Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

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Konfutse an. Angesehener und einflußreicher als 
der erbliche ist der persönliche Adel, der sämtliche 
höheren Staatsbeamten und alle an den Staats- 
prüfungen teilnehmenden Studierenden vom 
16. Jahr ab umfaßt. — Eine althergebrachte 
Einrichtung des chinesischen Haushalts ist die 
Sklaverei, da schon im 3. Jahrh. n. Chr. den 
Armen erlaubt wurde, ihre Kinder zu verkaufen. 
Diese Privatsklaven werden als Familienglieder 
betrachtet, sind gegen Mißhandlungen gesetzlich 
geschützt, können aber weiter verkauft werden. 
Freilassungen sind häufig; die weiblichen Haus- 
stlaven gehen bei ihrer Verheiratung in die Ge- 
walt des Mannes über. Zum Frondienst verur- 
teilte Verbrecher bleiben für immer ihrer persön- 
lichen Freiheit beraubt. 
5. Die vorzüglichste Beschäftigung der Chinesen 
ist der Acker= und Gartenbau, der als Haupt- 
stütze des Nationalwohlstands in hohen Ehren 
steht. Daraus erklärt sich auch der uralte, bedeu- 
tungsvolle Gebrauch, daß der Kaiser in den ersten 
Tagen des dritten Monats, umgeben von hohen 
Würdenträgern, eigenhändig Furchen zieht. Ein 
großer Ubelstand ist die außerordentliche Zertei- 
lung des Bodens: ein Pächter, welcher 13—15 
Morgen bearbeitet, gilt schon für einen großen 
Landbauer. Ursprünglich war der Boden Eigen- 
tum der Gesamtheit, und der Kaiser hatte darüber 
zu verfügen; einen Teil bestimmte er zu seinem 
unmittelbaren Besitz, einen andern vergab er als 
erbliches Eigentum (Majorat) an Mitglieder seines 
Hauses, einen dritten endlich an Staatsdiener für 
die Zeit ihrer Amtstätigkeit. Die Besitzer und 
Inhaber der Lehen überließen wieder kleinere Teile 
an ihre Verwandten und Getreuen usw. Dieser 
Zustand dauerte bis etwa 200 v. Chr. Von da 
an wurde jedem freigestellt, so viel Boden zu be- 
arbeiten, als er konnte, und das so gewonnene 
Land zu seinem Besitz zu machen. Aber die zu- 
nehmende Bevölkerung und Zerstücklung des 
Landes hatte einerseits Verarmung, anderseits 
Entstehung großer Güter zur Folge: während 
unzählige frühere Besitzer Pächter und endlich 
Sklaven wurden, besaßen einzelne Reiche Tausende 
von Morgen, die nicht bearbeitet wurden. Diesem 
Übelstand suchte man unter der Dynastie Thang 
(618/906) abzuhelfen. Für jeden Hausstand 
wurde ein Stück Land zum immerwährenden 
Besitz gegeben, und jede rüstige Person erhielt 
außerdem ein Stück als zeitweiligen Besitz zur 
Anlage von Baumgärten. Den verschiedenen 
Ständen wurden verschieden große Stücke zu- 
geteilt, und niemand sollte seinen Anteil ver- 
kaufen, verpfänden oder von einem andern be- 
arbeiten lassen. Als sich aber die Notwendigkeit 
herausstellte, dem Besitzer das freie Verfügungs- 
recht zu geben, trat bald wieder die alte Ungleich- 
heit ein. Heute kann Grundeigentum erworben 
werden durch Ankauf, Erbschaft oder Urbar- 
machung unbebauten Landes, wozu die Regierung 
durch Vorschüsse ermutigt. Die Kronländereien 
China. 
  
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sind Ausstattungsgüter, den Gliedern des Kaiser- 
hauses gehörig; Heerländereien, bei Eroberung 
des Reichs dem Heer überwiesen und auf die 
Nachkommen fortgeerbt, und endlich Ländereien, 
mit denen religiöse Stiftungen ausgestattet sind 
Gemeinde= und Schulländereien usw. 
Die wichtigsten Produkte des Ackerbaues sind 
im Süden und nach der Mitte hin Reis, das 
eigentliche Brotkorn, und Zuckerrohr, in der Nähe 
der Küste Baumwolle und im Norden Hirse, 
Gerste, Weizen, Roggen und Hilsenfrüchte, sämt- 
lich nicht für die Ausfuhr bestimmt. Der Chinese 
ist Meister im Land= und Obstbau, in der Düngung, 
Entwässerung und Bestellung der Felder, denen 
auch große Mengen von Gemüse, Wurzel= und 
Knollengewächsen abgewonnen werden. Um plötz- 
lichem Mangel an Nahrungsmitteln, der bei einer 
so dichten Bevölkerung leicht eintreten kann, vor- 
zubeugen, hat jede Provinz einen Kornspeicher, 
der stets ein bestimmtes Quantum Getreide auf- 
weisen muß; außerdem gibt es noch Vorrats- 
peicher, Speicher der tatarischen Banner, Opfer- 
peicher usw. Trotz dieser Vorsichtsmaßregeln ist 
Hungersnot eine gefürchtete Landplage, die bei 
anhaltender Dürre oder nach einer Überschwem- 
mung stets große Bezirke heimsucht. Von ganz 
besonderer Bedeutung für China ist die Tee- 
und Seiden kultur. Der Anbau des Tees, seit 
Jahrtausenden betrieben, ist die Hauptquelle des 
Wohlstands der Südhälfte des Reichs und der 
Staatseinkünfte und erstreckt sich über ein Gebiet 
von 3 ½ Mill. qkm. Von ebenso hohem Alter 
ist die Seidenzucht, die ihren Mittelpunkt im 
Norden der Provinz Tschekiang hat, wo sie nicht 
von großen Grundbesitzern, sondern durch Tau- 
sende von kleinen Bauern betrieben wird. Der 
Hauptmarkt für Rohseide ist Schanghai, wohin 
sie auf dem Wasserweg in Ballen zu 53 kg ge- 
bracht wird. Auch Hanf, Chinagras und ölhal- 
tende Pflanzen werden vielfach angebaut, und die 
Kunstgärtnerei wird mit Sorgfalt und Sach- 
kenntnis betrieben. Der Nationalbaum Chinas, 
das Bambusrohr, kommt besonders in der See- 
provinz Tschekiang waldartig vor; der Süden 
liefert auch Gewürze, Zimt, Ingwer, Kubeben 
usw. — Die Viehzucht ist von untergeordneter 
Bedeutung und wird im großen nur im Nord- 
westen betrieben, wo die Tataren mit ihren Her- 
den umherziehen. Ein hervorragender Erwerbs- 
zweig ist die Fischerei von Pflanzen (zum 
Düngen) und Fischen (mit Kormorans!) ; dieselbe 
beschäftigt /156 der gesamten Bevölkerung und 
liefert Nahrung für Menschen und Dünger für 
Felder in großen Massen. 
Der Bergbau steht auf niedriger Stufe, ob- 
wohl er uralt und das Land an mineralischen 
Schätzen sehr reich ist. Gold liefern die Anschwem- 
mungen des Jangtzekiang, die Provinzen Schan- 
tung, Kwangtung, Jünnan, Kweitschou und die 
Bergwerke der Mandschurei. Silber, welches der 
Chinese im Verkehr sehr liebt, wird an vielen 
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