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nur kultiviert, sondern wächst auch wild in großen
Mengen in den Wäldern des Amazonas. Haupt-
ausfuhrhafen ist Paraͤ. Weinbau wird von den
Deutschen und Italienern namentlich in den Pro-
vinzen Säo Paulo, Parand und Rio Grande do
Sul betrieben. Bei dem ungeheuern Waldreichtum
des Landes werden viele Waldprodukte exportiert:
Fernambuk= und Gelbholz, verschiedene Bau= und
Möbelhölzer, so besonders Palisanderholz, Kau-
tschuk (1896 für 124 941.000 Milreis), Para-
nüsse, Chinarinde, Paraguaytee (Yerba Mate,
Südbrasilien).
Die Viehzucht tritt als hervorragender Er-
werbszweig in den südlichen Provinzen auf und
ist am ergiebigsten in Rio Grande do Sul, wo
jährlich 4/500 000 Stück auf den großen Schläch-
tereien (Charqueadas) bei der Stadt Pelotas ge-
schlachtet werden. Das Fleisch wird an der Sonne
getrocknet und unter dem Namen Charque nach
Nordbrasilien ausgeführt, während Hörner, Haare,
Hüute Talg und Knochen nach Europa gehen.
ie Schlachtabfälle werden in Fabriken, meist
deutscher Unternehmer, zu Seife, Lichtern, Leim
und künstlichem Guano verarbeitet und zum Teil
nach Europa ausgeführt. Die Gesamtmenge von
Horwieh in Brasilien schätzt man gegenwärtig auf
30 Mill. Stück. Pferde, Maultiere und Esel
werden im großen in den Provinzen Rio Grande
do Sul, Paranéá und Säo Paulo gezüchtet. Die
Schafzucht ist weniger bedeutend, wogegen Ziegen
zumeist in den östlichen Provinzen und Schweine
überall, besonders in den deutschen Kolonien, ge-
halten werden.
Die Ausbeute an nutzbaren Mineralien, an
denen Brasilien Uberfluß hat, ist zurzeit wegen
des beschränkten Bergwerksbetriebs dürftig. Gold
ist überall, besonders im Diluvium, verbreitet;
seine hauptsächlichsten Fundorte liegen in den Pro-
vinzen Säo Paulo, Minas Geraes (Villa Rica),
Goyaz, wo die Goldminen englischen Besitzern
gehören, und Mato Grosso (Gesamtproduktion von
1691 bis 1875: 2893 ½ Mill. M). Der Ber
bau auf Eisen (Säo Paulo und Minas Geraes)
deckt den eigenen Bedarf bei weitem nicht; der auf
Kupfer, Blei usw. ist unbedeutend. Dagegen
werden Steinkohlen gefördert, die man in Santa
Catharina und Rio Grande do Sul in mächtigen
Lagern entdeckt hat. Kochsalz wird an verschiedenen
Stellen der Küste aus Meerwasser und in den
nordöstlichen Provinzen durch Auslaugung ge-
wisser mit Salz imprägnierter Erdschichten ge-
wonnen, reicht aber für den Bedarf bei weitem währung. Münzeinheit ist der Real (Plural:
nicht aus. Berühmt sind die brasilianischen Edel-
steine, besonders die Diamanten, die in sieben,
Brasilien.
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Schiffswerften, Maschinen-, Wagen= und Ton-
waren-Fabriken. Letztere sind auch in Bahia ver-
treten, welches zugleich Hauptsitz der Glasindustrie
ist; Diamantschleifereien finden sich in Diamantina
und in der Hauptstadt. Die Sägemühlen arbeiten
für den Export; die Gerberei wird besonders groß-
artig in Rio Grande do Sul betrieben. In der
Textilindustrie ist nur die Verarbeitung von Baum-
wolle beachtenswert. Von großer wirtschaftlicher
Bedeutung ist die Zuckerraffinerie, die damit häufig
in Verbindung stehende Branntweinbrennerei, die
Mehlbereitung und Tabakfabrikation (Bahia).
Mit der ausgedehnten Viehzucht steht in Verbin-
dung die fabrikmäßige Verwertung der Schlacht-
abfälle zu Seife, Kerzen usw.
Der Handel Brasiliens gewinnt bei der
großen Anzahl guter Seehäfen immer mehr Aus-
dehnung. Die Einfuhr betrug in Milreis im Jahr
1906: 499 2870000, die Ausfuhr 799 370 000.
Die Einfuhr umfaßt die meisten Industrieerzeug-
nisse Europas und alle dem Luxus dienenden frem-
den Produkte. Besonders beteiligt am auswärtigen
Handel sind England, die Vereinigten Staaten,
Deutschland, Frankreich und die Plata-Staaten.
Diebrasilianische Handelsmarinebestand 1905 aus
549 Schiffen mit 167 820 Registertonnen, davon
209 Dampfer mit 93345 R.-T. Die Schiffahrts-
bewegung war 1905 folgende: Eingelaufen 17764
Schiffe (14 464 937 R.-T.), davon Dampfer
12 589 (14.050 583 R.-T.).
Die Flußdampfschiffahrt auf dem Paranä, dem
Säo Francisco und dem Amazonas und seinen
Nebenflüssen wird von zahlreichen durch die Re-
gierung und die Provinzen unterstützten Gesell-
schaften betrieben und durch Erforschung und Er-
schließung neuer Flußläufe immer umfangreicher.
Während 1867 an Eisenbahnen nur 601 km in
Betrieb waren, betrug 1905 ihre Länge 16750 km.
Der größte Teil dieser Eisenbahnen wurde unter
Zinsgarantie der Regierung von 7% auf 30,
bei einigen sogar auf 90 Jahre, von europäischen
(besonders englischen) Gesellschaften erbaut. Die
Entwicklung des Straßennetzes ist seit dem Auf-
schwung des Eisenbahnbaues zurückgeblieben. Die
meisten und besten Straßen finden sich in den öst-
lichen Provinzen, sind aber auch hier vernachlässigt
und zum Teil zu Waldpfaden herabgekommen, so
daß auch heute noch das Maultier das wichtigste
Transportmittel im Innern des Landes ist.
Maße und Gewichte sind metrisch. Die
Währung ist nominell Gold-, faktisch aber Papier-
Reis), eine in Wirklichkeit nicht vorhandene Münze
von geringem Wert (kaum ¼ Pfennig); deshalb
Provinzen, hauptsächlich in Minas Geraes und rechnet man im Verkehr nach Milreis (1000 Reis)
Bahia, gewonnen werden. Jährliche Ausbeute und Contos di Reis (1000 Milreis). Der Wert
zwischen 3 und 5 Mill. Milreis.
von 1 Milreis in Gold ist 2,25 Jl.
Die gewerbliche Industrie befindet sich im
An Geldinstituten besitzt Brasilien in 8 Staaten
Stadium der Entwicklung. Der fabrikmäßige Be= Banken, in Rio allein 13; dazu drei englische
trieb ist nur in Rio de Janeiro von Bedeutung;
und eine deutsche Bank mit Zweiganstalten, ferner
hier bestehen die hervorragendsten Eisengießereien, 14 Versicherungsbanken.