Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

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gründete, welche 400 Jahre über Dänemark 
herrschten. Innere Kriege mit dem mächtigen 
Udel, blutige Zwiste der Könige mit ihren Brü- 
dern wechselten in den nächsten Jahrhunderten ab 
mit erschöpfenden Kämpfen gegen die Slawen in 
den südlichen Küstenländern der Ostsee, gegen die 
Preußen und Livländer. Zwar mußte Walde- 
mar I. d. Gr. (1157/82) dem Kaiser Fried- 
rich Barbarossa 1162 den Huldigungseid leisten, 
aber bald war er der mächtigste Fürst des Nor- 
dens: er eroberte Rügen, herrschte über Jütland 
nebst Schleswig, über die Inseln, den südlichen 
Teil von Skandinavien und erlangte die Ober- 
hoheit über Norwegen. Sein Sohn Kuut VI. 
(1182/1201) verweigerte dem Kaiser Friedrich I. 
ungestraft die Lehnspflicht, die seitdem nicht mehr 
erneuert wurde, bezwang die Herzoge von Pom- 
mern und Mecklenburg, eroberte Holstein und 
Hamburg und nannte sich König der Dänen und 
Slawen. Seinem Sohn Waldemar II., der 
Lauenburg gewann, trat Friedrich II. 1215 alle 
deutschen Reichslande bis zur Elbe und Elde 
förmlich ab. Da ihm Hamburg und Lübeck ge- 
horchten, das 1209 angelegte Stralsund die dä- 
nische Herrschaft in Mecklenburg, Pommern und 
Rügen sicherte und ein Kreuzzug 1219 Estland 
hinzufügte, stand Dänemark auf dem Gipfel seiner 
Macht. Aber der stolze Bau stürzte nach der 
Gefangennahme Waldemars durch den Grafen 
Heinrich von Schwerin (1223) und durch den 
Tag von Bornhöved (22. Juli 1227) zusammen: 
alle Eroberungen gingen, bis auf Rügen, das erst 
1325 an Pommern kam, und Estland, wo er 
das Bistum Reval stiftete, wieder verloren. Um 
so eifriger widmete sich der König von da ab den 
innern Angelegenheiten seines Reichs: hatte sein 
Vater nach Unterdrückung eines Bauernaufstands 
Adel und Klerus dem dritten Stand gegenüber 
bevorzugt, so stärkte er Rechte und Macht der 
Krone, ließ ein neues Gesetzbuch abfassen und er- 
leichterte die Lasten des Volkes. 
Seit der Mitte des 13. Jahrh. sank das könig- 
liche Ansehen immer mehr und mehr im Kampf 
mit Adel und Klerus, während der Bauernstand 
in drückende Leibeigenschaft versank und Handel 
sowie Industrie vollständig in Abhängigkeit von 
der deutschen Hansa gerieten. In Schleswig be- 
gründeten die Grafen von Holstein aus dem 
Hause Schauenburg eine fast unabhängige Macht, 
und die Schweden rissen ein Stück Land nach dem 
andern an sich. Nur mit Mühe gelang es 
Waldemar IV. Atterdag (1840/75), welcher 
die Rechte der Stände in der Kallundborger Hand- 
feste bestätigen mußte, das Ansehen der Krone 
wiederherzustellen: er verkaufte 1346 Estland dem 
Deutschen Orden, brach auf einem Eroberungs- 
zug gegen Gotland und Oland die Macht Wisbys 
und nahm auch den Titel eines Königs der Goten 
  
Dänemark. 
  
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Friede geschlossen, welcher den Einfluß und die 
Macht der Hanseaten noch vergrößerte. In Kopen- 
hagen, wo vor dem 15. Jahrh. kein einheimischer 
Kaufmann erwähnt wird, wohnten sie zusammen 
in der Deutschenstraße; Faktoreien hatten sie 
außerdem in Helsingör und Roskilde auf See- 
land, in Svendborg auf Fünen und in Flensburg. 
Mit Waldemar IV. starb der Mannesstamm 
der Ulfinger aus, und seine hochbegabte Tochter 
Margareta, die Gemahlin Hakons VIII. 
von Norwegen, wurde nach dem Tod ihres Ge- 
mahls und ihres einzigen Sohns Olaf 1387 
Regentin von Norwegen und Dänemark, ver- 
einigte also tatsächlich diese beiden Reiche. Nach- 
dem sie durch die Schlacht bei Falköping 1389, 
auch Schweden erobert hatte, ließ sie ihren Groß- 
neffen Erich von Pommern zum König der drei 
skandinavischen Reiche erwählen. 1397 versam- 
melte sie die Reichsräte der drei Länder zu Kal- 
mar und brachte hier am 20. Juli die Kalmarische 
Union zustande, nach welcher für ewige Zeiten 
nur ein König über die skandinavischen Reiche 
herrschen, Kriege, Verträge mit dem Ausland 
u. a. gemeinsam sein, die Länder aber ihre eigenen 
Rechte und Gesetze behalten sollten. So war 
zum drittenmal eine große nordische Macht be- 
gründet; aber sie erwies sich bei der Ohnmacht 
der Könige nicht dauerhafter als das Werk Knuts 
und Waldemars. Schweden wählte schon 1435 
einen eigenen Reichsverweser, und Graf Adolf 
von Holstein behauptete sich gegen die Angriffe 
Erichs (seit 1412), der den Hansestädten vergeb- 
lich ihre Privilegien zu entreißen suchte. Als sich 
der übermächtige Adel gegen den alternden König 
erhob, flüchtete er 1439 nach Gotland, wo er 
1459 starb. Mit seinem Neffen und Nachfolger, 
Christoph von Bayern, der 1440 dem Grafen 
Adolf von Holstein Schleswig als Fahnenlehen 
übertrug und seine Residenz von Roskilde nach 
Kopenhagen verlegte, erlosch 1448 das Haus der 
Ulfinger, und die Kalmarische Union brach zu- 
sammen: die Schweden wählten einen eingebornen 
König, und in Dänemark kam mit Christian I., 
einem gebornen Fürsten von Oldenburg und 
Delmenhorst, das oldenburgische Haus auf 
den Thron. Christian mußte in einer Wahlhand- 
feste dem adligen Reichsrat die freie Königswahl 
zusichern und versprechen, ohne dessen Zustimmung 
keine Steuern aufzuerlegen, keine Güter und 
Amter an Ausländer zu vergeben u. a. 1450 
wurde er zum König von Norwegen und 1460. 
auch in Schleswig-Holstein zum Landesherrn er- 
wählt; jedoch sollten nach der Wahlkapitulation 
Schleswig und Holstein nie mit Dänemark ver- 
einigt werden und „auf ewig ungeteilt“ zusammen- 
gehören. Vergeblich bemühten sich Christian und 
seine Nachfolger, Schweden wieder dauernd mit 
Dänemark zu verbinden; unter seinem Enkel Chri- 
  
an. Bald aber ereilte ihn die Rache der Hansa: 6 stian II. (1513/23) wurde es selbständig, und nur 
Kopenhagen wurde zweimal geplündert und in 
Norwegen mit seinen Nebenländern, den Färbern 
des Königs Abwesenheit mit den Ständen ein und Island, blieben mit Dänemark vereinigt.
	        
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