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artiger Geschäfte zulässig, selbst wenn diese Geschäfte
(nachss§ 52 u. 54) eine Forderung nicht begründen.
Ein nicht verbotenes Börsentermingeschäft gilt als
von Anfang an verbindlich, wenn der eine Teil
bei oder nach dem Eintritt der Fälligkeit sich dem
andern Teil gegenüber mit der Bewirkung der
vereinbarten Leistung einverstanden erklärt und der
andere Teil diese Leistung an ihn bewirkt hat
(657). Der Differenz= oder Spielein-
wand (nach 8§§ 762 u. 764 des B. G. B.) kann
von demjenigen, für welchen das Börsentermin-
geschäft nach den Vorschriften der §§ 53, 54 oder
57 verbindlich ist, nicht erhoben werden. Bleibt
aber ein solcher Einwand zulässig, so ist doch Be-
friedigung aus der Sicherheit oder Aufrechnung
nach § 54 und § 56 möglich. Ferner ist das
Schuldanerkenntnis eines nicht Terminhandels-
fähigen wirksam.
Börsentermingeschäfte in Anteilen von
Bergwerks= und Fabrikunternehmungen
sind nur mit Genehmigung des Bundesrats zu-
lässig. Durch ein in solchen Anteilen nicht er-
laubtes oder sonstwie vom Bundesrat verbotenes
Börsentermingeschäft wird eine Verbindlichkeit
nicht begründet; die Unwirksamkeit erstreckt sich
auch auf etwaiges Bestellen einer Sicherheit. Doch
kann das abgesehen davon auf Grund des Ge-
schäfts Geleistete nicht wegen der Unverbindlichkeit
zurückgefordert werden.
Gesetzlich verboten sind Börsenterminge-
schäfte in Getreide und Erzeugnissen der
Getreidemüllerei. Durch ein derartiges Ge-
schäft wird eine Verbindlichkeit nicht begründet,
und die Unwirksamkeit erstreckt sich auch auf die
Bestellung einer Sicherheit (§ 64). Das Recht auf
Rückforderung des Geleisteten erlischt in bestimmter
Frist (§ 66). Alle Vorschriften der §§ 50 bis 66
finden jedoch keine Anwendung auf handels-
rechtliche Lieferungs-(Kauf= und sonstige
Anschaffungs-Hgeschäfte in Getreide und Er-
zeugnissen der Getreidemüllerei nach vom Bundes-
rat genehmigten Geschäftsbedingungen, für welche
das Gesetz Normativbestimmungen angibt. Dabei
dürfen als Vertragschließende nur beteiligt sein:
1) Erzeuger oder Verarbeiter von Waren derselben
Art, wie die, welche den Gegenstand des Ge-
schäfts bilden, oder 2) solche Kaufleute oder ein-
getragene Genossenschaften, zu deren Geschäfts-
betrieb der Ankauf, der Verkauf oder die Be-
leihung von Getreide oder Erzeugnissen der Ge-
treidemüllerei gehört (8§ 67). Diese handelsrecht-
lichen Lieferungsgeschäfte werden allerdings aus-
drücklich dem Spieleinwand (3762 B.G. B.) ent-
zogen. Wird aber ein auf Lieferung von Getreide
oder Müllereierzeugnissen lautender Vertrag in der
Absicht geschlossen, daß der Unterschied zwischen
dem vereinbarten Preis und dem Börsen= oder
Marktpreis der Lieferungszeit von dem verlieren-
den Teil an den gewinnenden gezahlt werden soll,
so finden die Vorschriften des § 64 auch dann
Anwendung, wenn es sich nicht um ein verbotenes
Börse.
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Börsentermingeschäft handelt. Dies gilt auch dann,
wenn nur die Absicht des einen Teils auf die
Zahlung des Unterschieds gerichtet ist, der andere.
Teil aber diese Absicht kennt oder kennen muß
(6 68). Für verbotene Börsentermingeschäfte in
Getreide oder Erzeugnissen der Müllerei sieht das
Gesetz ein Ordnungsstrafverfahren vor, welches
sich, im Gegensatz zum ehrengerichtlichen Ver-
fahren, keineswegs nur auf zum Besuch der Börfe
zugelassene Personen beschränkt. Schließlich ent-
hält das Gesetz Strafvorschriften gegen betrüge-
rische Einwirkung auf den Börsen= oder Markt-
preis, wissentlich unrichtige Angaben in öffent-
lichen Kundgebungen, Untreue des Kommissionärs
und andere Mißbräuche bei Börsengeschäften
(Börsenstrafrecht).
Man kann durchaus nicht sagen, daß das neue
Gesetz Rechtsverhältnisse schafft, welche sich schnell
klar überblicken lassen, namentlich insoweit es sich
um das Termingeschäft handelt, im besondern um
das in Wertpapieren. Bei dem letzteren hat man
zu unterscheiden zwischen verbotenen und erlaubten
Geschäften. Die erlaubten Börsentermingeschäfte
in Wertpapieren zerfallen in offizielle (in zuge-
lassenen Papieren zu vorgeschriebenen Beding-
ungen) oder in nicht offizielle, sei es, daß die
Papiere nicht offiziell zugelassen waren, sei es,
daß andere Bedingungen als die offiziellen inne-
gehalten wurden. Die erlaubten Termingeschäfte
in Wertpapieren sind, je nach der Art der Par-
teien, entweder von Anfang an verbindlich, oder
sonst bei gewisser Leistung verbindlich, oder nur
für eine Partei völlig, für die andere aber nur
bis zur Höhe einer bestellten Sicherheit verbind-
lich. Bezüglich der erlaubten offiziellen Termin-
geschäfte kann, soweit das Gesetz eine Verbindlich-
keit dafür festsetzt, auch der Differenzeinwand nicht
erhoben werden; dagegen ist bei den nicht offi-
ziellen, an sich erlaubten Termingeschäften die Zu-
flucht zum Differenzeinwand möglich.
Die Börsenverfassung in Deutschland wird nach
dem Gesagten von dem Grundsatz der Staats-
aufsicht beherrscht; ähnlich liegen die Verhältnisse
in Osterreich. Eine Sonderstellung nimmt die
Börsenverfassung in Frankreich ein; dieselbe be-
ruht auf dem offiziellen Maklern (agents de
change) zustehenden Privilegium zur Vermitt-
lung von Börsengeschäften. Dieses Privileg ist
trotz seiner Bekämpfung den Kursmaklern im Ef-
fektenverkehr bis heute geblieben. In England und
Amerika gilt das Prinzip der vollsten Freiheit der
Börse. Die Börsen sind dort von jeglicher Staats-
aussicht freie Organisationen, die lediglich dem
Vereins= oder Gesellschaftsrecht unterstehen.
XI. Börsenbesleuerung. Die Börsenbesteue-
rung steht in unmittelbarem Zusammenhang mit
den Maßnahmen gegen die Zeitgeschäfte (Diffe-
renzgeschäfte, Prämiengeschäfte). Als eigentliche
Börsensteuer kommt nur die Börsenverkehrs-
steuer, d. h. die Besteuerung der an der Börse
abgeschlossenen Geschäfte in Betracht. Die grund-