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i) Militärpersonen und in einigen Staaten auch
Landesbeamte dürfen nicht ohne Heiratserlaub-
nis ihrer Vorgesetzten eine Ehe schließen. Nach
einigen Landesgesetzen bedürfen auch Ausländer
dazu einer Erlaubnis oder eines Zeugnisses, nach
dem bayrischen Heimatgesetz auch rechtsrheinische
Bayern (§ 1315).
Literatur. Feije, De impedimentis et dis-
pensat. matr. (Löwen 1893); Villien, L'empeche--
ment de mariage, Sa notion juridique d'apres PFhi-
stoire, in Le canoniste contempor. XXVI (1903)
420 ff 543 ff 638 ff; XXVII (1904) 19 f; Stiegler,
Dispensation im Kirchenrecht 1 (1901), bes. 229 ff;
v. Hörmann, Die Desponsatio impuberum (1891);
Sehling, Die Wirkungen der Geschlechtsgemeinschaft
auf die Ehe (1885); Scharnagl, Das feierliche Ge-
lübde als Ehehindernis (1908); Gaugusch, Das
Hindernis der höheren Weihe (1902); v. Hörmann,
Quasiaffinität 1 (1897), II 1 (1906); Köstler, Die
väterliche Ehebewilligung, Eine kirchenrechtl. Unter-
suchung (1908); Krueckemeyer, Die Mischehe in
Theorie u. Praxis, speziell in Preußen (1904).
V. Wirkungen der Ehe. Von den Wir-
kungen der Ehe sind hier nicht die rein sittlichen
oder religiösen, sondern nur die rechtlichen und
von diesen wieder nur die persönlichen zu er-
wähnen; die vermögensrechtlichen Wirkungen re-
gelt das Ehevermögensrecht, insbesondere das ehe-
liche Güterrecht (s. unten Nr IX).
1. Infolge der Eheschließung sind die Ehe-
leute zur vollen und ungeteilten Lebensgemein-
schaft verpflichtet. Insbesondere sind sie einander
verbunden zum häuslichen Zusammenleben, zur
ehelichen Treue, zur Leistung der ehelichen Pflicht
(das Recht darauf und die Pflicht dazu können
erlöschen, vor allem durch Ehebruch) und zu gegen-
seitiger Unterstützung in allen Lebenslagen. Nach
dem B. G. B. (8 1353) ist der an sich bestehende
und klagbare (wenn auch nicht vollstreckbare:
ZP.O. § 888 Abs. 2) Anspruch auf Aufrecht-
erhaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft ausge-
schlossen, wenn das Verlangen danach sich als
Mißbrauch des Rechts darstellt oder der andere
Ehegatte auf Scheidung zu klagen berechtigt ist.
Der Mann hat die eheherrliche Gewalt. Nach
§ 1354 des B.G. B. trifft er die Entscheidung
in allen das gemeinschaftliche eheliche Leben be-
treffenden Angelegenheiten. Insbesondere bestimmt
er Wohnort und Wohnung und hat regelmäßig
ein Einspruchsrecht, wenn die Frau sich Dritten
zu persönlichen Arbeiten verpflichtet oder durch
sonstige Tätigkeit die ehelichen Interessen gefähr-
det (§ 1358). Gegenüber dem Mißbrauch der
eheherrlichen Befugnisse darf die Frau sich wei-
gern. Mit der genannten Beschränkung hat diese
das Recht und die Pflicht zur Leitung des ge-
meinschaftlichen Hauswesens. Zu persönlichen Ar-
beiten im Hauswesen und im Geschäft des Man-
nes ist sie verpflichtet, soweit dies den sozialen Ver-
hältnissen, in denen sie leben, entspricht (8 1356).
Die Frau teilt Namen und Stand des Mannes,
außer bei der morganatischen Ehe (Ehe zur linken
Ehe und Eherecht.
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Hand) des hohen Adels; so auch nach dem B.G.B.
(6 1355; Einf. Ges. Art. 57 f). Gegenüber den
Kindern haben die Eheleute die Pflicht der leib-
lichen Pflege und der sittlich-religiösen Erziehung.
2. Die von der Ehefrau geborenen Kinder
gelten regelmäßig als Kinder beider Ehegatten,
als eheliche, und genießen als solche eine Reihe
rechtlicher Vorteile. Doch darf die Mutter das
Kind erst nach der Eheschließung geboren haben
und die Möglichkeit nicht ausgeschlossen sein, daß
sie es von ihrem Mann empfangen hat. Die
Empfängnis wird nach dem Vorgang des römi-
schen Rechts frühestens für den 302. Tag (10
Monate), spätestens für den 181. Tag (6 Monate)
vor der Geburt gesetzlich vermutet. So ist es nach
dem Kirchenrecht wie auch nach dem B. G. B.
(8§ 1591 ff). Nach beiden Rechten ist eine An-
sechtung der Ehelichkeit möglich. — Selbst ein
uneheliches Kind wird unter gewissen Voraus-
setzungen durch nachfolgende Ehe seiner Eltern
ehelich (legitimatio per subsequens matrimo-
nium). Das kanonische Recht verlangt zu dieser
Legitimation, daß die jetzigen Eheleute zur Zeit
der Empfängnis des Kindes wenigstens mit Dis-
pens einander hätten ehelichen können; sie ist also
unmöglich bei den im Ehebruch erzeugten Kindern
(adulterini). Außerdem ist die Anerkennung
der natürlichen Vaterschaft seitens des Ehemanns
oder ihre gerichtliche Feststellung erforderlich, aber
auch genügend. Das B.’G. B. (88§ 1799 ff) kennt
das erste Erfordernis nicht. Die Vaterschaft des
Ehemanns wird nach ihm unter Umständen ver-
mutet.
Literatur. Wieruszowski, Handb. des Ehe-
rechts mit Ausschluß des Eheschließungs= u. Ehe-
scheidungsrechts I (1900); Wetzel, Die Verweige-
rung der ehel. Gemeinschaft, im Archiv für bürgerl.
Recht XXVI (1905) 54 ff; Jastrow, Das Recht der
Frau nach dem B. G. B. (1897); Planck, Die recht-
liche Stellung der Frau nach dem B. G. B. (1899).
VI. Ehenichtigkeit und Eheanfechtbarkeit.
1. Eine Ehe ist nichtig (matrimonium invali-
dum, irritum, nullum) und deshalb grundsätzlich
unwirksam, wenn bei ihrer Eingehung es an einem
Gültigkeitserfordernis fehlte oder ein trennendes
Ehehindernis vorlag. Sie bildet so den Gegensatz
zur gültigen und vollwirksamen Ehe (matrimo-
nium validum, verum, ratum). Anderseits ist
sie aber mehr als ein rechtliches Nichts, da das
Recht sie beachtet und unter Umständen Ehe-
wirkungen an ihre Eingehung knüpft. Damit die
Rechtsordnung von nichtiger Ehe spreche, ist vor-
ausgesetzt, daß wenigstens der durch gegenseitige
Erklärung des Ehewillens zwischen Mann und
Weib geschaffene Schein einer Ehe vorliegt.
Wegen der öffentlichen Bedeutung des Eheschlus-
ses und der Wichtigkeit der Ehefolgen kann schon
im kanonischen Recht die Ehenichtigkeit nicht
wie die Nichtigkeit eines gewöhnlichen Rechts-
geschäfts ohne weiteres geltend gemacht werden, so
daß z. B. die Scheinehegatten eigenmächtig wieder