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für Anzeigen von Steuerhinterziehung, was man
allerdings auf die Angaben durch Beamte be-
schränken sollte. In unangenehmer Lage befindet
sich der Steuerpflichtige dann, wenn er früher be-
reits der Behörde gegenüber ein zu geringes Ein-
kommen angegeben hat, und nun, um sich von
einem Gewissensdruck zu befreien, den besten Willen
zeigt, sein wirkliches Einkommen zu offenbaren,
bei Ausführung seines Entschlusses aber gewaltige
Nachholungen der Steuer und Strafen für Hinter-
ziehung zu gewärtigen hat. Um solchen Personen
eine Rektifizierung ihrer ursprünglichen Deklara-
tion gefahrlos zu ermöglichen, ist — wie dies z. B.
in Bayern bei der Kapitalrentensteuer bereits
wiederholt mit gutem Erfolg geschehen ist — die
Erteilung eines sog. Generalpardons in größeren
Zwischenräumen zu empfehlen, darin bestehend,
daß jeder innerhalb einer bestimmten Frist dekla-
rieren darf, ohne über augenfällige Widersprüche
mit einer früheren Deklaration Rechenschaft geben
zu müssen.
Man ersieht aus diesen Andeutungen, daß mit
der Durchführung der Selbsteinschätzung mancher-
lei Mißstände verknüpft sind. Man begegnet der
Ansicht, daß dieselbe eine Prämie für die Unred-
lichkeit und einen Druck für die Gewissenhaften
zur Folge habe. Trotzdem wird man eine gleich-
mäßige Einschätzung immer noch eher unter
Zuhilfenahme der Selbsteinschätzung als auf den
andern Wegen erreichen können, welche außer ihr
zur Einkommenzsfeststellung beschritten werden kön-
nen. Es erhellt dies insbesondere, wenn man die
einzelnen Quellen des Einkommens in Betracht
zieht und die Möglichkeiten erwägt, das Ein-
kommen aus einzelnen dieser Quellen anders als
durch Selbstangabe des Pflichtigen zu erkennen.
Einfach gestaltet sich die Sache nur bei festen Ge-
halten, annähernd so bequem bei Berechnung auf
Grund von bekannten Lohnsätzen. Bei dem Grund-
besitz hat man gewisse Anhaltspunkte durch die
Höhe der Pachterträge, durch Vergleichung mit
den Grundsteuerreinerträgen, durch Berücksich-
tigung von Grundstückspreisen, durch Schätzung
der Einnahmen auf Grund besonderer Ermitt-
lungen im einzelnen Fall, und kann so gewisse
Normalsätze für gleichartige Verhältnisse heraus-
finden, deren Anwendung, unter gleichzeitiger Be-
rücksichtigung der Besonderheiten im einzelnen, zu
einer billigen Abschätzung führen kann. Man kann
beinahe sagen, daß ein Landwirt, welcher nicht
genau Buch führt, kaum richtiger sich selbst ein-
zuschätzen vermag, als dies auf sachverständige
Weise von Dritten erfolgt. Weit schwieriger schon
gestaltet sich die Einschätzung des Einkommens aus
Gewerbe und Handel. Es fehlt die Kenntnis des
Anlagekapitals. Vielleicht bietet der Umfang des
in der Geschäftswelt zutage tretenden Geschäfts-
verkehrs, die Zahl der im Betrieb angestellten bzw.
verwendeten Personen Anhaltspunkte; aber mit
Sicherheit läßt sich schwer schätzen. Bei allen Ein-
schätzungen aus Betrieben, sei es aus landwirt-
Einkommensteuer.
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schaftlichen oder gewerblichen, bieten ganz beson-
dere Schwierigkeiten die Schulden dar, das fremde,
mit Zinsen beschwerte Geld, wobei man auch meist
nicht einen gleichmäßigen Zinsfuß annehmen kann,
da dieser mit dem Risiko des Darleihers zu steigen
pflegt. Am allerwenigsten äußerlich erkennbar ist
das Einkommen aus Kapitalbesitz. Soweit es sich
um eingetragene Kapitalien handelt, geben freilich
die amtlichen Hypotheken= oder Grundbücher Aus-
kunft. Alles nicht eingetraßene Kapital und somit
auch das Einkommen aus demselben, insbesondere
aus Wertpapieren, entzieht sich der Abschätzung.
Bei allem Einkommen bietet allerdings der Auf-
wand, welchen der Steuerpflichtige macht, voraus-
gesetzt, daß er nicht leichtsinnig mit vom Kapital
lebt, einen Anhalt für dasjenige, was derselbe
mindestens an Einkommen besitzen muß. Wieviel
aber der Kapitalbesitzer an Ersparnissen jährlich
zurücklegt, entzieht sich der Beurteilung. Der
Lumpensammler, welcher in scheinbarer Not sein
Leben auf dem Strohsack endet, in welchem er ein
Vermögen verborgen hat, ist der am meisten
ausgeprägte Typus für Verschleierung des Ein-
kommens.
Zu einer gerechten Einschätzung gehört aber
nicht nur die Ermittlung der Einnahmen aus den
verschiedenen Quellen, sondern auch die richtige
Würdigung von Tatsachen, welche eine solche Be-
lastung der Einnahmen verursachen, daß man den
Geldwert der Belastung von den Einnahmen in
Abzug bringen muß, um dasjenige Einkommen
zu ermitteln, welches man billigerweise als steuer-
pflichtigen Teil in Anrechnung zu bringen hat.
Der Schuldzinsen ist schon gedacht. Große An-
zahl von Kindern, Verpflichtungen zur Erhaltung
unbemittelter Angehöriger, andauernde Krank-
heiten und sonstige Unglücksfälle mögen genannt
sein als solche Verhältnisse, deren Berücksichtigung
um so mehr geboten erscheint, je geringer die in
Betracht kommenden Einnahmen sind, einen je
größeren Bestandteil der letzteren sie also aus-
machen. Auch diese Momente alle können in ihrem
wirklichen Umfang durch Schätzung kaum richtig
zur Geltung gebracht werden. Und selbst wenn
der der Besteuerung zugrunde zu legende Ein-
kommensbetrag vollständig korrekt festgestellt ist,
steht die wirkliche Leistungsfähigkeit des Pflich-
tigen noch nicht immer im Verhältnis zu diesem
Einkommensbetrag, sondern wird vielmehr wieder
durch eine Reihe besonderer Umstände beeinflußt.
Es ist aber nicht zu bestreiten, daß eine gewissen-
hafte Angabe des Steuerpflichtigen selbst, sei es
über das nach den vorstehenden Rücksichten sich
ergebende steuerpflichtige Einkommen im ganzen,
sei es durch Mitteilung der einzelnen Tatsachen,
aus welchen sich dann das steuerpflichtige Ein-
kommen berechnen läßt, allein zu einer möglichst
gerechten Belastung führen kann und zu einer
befriedigenden Gleichmäßigkeit der Besteuerung
führen müßte, wenn alle Steuerpflichtigen ge-
wissenhaft ihre Angaben machten.