Forderungen aus Börsentermin- 
geschäften Aufrechnung auf Grund anderer gleich-
	        
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