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wonnen hat. Einen sehr großen Teil des Landes
bedecken noch herrliche Urwälder, die treffliches
Zedern= und Brasilholz, Kautschuk, Balsam und
vor allem Chinarinde, den wichtigsten Ausfuhr=
artikel Colombias, liefern; die vielfach wild wach-
sende Vanille wird für den Export nicht gesam-
melt. Viehzucht wird nur im Magdalenen= und
Caucatal mit Eifer und Vorteil (Ausfuhr nach
Cuba) betrieben; große Herden verwilderter Rin-
der und Pferde finden sich in den Llanos des
Ostens. — Bergbau und Hüttenbetrieb sind
unentwickelt und stehen zu dem Mineralreichtum
des Landes in keinem Verhältnis. Immerhin be-
trägt die Ausbeute an Gold, das sich fast in allen
Departements, am reichsten in Antioquia, findet,
jährlich 10—12 Mill. Pesos; auch Silber (1882:
18 283 kg), Platin (besonders in Choco), Kupfer
und Eisen werden gewonnen. Steinsalz findet sich
in unerschöpflichen Lagern auf dem Plateau von
Bogota, wo auch Smaragdgruben seit der Ent-
deckungszeit ausgebeutet werden; Asphalt und
Steinkohlen werden gefördert, während die Küsten
reiche Ausbeute an Perlen, Korallen, Muscheln,
Perlmutter und Schildpatt liefern.
Die gewerbliche Tätigkeit ist unbedeutend;
von Belang ist die Anfertigung von Hängematten,
groben Baumwollengeweben und Lackwaren (in
Pasto); das Flechten von Hüten aus Palm-
stroh (Panamahüte), die Zigarrenfabrikation, die
Branntweinbrennerei aus Rohrzucker; letztere ist
Monopol und meist an Ausländer verpachtet. —
Der Handelsbetrieb entspricht dem erstaun-
lichen Produktenreichtum und der günstigen Lage
Colombias zwischen zwei Weltmeeren keineswegs;
seinem Aufschwung steht außer der Lässigkeit der
Bevölkerung besonders die Schwierigkeit des Bin-
nenverkehrs und der Mangel an Verkehrswegen
entgegen. Fahrstraßen finden sich nur auf der
Hochebene von Bogota; Eisenbahnen sind (1906)
nur in einer Länge von 617 km in Betrieb. Den
Verkehr im Innern vermitteln hauptsächlich Maul-
tiere und Träger auf halsbrecherischen Pfaden, da
die Barre und das veränderliche Flußbett des
Magdalenenstroms, der Hauptpulsader des Lan-
des, und die Stromschnellen der Flüsse überhaupt
der Schiffahrt große Schwierigkeiten bereiten.
Auch der auswärtige Verkehr, in Bezug auf
welchen die fremden Flaggen überall der nationalen
gleichgestellt sind, hebt sich nur langsam. Die
Einfuhr besteht hauptsächlich in Baumwollen-,
Wollen= und Leinenstoffen, Metallwaren, Nah-
rungsmitteln und geistigen Getränken. Die haupt-
sächlichsten Ausfuhrartikel sind Chinarinde, Kaffee,
Tabak, Erdnüsse, Balsam Farbhölzer, Erze,
Häute, Tiere. Am Handel ist nächst den Ver-
einigten Staaten und England Deutschland be-
teiligt, dessen Interessen durch einen Ministerresi-
denten und Generalkonsul in Bogotä, durch Kon-
suln in Barranquilla, Bogotä. Bucaramanga,
Cali, San José de Cücuta, Medellin, Orocue,
Popayän, sowie Bizekonsuln in Cartagena und
Constant de Rebecque.
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Santa Marta wahrgenommen werden. Colombia
ist in Deutschland vertreten durch einen außer-
ordentlichen Gesandten und bevollmächtigten Mi-
nister in Berlin, einen Generalkonsul in Hamburg
und durch Konsuln in Berlin, Bremen, Dresden,
Elberfeld, Frankfurt a. M., Kiel, Leipzig, Mün-
chen und Stettin.
Colombia besitzt (1905) 1 Dampfer von 457
R.-T. und 5 Segelschiffe von 50 und mehr R.-T.
Colombia hat Silberwährung, die Goldwäh-
rung ist seit 1907 in Einführung begriffen.
Literatur. Restrepo, Historia de la revolu-
cion de la republica de C. (8 Bde, Besancon
1858 ff); Münch, Gesch. von C. (2 Bde, 1828);
Groot, Historia eclesiastica y civil de Nueva
Granada (3 Bde, Bogotä 1868/71); Cadena, Ana-
les diplomaticos de C. (ebd. 1878); Quijano Ote-
ros, Compendio sobre la historia de C. (ebd.
1882); Schuhmacher, Gesch. der Verf. der Ver.
Staaten von C. (in Sybels „Hist. Zeitschr.“ 1875).
— Mosquera, Compendio de geografia general,
politica, fisica y special de los Estados unidos
de C. (Lond. 1866); Pereira, Les Etats-Unis de
C. (Par. 1883); Perez, Geografia general fisica
ypolitica de los Estados Unidos de C. (Lond.
1883); Sievers, Reise in die Sierra Nevada de
Santa Marta (1887); Descripcion historica, geo-
grafica ypolitica de la Republica de C. Edicion
oflicial (Bogota 1877); Reisen in den colombischen
Anden (1888); Velasco, Geografia de C. (Bo-
gota 1893); Moses, Constitution of the Republic
of C. (Philad. 1898); Reclus, C. (1893); Nußez
u. Jalhay, La République de C. (Brüssel 1898);
Röthlisberger, El Dorade (1898); Petre, The
Republic of C. (Lond. 1906).
[E. Franz, rev. Dresemann.]
Constant de Rebecque, Benjamin,
einer der gefeiertsten Staatsrechtstheoretiker des
nachrevolutionären französischen Liberalismus unter
Napoleon I. und der Restauration, wurde geboren
23.Okt. 1767 zu Lausanne, der am meistenrepubli-
kanisch gesinnten Stadt der Schweiz, aus einer Re-
sugié-Familie, die nach der Aufhebung des Edikts
von Nantes (1685) sich zu Genf niedergelassen hatte.
Er wuchs auf in dem Haß der Religionsverfolger
und dem Haß der Berner Aristokratie, welche
seinen Kanton zu unterdrücken strebte. Von Haus
aus in dem flachsten Rationalismus erzogen, er-
hielt er eine tiefere Ausbildung in der Jurispru-
denz zum Teil in Deutschland an der Univer-
sität Erlangen, zum Teil in England in Gesell-
schaft von Mackintosh, Wilde, Graham, Erskine
an den Schulen von Oxford und Edinburgh, wo
die Begeisterung für das englische Verfassungs-
wesen seine politische Lebensrichtung entschied.
Unter dem Schutz der Frau v. Staöl (seit 1794)
kam Constant 1795 nach Paris, entschlossen, um
jeden Preis politisch emporzukommen. Der Weg
dazu waren die Klubs, die Salons, das Pam-
phlet, die Preßarbeit. Dem Club de Clichy des
Direktoriums gegenüber hatte sich im Hotel
Salm der Cercie constitutionnel gebildet, in
dem sich Benjamin Constant hervortat. Im Dez.