Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

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ein selbständiges Erwerbsgeschäft betreiben. Nur 
wenn dieses die Aufrechterhaltung der ehelichen 
Gemeinschaft hindert, kann der Mann widersprechen 
und auf deren Herstellung klagen. Hat sich die 
Frau einem Dritten zu persönlichen Diensten ver- 
pflichtet, so hat der Mann unter Umständen auch 
ein Kündigungsrecht gegenüber diesem Vertrag 
(§ 1358). 
Da die Vermögensstücke der Ehegatten durch 
die Eheschließung vielfach vermischt werden, so 
stellt das B.G. B. eine Eigentumsvermutung 
aus, die allerdings widerlegt werden kann. Danach 
sind zugunsten der Gläubiger des Mannes die im 
Besitz eines oder beider Ehegatten befindlichen 
beweglichen Sachen als dem Mann gehörig und 
zugunsten der Frau und ihrer Gläubiger die zum 
persönlichen Gebrauch der Frau bestimmten 
Sachen als der Frau gehörig anzusehen (§ 1362). 
Die Güterverhältnisse der Ehegatten regelt das 
eheliche Güterrecht (8§ 1363 ff; s. d. Art. 
Güterrecht). 
Literatur. Wieruszowski, Handb. d. Eherechts 
mit Ausschluß d. Eheschließungs= u. Ehescheidungs- 
rechts (1900/03 f); Rosenfeld, Die Schlüsselgewalt 
der Frau (1900); Siegel, Die Schlüsselgewalt 
(1900); v. Ziegenhierd, Die Schlüsselgewalt der 
Ehefrau (1906); Schröder, Das ehel. GEüterrecht 
(21900). 
Literatur zum ganzen Eherecht. Freisen, 
Gesch. des kanon. Eherechts bis zum Verfall der 
Glossenlit. (21893); Esmein, Le mariage en droit 
canonique (2 Bde, Par. 1891); Schulte, Handb. 
des kath. E.s (1855); Kutschker, Das E. der kath. 
Kirche (5 Bde, 1856/59); Binder, Prakt. Handb. 
des kath. E.s (11891); Rosset, De sacr. matr. 
(6 Bde, Par. 1895 ff); Schnitzer, Kath. E. (?1907); 
Leitner, Lehrb. des kath. E.s (1902); Vogt, Handb. 
des kath. E.s (21904); Wernz, lus decretalium. 
IV: lus matr. (Rom 1904); Gasparri, Trac- 
tatus can, de matr. (2 Bde, Par. "1904 f); Hei- 
ner, Grundriß des kath. E.s (71904); van de 
Burgt, Tract. de matr. (2 Bde, Utrecht 21908 fj. 
Ugl. ferner die Darstellungen des Kirchenrechts. 
Sonstige allgemeine u. spezielle Lit. bei v. Scherer, 
Handb. des Kirchenrechts II (1898), §§ 107 ff, u. 
Sägmüller, Lehrb. des kath. Kirchenrechts (1904 
§§ 121 ff. — v. Scheurl, Das gemeine deutsche E. 
u. seine Umbildung durch das Reichsgesetz vom 
6. Febr. 1875 (1882); Kohler, Das E. des B.G.B. 
(1898); Rocholl, Das E. des B. G. B. (1900); 
Neustadt, Kritische Studien zum Familienrecht. I:: 
Das E. (1907); Leonhard, Das persönl. E., im 
Archiv für prakt. Rechtswiss., 3. Folge, VII (1897) 
223 ff; Jacobi, Das persönl. E. (71899); Hollweck, 
— 
Ehe, hausgesetzliche — Ehre und Ehrenrechte. 
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Ehe, hausgesetzliche, s. Ebenbürtigkeit. 
Ehernes Lohngesetz s. Arbeiterfrage 
p. ff). 
Ehestatistik s. Bevölkerung (Sp. 848 s). 
Ehe zur linken Hand s. Ebenbürtigkeit. 
Ehre und Ehrenrechte. Im allgemeinen 
besteht die Ehre darin, daß jemand wegen seiner 
Tüchtigkeit und der Vorzüge, die ihm eigen sind, 
Achtung von seiten anderer gebührt. Achtung kann 
nun aber einer Person gebühren, sowohl insofern 
sie nach ihren rein persönlichen als auch insofern 
sie nach ihren bürgerlichen und nach ihren Standes- 
verhältnissen aufgefaßt wird. Und danach unter- 
scheidet man denn auch zwischen persönlicher, bür- 
gerlicher, Standes= und Amtsehre. 
1. Persönliche Ehre sprechen wir jenem 
Menschen zu, der eine derartige sittliche Haltung 
besitzt, daß er dadurch der Achtung aller guten 
Menschen sich würdig macht. Aber die Achtung 
von seiten anderer allein erschöpft den Begriff der 
persönlichen Ehre nicht; diese Achtung muß auch 
verdient sein durch eine gediegene sittliche Haltung. 
Nur insofern diese beiden Momente gegeben sind, 
ist der Begriff der persönlichen Ehre erschöpft. Der 
Begriff der Ehre wird auch noch im Sinn der 
äußern Ehrenerweisung genommen. Wie man 
sagt, daß einer Ehre in sich habe, so sagt man 
auch, daß man einem Ehre erweise oder antue. 
In diesem Sinn fällt der Begriff der Ehre zu- 
sammen mit jener auszeichnenden Achtung oder 
Verehrung, welche demjenigen gebührt, der Ehre 
vor andern hat, und die man ihm deswegen auch 
bezeigt. Es ist hier einfach die Wirkung mit dem 
gleichen Ausdruck bezeichnet wie die Ursache. 
Die Ehre ist in dieser Fassung für den Men- 
schen offenbar ein Gut, und zwar ein ideales, 
ein sittliches Gut, weil sie eben die Frucht einer 
gediegenen sittlichen Haltung ist. Der Begriff der 
Ehre schlägt somit in das sittliche Gebiet ein; er 
ist ein eminent sittlicher Begriff und kann nur 
unter der Bedingung, daß er in dieser seiner 
wesentlichen Verbindung mit der Sittlichkeit und 
mit der sittlichen Ordnung gedacht wird, richtig 
aufgefaßt werden. Die persönliche Ehre ist für den 
Menschen auch ein notwendiges Gut, und zwar 
ist es für ihn notwendig wiederum im sittlichen 
Interesse. Denn wenn jemand seiner sittlichen 
Lebensaufgabe genügen und nach Maßgabe seines 
Berufs segensreich wirken soll, dann muß er in 
Achtung bei andern stehen, er muß in einer solchen 
  
Das Zivileherecht des B.G.B., dargestellt im Licht sittlichen Verfassung sich befinden, daß andere ihn 
des kanon. E.s (1900); Leske u. Loewenfeld, Die achten können. Ein Mensch, welcher derart in sitt- 
Rechtsverfolgung im internat. Verkehr. IV: Das licher Beziehung sich führt, daß andere ihn ver- 
E. der europ. Staaten u. ihrer Kolonien (1904). achten müssen, kann unmöglich in seinem Beruf 
Vgl. ferner die Darstellungen des bürgerl. Rechts so wirken, wie er wirken soll, weil er von seiten 
(u. des internat. Privatrechts), insbes. des Fa= - 
milienrechts, sowie die Kommentare zum B. G. B., anderer kein vertrauensvolles Entgegenkommen 
insbes. zum 4. Buch, u. zum Personenstandsgesetz. findet. Die Ehre ist wie eine ideale Atmosphäre, 
Gonstich allgemeine u. spezielle Lit. bei Maas, die den Menschen umgibt und das Gemeine, das 
Bibliographie d. bürgerl. Rechts 1888°1904 (1899 Niedrige von ihm abhält. Ist diese ideale Atmo- 
bis 1905), u. lurisprudentia Germaniae 1905 f sphäre verschwunden, hat sich der Mensch derselben 
(1906 fl. [Heyer.] #entzogen, dann verfällt er in das Gemeine und
	        
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