Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

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1. Abschn.; ders., in den Stimmen aus Maria- 
Laach LI (1896) 125 ff, LIX (1900) 458 ff; Geiger, 
Zivilehe u. Zivileherecht in Deutschl. 1872/96, im 
Archiv für kath. Kirchenr. LXXII (1897) 499 ff 
681 ff; ders., Die legislative Entwickl. des deutsch. 
Zivileherechts vom ersten Entwurf bis zur gesetzl. 
Formulierung, ebd. 283 ff; Hollweck, Das Zivil- 
eherecht des B. G. B. (1900), 1. Abschn.; derf., in 
den Hist.-polit. Blättern CXXVII (1901) 145 ff 
212 fl; Sägmüller ebd. CXXVI (1900) 330 f. 
Sonstige Literatur bei v. Scherer, Handb. des 
Kirchenrechts a. a. O., u. Sägmüller, Lehrb. des 
kath. Kirchenrechts (1904) zu §§ 124 f. 
III. Eheschließung. 1. Der Eheschließung 
geht regelmäßig, wenn auch nicht notwendig, das 
Eheverlöbnis (sponsalia, genauer sponsalia 
de futuro) voraus. Man versteht darunter sowohl 
das gegenseitige Versprechen der zukünftigen Ehe 
(accipiam te in uxorem, in maritum) wie auch 
den dadurch eingegangenen, der Vorbereitung auf 
die Ehegemeinschaft dienenden Brautstand. Gültig- 
keitserfordernisse des Verlöbnisses sind einmal die 
der Verträge überhaupt und außerdem die, wenn 
noch nicht vorhandene, so doch für die Eheschließung 
bestimmt zu erwartende Ehefähigkeit der beiden 
Personen. Eine besondere Form war bis zum 
Osterfest (19. April) 1908 nach gemeinem Kirchen- 
recht weder erforderlich noch Regel. Seit dieser 
Zeit aber ist durch Art. 1 des Dekrets der Konzils- 
kongregation Ne temere vom 2. Aug. 1907 zur 
kirchenrechtlichen Gültigkeit des Verlöbnisses 
Schriftlichkeit verlangt: das Verlöbnis ist abzu- 
schließen mittels einer Urkunde, die von den Par- 
teien und außerdem entweder von dem Pfarrer 
(oder dem Ordinarius) des Ortes oder wenigstens 
von zwei Zeugen unterschrieben werden muß. Un- 
entschieden ist, ob klandestine Verlöbnisse nun auch 
vor dem Gewissen unverbindlich sind; doch scheint 
der Wille des Gesetzgebers, die Gefahren der form- 
losen Eingehung von Verlöbnissen zu beseitigen, 
nur in diesem Fall erreichbar zu sein. Die Wir- 
kungen des rechtsgültigen Verlöbnisses sind: 1) die 
Pflicht zur gegenseitigen Verlöbnistreue; 2) der 
beiderseitige Anspruch auf Abschluß der Ehe in der 
ausbedungenen oder wenigstens in angemessener 
Frist, ein Anspruch, dessen Erfüllung grundsätzlich 
auch durch Klage erzwingbar ist; 3) das Verbot 
für die Verlobten, vor rechtmäßiger Lösung des 
Verlöbnisses mit jemand anders ein Verlöbnis oder 
eine Ehe einzugehen (impedimentum prohibens 
sponsalium); 4) die Entstehung des trennenden 
Hindernisses der Quasiaffinität oder öffentlichen 
Ehrbarkeit (impedimentum dirimens publicae 
honestatis), d. h. des Hindernisses der Ehe- 
schließung zwischen einem Verlobten und einem 
Blutsverwandten ersten Grades des andern Ver- 
lobten. Die Auflösung des Verlöbnisses erfolgt 
1) durch gegenseitige Übereinkunft; 2) ipso jure 
durch den Tod eines der Verlobten, durch den Ein- 
tritt eines indispensabeln Ehehindernisses oder 
einer auflösenden Bedingung, durch (wenn auch 
unerlaubte) Eingehung einer Ehe und durch Ab- 
Ehe und Eherecht. 
  
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legung des Keuschheitsgelübdes; 3) durch wohl- 
begründeten Rücktritt eines der Verlobten, vor 
allem im Fall der Untreue des andern und beim 
Eintritt oder Bekanntwerden von Umständen, die 
den Abschluß des Verlöbnisses verhindert hätten. 
— Im deutschen B. G.B. ist der rechtliche Anspruch 
aus dem Verlöbnis auf Eingehung der Ehe zweifel- 
haft; llagbar ist er nicht (§ 1297). Auch ein 
Ehehindernis wird durch -das Verlöbnis nicht be- 
gründet. Die Auflösungsgründe entsprechen denen 
des kanonischen Rechts; doch ist auch der grund- 
lose einseitige Rücktritt möglich. Es ist aber an 
diesen und an das schuldhafte Veranlassen des be- 
gründeten Rücktritts eine Schadensersatzpflicht 
gegenüber dem andern Verlobten und dessen Eltern 
(§§ 1298 f) und gegebenenfalls gegenüber der de- 
florierten Braut (8 1300) geknüpft. Regelmäßig, 
außer im Todesfall, verpflichtet die Auflösung des 
Verlöbnisses zur Herausgabe der Brautgeschenke 
8 1301). 
2. Die Eheschließung selbst erfolgt durch 
einen Vertrag, nämlich durch die gegenseitige Er- 
klärung von Mann und Weib, daß sie einander 
zur Ehe nehmen (accipio te in uxorem, in ma- 
ritum): sponsalia de praesenti. Zur Begrün- 
dung der Ehe (und des Ehesakraments) ist es 
kirchenrechtlich ganz unerläßlich, daß dieser Ehe- 
konsens wirklich vorhanden ist. Fehlt er, so kommt 
die Ehe, jedenfalls vor dem Gewissen (in foro 
interno), nicht zustande, mag sie auch vom äußern 
Rechtsstandpunkt (in foro externo) als solche zu 
betrachten sein. Die rechtsgültige Erklärung des 
consensus maritalis genügt aber auch zur Ent- 
stehung der Ehe und der ehelichen Rechte und 
Pflichten. Unhaltbar ist die in alter Zeit im An- 
schluß an das germanische Recht und auch neuer- 
dings wieder aufgestellte Kopulatheorie, wonach 
die Ehe erst durch ihren Vollzug mittels copula 
carnalis perfekt werde, so daß erst das matrimo- 
nium consummatum eine wahre, unauflösliche 
Ehe darstelle. 
Der Vertragsnaturder Eheschließung entsprechen 
eine Reihe von Voraussetzungen materieller oder 
formeller Art. 
a) Die materiellen Erfordernisse. 
aJ Die Konsenserklärung ist nur möglich bei 
Handlungsfähigkeit der Eheschließenden. 
Sonst ist die Ehe nichtig, und zwar sowohl bei 
dauernder Handlungsunfähigkeit, wie Mangel des 
Vernunftgebrauchs bei Kindern unter 7 Jahren 
und Wahnsinn, als auch bei bloß vorübergehender, 
z. B. Bewußtlosigkeit des Betrunkenen. Auch das 
B.G.B. (8 1325) läßt bei Geschäftsunfähigkeit 
(§ 104), Bewußtlosigkeit oder vorübergehender 
Störung der Geistestätigkeit (§ 105) keine gültige 
Ehe zustande kommen. Nach ihm genügt aber auch 
nicht die beschränkte Geschäftsfähigkeit 
Minderjähriger (6 106) und Entmündigter oder 
unter vorläufige Vormundschaft Gestellter (§ 114), 
wenn nicht die Einwilligung des gesetzlichen Ver- 
treters (ersatzweise des Vormundschaftsgerichts) 
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