1127
Konfutse an. Angesehener und einflußreicher als
der erbliche ist der persönliche Adel, der sämtliche
höheren Staatsbeamten und alle an den Staats-
prüfungen teilnehmenden Studierenden vom
16. Jahr ab umfaßt. — Eine althergebrachte
Einrichtung des chinesischen Haushalts ist die
Sklaverei, da schon im 3. Jahrh. n. Chr. den
Armen erlaubt wurde, ihre Kinder zu verkaufen.
Diese Privatsklaven werden als Familienglieder
betrachtet, sind gegen Mißhandlungen gesetzlich
geschützt, können aber weiter verkauft werden.
Freilassungen sind häufig; die weiblichen Haus-
stlaven gehen bei ihrer Verheiratung in die Ge-
walt des Mannes über. Zum Frondienst verur-
teilte Verbrecher bleiben für immer ihrer persön-
lichen Freiheit beraubt.
5. Die vorzüglichste Beschäftigung der Chinesen
ist der Acker= und Gartenbau, der als Haupt-
stütze des Nationalwohlstands in hohen Ehren
steht. Daraus erklärt sich auch der uralte, bedeu-
tungsvolle Gebrauch, daß der Kaiser in den ersten
Tagen des dritten Monats, umgeben von hohen
Würdenträgern, eigenhändig Furchen zieht. Ein
großer Ubelstand ist die außerordentliche Zertei-
lung des Bodens: ein Pächter, welcher 13—15
Morgen bearbeitet, gilt schon für einen großen
Landbauer. Ursprünglich war der Boden Eigen-
tum der Gesamtheit, und der Kaiser hatte darüber
zu verfügen; einen Teil bestimmte er zu seinem
unmittelbaren Besitz, einen andern vergab er als
erbliches Eigentum (Majorat) an Mitglieder seines
Hauses, einen dritten endlich an Staatsdiener für
die Zeit ihrer Amtstätigkeit. Die Besitzer und
Inhaber der Lehen überließen wieder kleinere Teile
an ihre Verwandten und Getreuen usw. Dieser
Zustand dauerte bis etwa 200 v. Chr. Von da
an wurde jedem freigestellt, so viel Boden zu be-
arbeiten, als er konnte, und das so gewonnene
Land zu seinem Besitz zu machen. Aber die zu-
nehmende Bevölkerung und Zerstücklung des
Landes hatte einerseits Verarmung, anderseits
Entstehung großer Güter zur Folge: während
unzählige frühere Besitzer Pächter und endlich
Sklaven wurden, besaßen einzelne Reiche Tausende
von Morgen, die nicht bearbeitet wurden. Diesem
Übelstand suchte man unter der Dynastie Thang
(618/906) abzuhelfen. Für jeden Hausstand
wurde ein Stück Land zum immerwährenden
Besitz gegeben, und jede rüstige Person erhielt
außerdem ein Stück als zeitweiligen Besitz zur
Anlage von Baumgärten. Den verschiedenen
Ständen wurden verschieden große Stücke zu-
geteilt, und niemand sollte seinen Anteil ver-
kaufen, verpfänden oder von einem andern be-
arbeiten lassen. Als sich aber die Notwendigkeit
herausstellte, dem Besitzer das freie Verfügungs-
recht zu geben, trat bald wieder die alte Ungleich-
heit ein. Heute kann Grundeigentum erworben
werden durch Ankauf, Erbschaft oder Urbar-
machung unbebauten Landes, wozu die Regierung
durch Vorschüsse ermutigt. Die Kronländereien
China.
1128
sind Ausstattungsgüter, den Gliedern des Kaiser-
hauses gehörig; Heerländereien, bei Eroberung
des Reichs dem Heer überwiesen und auf die
Nachkommen fortgeerbt, und endlich Ländereien,
mit denen religiöse Stiftungen ausgestattet sind
Gemeinde= und Schulländereien usw.
Die wichtigsten Produkte des Ackerbaues sind
im Süden und nach der Mitte hin Reis, das
eigentliche Brotkorn, und Zuckerrohr, in der Nähe
der Küste Baumwolle und im Norden Hirse,
Gerste, Weizen, Roggen und Hilsenfrüchte, sämt-
lich nicht für die Ausfuhr bestimmt. Der Chinese
ist Meister im Land= und Obstbau, in der Düngung,
Entwässerung und Bestellung der Felder, denen
auch große Mengen von Gemüse, Wurzel= und
Knollengewächsen abgewonnen werden. Um plötz-
lichem Mangel an Nahrungsmitteln, der bei einer
so dichten Bevölkerung leicht eintreten kann, vor-
zubeugen, hat jede Provinz einen Kornspeicher,
der stets ein bestimmtes Quantum Getreide auf-
weisen muß; außerdem gibt es noch Vorrats-
peicher, Speicher der tatarischen Banner, Opfer-
peicher usw. Trotz dieser Vorsichtsmaßregeln ist
Hungersnot eine gefürchtete Landplage, die bei
anhaltender Dürre oder nach einer Überschwem-
mung stets große Bezirke heimsucht. Von ganz
besonderer Bedeutung für China ist die Tee-
und Seiden kultur. Der Anbau des Tees, seit
Jahrtausenden betrieben, ist die Hauptquelle des
Wohlstands der Südhälfte des Reichs und der
Staatseinkünfte und erstreckt sich über ein Gebiet
von 3 ½ Mill. qkm. Von ebenso hohem Alter
ist die Seidenzucht, die ihren Mittelpunkt im
Norden der Provinz Tschekiang hat, wo sie nicht
von großen Grundbesitzern, sondern durch Tau-
sende von kleinen Bauern betrieben wird. Der
Hauptmarkt für Rohseide ist Schanghai, wohin
sie auf dem Wasserweg in Ballen zu 53 kg ge-
bracht wird. Auch Hanf, Chinagras und ölhal-
tende Pflanzen werden vielfach angebaut, und die
Kunstgärtnerei wird mit Sorgfalt und Sach-
kenntnis betrieben. Der Nationalbaum Chinas,
das Bambusrohr, kommt besonders in der See-
provinz Tschekiang waldartig vor; der Süden
liefert auch Gewürze, Zimt, Ingwer, Kubeben
usw. — Die Viehzucht ist von untergeordneter
Bedeutung und wird im großen nur im Nord-
westen betrieben, wo die Tataren mit ihren Her-
den umherziehen. Ein hervorragender Erwerbs-
zweig ist die Fischerei von Pflanzen (zum
Düngen) und Fischen (mit Kormorans!) ; dieselbe
beschäftigt /156 der gesamten Bevölkerung und
liefert Nahrung für Menschen und Dünger für
Felder in großen Massen.
Der Bergbau steht auf niedriger Stufe, ob-
wohl er uralt und das Land an mineralischen
Schätzen sehr reich ist. Gold liefern die Anschwem-
mungen des Jangtzekiang, die Provinzen Schan-
tung, Kwangtung, Jünnan, Kweitschou und die
Bergwerke der Mandschurei. Silber, welches der
Chinese im Verkehr sehr liebt, wird an vielen
— — —