1497
ist angesammelter Erwerb: ein guter Teil desselben
(der ganze Grund und Boden) ist nicht von dem
Menschen hervorgebracht (vgl. Costa-Rossetti S. J.,
Allgemeine Grundlagen der Nationalökonomie
(18887 111 ff). Um zu einem für die Besteue-
rung brauchbaren Begriff des Einkommens zu
gelangen, wird man das einfache Beispiel von dem
Eigentümer der Sachgüter und dem Arbeiter und
die dabei entwickelten Begriffe von Einnahme und
Einkommen dahin zu erweitern haben, daß man
von der Einnahme alle diejenigen Aufwendungen
abziehen muß, welche erforderlich sind, um die
Einnahme zu erzielen, insbesondere also auch
Schuldzinsen; man wird ferner die Berechnung
anzustellen haben für einen bestimmten Zeitraum;
gewöhnlich geschieht dies für ein Jahr, um da-
durch das Jahreseinkommen zu ermitteln. Am
Schluß des Jahres wird man aber auch fest-
zustellen haben, ob das Vermögen etwa einen un-
mittelbaren Zuwachs an seinem wirtschaftlichen
Wert erhalten hat, und zu den Einnahmen auch
erworbene Rechte u. dgl. rechnen, so daß die
Schlußfrage dahin lautet: wieviel bleibt an Ein-
kommen zur Verwendung der Person übrig, ohne
daß das Vermögen geschmälert wird? «
Es ist nicht nötig, den Begriff „reines Ein-
kommen“ herbeizuziehen. Für das, was nicht
reines Einkommen ist, besteht der Begriff Ein-
nahme. Die Bildung des Begriffs „freies
Einkommen“ im Hinblick auf die Besteuerung
hatte zum Zweck, dasjenige Einkommen zu finden,
welches übrigbleibt, nachdem der Steuerzahler
seines Lebens Notbedarf befriedigt hat. Es ist
aber nicht möglich, einen auch nur annähernd rich-
tigen Maßstab für den zu machenden Abzug zu
finden, und man wird daher guttun, nicht von
freiem Einkommen zu sprechen. — Etwas anderes
ist für die Besteuerung die Rücksichtnahme auf die
minderen Einkommen durch Freilassung oder durch
verhältnismäßig geringere Belastung des Ein-
kommens; nur unter Erwägung der besondern
Verhältnisse in dem betreffenden Steuergebiet läßt
sich in diesem Punkt das Richtige finden. — Es
gibt eine Art des Einkommens, welches ohne Ar-
beit und ohne Benutzung von Sachgütern seitens
des Einnehmenden erlangt wird: Geschenke, Al-
mosen. Man hat dies als abgeleitetes Ein-
kommen bezeichnet. Ob man dasselbe zur
Steuer heranzieht, hängt von den tatsächlichen
Verhältnissen ab: Almosen bleiben wegen ihrer
Geringfügigkeit frei, Geschenke bzw. geschenkartige
Leistungen, namentlich wenn dieselben periodisch
wiederkehren, können recht wohl getroffen werden.
Bei der ganzen bisherigen Betrachtung ist das
Einkommen in seiner unmittelbaren Beziehung zu
den Personen gedacht. Nur dieses ist auch Gegen-
stand der Einkommensteuer. Wohl zu unterscheiden
vom Einkommen ist der Ertrag, z. B. aus dem
Gewerbe, welches eine Person treibt, um Ein-
kommen für sich zu erzielen. Was wir bei der
Person Einnahmen nannten, kann man bei dem
Einkommensteuer.
1498
von ihr betriebenen Gewerbe Rohertrag nennen;
was beim Gewerbe als Gewinn im ganzen heraus-
kommt, nachdem man abgezogen hat, was an Sach-
gütern und Arbeitslöhnen hat verwendet werden
müssen, kann man Reinertrag nennen. Je
nachdem nun der Ertrag oder das Einkommen
zum Ausgangspunkt der Steuerveranlagung ge-
nommen wird, spricht man von Ertragssteuern
oder von der Einkommensteuer. Die Ertrags-
steuern suchen den Gegenstand der Besteuerung
gewissermaßen loszulösen von der Person, welche
die Steuer entrichtet. Man geht dabei von der
Vorstellung aus, daß die Grundlagen der Steuer
nicht in den persönlichen Verhältnissen des Steuer-
zahlers zu suchen sind, sondern in sachlichen Ver-
hältnissen, zu welchen die betreffende Person in
Beziehung steht. Die Grund-, Gebäude-, Ge-
werbe= und Kapitalrentensteuer bilden im allge-
meinen ein Ertragssteuersystem, das hinsichtlich
des Arbeitseinkommens dann noch durch die be-
sondere Einkommensteuer ergänzt wird.
II. Einkommenstener. 1. Man spricht von
einer allgemeinen und einer besondern Einkommen-
steuer. Die allgemeine Einkommensteuer will das
gesamte aus jeder Einkommensquelle stammende
Einkommen treffen; die besondere Einkommen-
steuer will nur ein Einkommen ganz bestimmter
Herkunft, die Erträge aus der persönlichen Arbeits-
betätigung, treffen (sie heißt deshalb auch Arbeits-
ertrags-, Besoldungssteuer) und zur Ergänzung
des Ertragssteuersystems dienen. Sie tritt bei
unsern Ausführungen in den Hintergrund, weil
sie infolge der fast allgemeinen Zurückdrängung
des Ertragssteuersystems durch die allgemeine Ein-
kommensteuer an Bedeutung verloren hat. Nur in
Bayern und Elsaß-Lothringen wird die besondere
Einkommensteuer zur Zeit (1908) noch erhoben,
soll aber auch hier einer allgemeinen Einkommen-
steuer den Platz räumen.
Die allgemeine Einkommensteuer erscheint der
Theorie nach als die gerechteste aller Steuern,
wenn es darauf ankommt, die Last nach Maßgabe
der Leistungsfähigkeit der Steuerzahler (Steuer-
subjekte) zu verteilen. Schwieriger stellt sich die
Erfüllung der Ausgabe im praktischen Leben. Es
ist zunächst zu fordern, daß die Steuergesetzgebung
von dem richtigen Begriff des Einkommens aus-
gehe. Damit ist nicht gesagt, daß die Gesetze Be-
griffsbestimmungen über „das Einkommen“ auf-
stellen sollen, wohl aber, daß die Einzelbestim-
mungen darüber, in welchem Umfang die Heran-
ziehung der Gesamteinnahme des Steuersubjekts
stattzufinden habe, also über die Herausschälung
dessen, was man Einkommen nennen kann, richtigen
und billigen Grundsätzen entsprechen. Fast alle
Einkommensteuergesetze beschränken sich daher dar-
aus, durch solche Einzelbestimmungen das Steuer-
objekt klarzustellen. Vorausgesetzt, daß diese Be-
stimmungen in ihrem Erfolg richtige Anwendung
des Einkommensbegriffs herbeiführen können, ist
doch damit noch nicht die Sicherheit geboten, daß in