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rechtlich im wesentlichen nur bürgerliche und
Amtsehrenrechte in Betracht.
Die rechtlichen Ehrenstrafen beziehen sich
zunächst auf die bürgerlichen und Amtsehrenrechte.
Auf Verlust der Ehrenrechte kann erkannt werden
neben der Todes= und Zuchthausstrafe, sowie
unter gewissen Voraussetzungen auch neben der
Gefängnisstrafe. Gewöhnlich bestehen die Ehren-
strafen in dem Verlust der politischen und bürger-
lichen Rechte, also insbesondere des aktiven und
passiven Wahlrechts in Staats-, Bezirks= und
Gemeindeangelegenheiten, sowie der Fähigkeit zur
Bekleidung öffentlicher Amter und Würden, in
dem Verlust öffentlicher Auszeichnungen, in der
Unfähigkeit zur Ausübung von Funktionen, welche
ein höheres Vertrauen voraussetzen, auch wohl in
dem Verlust des Rechts, die Waffen zu führen,
eidliches Zeugnis zu geben usw. Ob und welche
Ehrenstrafen in Anwendung kommen sollen, bleibt
dem Urteil der Richter anheimgestellt.
Literatur. über E. im allgemeinen vgl. auch
den Art. „E.“ in Wetzer u. Weltes Kirchenlexikon
IV (21886) 231; über E. im Recht: Binding, Die
E. im Rechtssinn u. ihre Verletzbarkeit (Leipziger
Rektoratsrede, 1890), u. Gierke, Deutsches Privat-
recht 1 (1895), § 53; über Eenstrafen die Arbeiten
von Wahlberg (1864), Freudenstein (1884) u.
Reichmann in Holgendorffs Rechtslexikon 1 (:1880)
603 [Stöckl, rev. Ettlinger.)
Eichung s. Maß und Gewicht.
Eid. I(Begriff. Arten. Anwendung. Ver-
pflichtung und Verletzung. Geschichte.)
Begriff. Der Eid (iuramentum, ius-
lurandum) ist eine feierliche Anrufung Gottes
als Zeugen für die Wahrheit einer Aussage. Die
Anrufung Gottes kann eine ausdrückliche sein. Es
Eichung — Eid.
genügt aber auch, daß sie in dem Gesagten irgend--
wie enthalten oder eingeschlossen sei, indem sich der
Schwörende auf Dinge beruft, welche zu Gott in
Beziehung stehen. Darum ist ein Eid gegeben,
wenn die Aussage gemacht wird „beim heiligen
Evangelium“, „bei den Sakramenten“, „beim
heiligen Kreuz“, „bei der Kirche“,
lischen Glauben“, „beim Himmel“,
liquien“, „bei den Heiligen“, „bei der eigenen
Seele“. In jedem Fall aber muß sich die An-
rufung Gottes, sei sie unmittelbar oder mittelbar,
auf den wahren Gott beziehen.
Der Eid ist die höchste und heiligste Beteuerung.
„Denn Menschen schwören bei dem, der größer ist“
„bei den Re-
„beim katho-
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solcher verurteilt und von dem allmächtigen Gott
bestraft werden müßte. „Eide sind .. Zeugnisse
letzter Geltung, und zwar .. durch die Zurück-
führung der menschlichen Ordnung in die gött-
liche, durch die vorausgesetzte Wirkung des Ge-
dankens an Gott auf die Gewissen“ (Trendelen-
burg, Naturrecht auf dem Grunde der Ethik
1#„1868] § 117). Hieraus ergibt sich, daß
die Bedeutung des Eides mit dem Glauben an
den persönlichen Gott und an seine Allwissen-
heit, unendliche Wahrhaftigkeit, Heiligkeit, Ge-
rechtigkeit und Allmacht steht und fällt. Die
Anrufung Gottes kann nur auf denjenigen wirk-
samen Eindruck machen, welcher von diesem Glau-
ben lebendig durchdrungen ist. Es entsprach des-
halb ganz und gar dem Wesen des Eides, wenn
in Nordamerika früher vor jeder Eidesleistung ein
förmliches Glaubensbekenntnis verlangt wurde
(vgl. Stimmen aus Maria-Laach XIII 157). Jeder
Eid ist ein feierliches Bekenntnis des Glaubens
an einen persönlichen allwissenden und wahrhaf-
tigen Gott. Der Schwörende beruft sich für die
Wahrheit seiner Aussage auf die Allwissenheit
Gottes, die dem Irrtum nicht unterworfen ist, und
auf die unendliche Wahrhaftigkeit des höchsten
Lerm und Richters, dem „lügenhafte Lippen ein
reuel sind“ (Spr. 12, 22). Der Eid ist also
ein wesentlich religiöser Akt. Wer das reli-
giöse Moment aus dem Eid entfernen will, der
hebt den Begriff des Eides auf. „Die Entfernung
alles Religiösen aus der Eidesformel, völlige Ab-
schaffung des spezifisch religtösen und Einführung
eines rein bürgerlichen Eides für alle Staats-
angehörigen ohne jede Rücksicht auf die Konfes-
sion“, wie sie z. B. Reichenbach (Der Eid und die
Eidesfrage in Deutschland (21890. 52) als die
durch das Kulturleben der Gegenwart geforderte
Reform des Eides empfiehlt, bedeutet die völlige
Aufhebung des Eides. Die sog. moralischen oder
bürgerlichen Eide sind überhaupt keine Eide. Mit
der Ausschaltung Gottes als Zeugen für die Wahr-
heit hört die Beteuerung auf, ein Eid zu sein. Sie
ist nur mehr eine Versicherung rein menschlicher
Art. Daran vermag auch nichts zu ändern die
Anwendung einer größeren oder geringeren Feier-
lichkeit bei einer solchen Beteuerung oder die Fixie-
rung einer schweren Strafe für eine falsche Aussage.
In subjektiver Beziehung setzt der Eid bei dem
Schwörenden den Glauben an einen persönlichen
als sie, und jeder ihrer Gegenrede Ende ist zur Gott voraus. Wer diesen Glauben nicht besitzt,
Bestätigung der Eid“ (Hebr. 6, 16). Der unter nenne er sich religions= oder glaubenslos, Atheist,
Anrufung Gottes gemachten Aussage wird von Deist, Pantheist oder Monist, kann keinen Eid
jeher die größte Glaubwürdigkeit deshalb bei- ablegen und ist zur Leistung eines solchen nicht
gemessen, weil man annimmt, daß die lebendige zuzulassen. Auf seiten des Eidfordernden und Eid-
Erinnerung an den allwissenden, unendlich wahr= nehmenden ist der gleiche Glaube nicht notwendig.
haften, allheiligen, allgerechten und allmächtigen Aber der Eid hat doch auch für ihn erst dann seine
Gott den Schwörenden abhalten werde, eine Ver= volle sittliche Bedeutung und Wirkung, wenn auch
sicherung zu geben, welche von dem allwissenden er an den Gott des Schwörenden aufrichtig glaubt.
Gott als unwahr erkannt, von dem unendlich
l
Weil nach dem Gesagten im Eid ein feierliches
wahrhaften und allheiligen Gott als sittlicher Bekenntnis des Glaubens an einen Gott liegt,
Frevel verabscheut, von dem allgerechten Gott als ist er seiner Natur nach ein Akt der Gottes-