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schaftliche Betriebsvermögen wird gleichfalls in ge-
ringerem Umfang besteuert, kleineres (bis 25 000 )
Betriebsvermögen ist steuerfrei, bei mittleren (bis
50 000 A findet ein Abzug von 40%, bei höheren
(bis 100000 M) von 20% des Schätzungswertes statt.
Das größere gewerbliche Betriebskapital wird höher
besteuert, indem solches von mehr als 50 000 Möbei
der Veranlagung je nach der Größe einen Zuschlag
von 10 bis 65% (bei 400 000 M) des reshn=
werts erhält. Bei dem aus Wertpapieren usw. be-
stehenden Kapitalvermögen werden Beträge unter
1000 M sowie die Kapitalien von Witwen, eltern-
losen Minderjährigen und erwerbsunfähigen Per-
sonen, deren jährliches Einkommen 900 KM nicht
erreicht, von der Steuer befreit. Von den Ver-
Mmögenssteuerwerten dürfen bis zur Hälfte des Steuer-
werts die auf dem Vermögen haftenden Kapital-
schulden abgezogen werden. Der Rest wird auf die
nächstniedere durch 500 teilbare Zahl abgerundet
und bildet dann den Vermögenssteueranschlag. Die
für 100 M Vermögenssteueranschlag zu entrichtende
Steuersumme heißt Steuerfuß der Vermögenssteuer;
derselbe wird für jede Budgetperiode durch Finanz-
gesetz bestimmt.
In Hessen beruht die Neureglung der allgemei-
nen Einkommensteuer auf dem Gesetz vom 12.
Aug. 1899. Man unterscheidet eine Einkommensteuer
2. Abteilung für die Einkommen von 500 bis
2600 M und eine Einkommensteuer 1. Abteilung
für die Einkommen von 2600 M und mehr. In
beiden Abteilungen find Klassen gebildet. In der 1.
Abteilung findet obligatorische Deklaration statt.
Hessen hat ähnlich wie Preußen sein Ertragssteuer-
spstem den Gemeinden überwiesen und statt dessen
eine Vermögenssteuer geschaffen in der Form der
preußischen Ergänzungssteuer. Vermögen bis 3000
K sind freigestellt, ebenso Vermögen bis 10 000 M
im Besitz von elternlosen Minderjährigen und er-
werbsunfähigen Personen, deren Gesamteinkommen
750 M nicht übersteigt.
Auch die meisten andern deutschen Staaten be-
sitzen eine allgemeine Einkommensteuer. Nur in
Bayern, Elsaß-Lothringen und Mecklenburg besteht
noch neben dem Ertragssteuersystem eine besondere
Einkommensteuer.
Bayern hat seit dem Gesetz vom 11. Juli
1850 die Ertragssteuern durch die Kapitalrenten-
steuer vervollständigt. Diese Ertragssteuer wurde
gleichzeitig durch eine allgemeine Einkommensteuer
ergänzt. Das Gesetz vom 31. Mai 1856 machte
aber die Einkommensteuer aus einer allgemeinen zu
einer besondern, auf bestimmte Erwerbsarten
beschränkten. Da die im Jahr 1879 von der Regie-
rung gemachten Vorlagen, welche wiederum eine
allgemeine Einkommensteuer enthielten, die Zu-
stimmung der Landesvertretung nicht fanden, be-
hielt auch das Gesetz vom 19. Mai 1881 den frü-
heren Umfang. Durch Gesetz vom 9. Juni 1899
wurde das Einkommensteuergesetz von 1881 einer
Revision und Umarbeitung unterzogen. Gegen-
stand der Einkommensteuer ist das Einkommen,
welches durch keine der vier Ertragssteuern getroffen
wird, also das Einkommen aus Lohnarbeit, aus
wissenschaftlicher und künstlerischer Beschäftigung,
aus der Pachtung von Grundstücken und der Ver-
pachtung von Gewerben, aus Besoldungen, Neben-
einkünften, Pensionen der Beamten und der nach
dem Dienstvertrag für einen Monat oder länger
angestellten Privatbeamten, aus Wittümern, Leib-
Einkommensteuer.
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renten usw. Die Steuer wird nach einem sehr man-
nigfaltigen Klassenschema erhoben. Für die Ein-
kommen bis zu 6000 M find z. B. 20 Klassen ge-
bildet, für die Klassifizierung der Einkommen bis
zu 100 000 M find 118 Stufen notwendig. In der
1. Klasse (steuerpflichtiges Einkommen bis 500 K,)
beträgt die Steuer 50 Pfg., in der 2. Klasse (500
bis 750 M Einkommen) 1 M (/8%); die Steuer
steigt dann bis zu den Einkommensklassen über
50 000 , für die sie 3 5/ des Einkommens beträgt,
mit dem die vorausgehende Klasse endet. Bei Ein-
kommen über 10 000 M umfassen die einzelnen
Klassen je 1000 M Einkommen. Befreit von der
subjektiven Steuerpflicht sind Gemeinden, Stif-
tungen, Hilfs- und Sparkassen usw., ferner Per-
sonen unter 18 Jahren hinsichtlich ihres Arbeits-
verdienstes, weibliche Personen, deren Arbeitsein-
kommen 500 M und deren Gesamteinkommen 700 M
jährlich nicht übersteigt (männliche Personen auf
ihren Antrag), Personen mit Einkommen aus
Lohnarbeit bis 750 M, wenn sie im Brot ihres
Arbeitgebers stehen und keine eigene Wohnung ha-
ben, Witwen sowie geschiedene und verlassene Ehe-
frauen, vaterlose Minderjährige und Erwerbsbe-
schränkte usw., wenn ihre Einkommensbezüge 750 M
und ihr Gesamteinkommen 1200 Monicht übersteigen.
Bei die Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträch-
tigenden Momenten kann für Gesamteinkommen
bis zu 5000 M eine Ermäßigung um höchstens
3 Klassen bzw. völlige Befreiung eintreten.
Die Einsteuerung findet nach Haushaltungen
statt. Die Veranlagung erfolgt für die vierjährige
Steuerperiode, doch werden Veränderungen des
steuerpflichtigen Einkommens berücksichtigt. Die
Steuererklärung der Steuerpflichtigen ist unter
Strafe vorgeschrieben. Die Einsteuerung der Per-
sonen mit einem vermutlichen Einkommen von nicht
mehr als 3000 M erfolgt durch das Rentamt, die
der übrigen Personen durch einen Ausschuß von
vier Personen (Steuerausschuß). Gegen die rent-
amtliche Besteuerung wie gegen die Beschlüsse des
Steuerausschusses ist die Berufung zulässig.
Im Aug. 1908 wurde dem Landtag kurz vor
Schluß der Tagung ein Entwurf zu einer umfas-
fenden Umgestaltung des bayrischen Steuerwesens
vorgelegt. Derselbe wurde einem Ausschuß über-
wiesen und dürfte in der Tagung 1909/10 zur Ver-
handlung kommen. Nach dem Entwurf soll die all-
gemeine Einkommensteuer die Grundlage des bay-
rischen Steuersystems werden, die bisherigen
Ertragssteuern „zur angemessenen Vorausbelastung
der im Vermögensbesitz begründeten höheren Lei-
stungsfähigkeit“ aber mit ermäßigten Steuersätzen
und in zum Teil wesentlich veränderter Form bei-
behalten werden.
In Elsaß-Lothringen ist die „Lohn= und
Besoldungssteuer“ geregelt durch Gesetz vom 13.Juli
1901. Steuerfrei sind Einkommen bis 700 KM, der
Lohn der Dienstboten, die Arbeiterfürsorgebeträge
usw. Die Steuersätze sind Klassensätze. Die Veran-
lagung der Einkommen über 2000 K geschieht auf
Grund von Deklarationen der Steuerpflichtigen.
Die Einführung einer allgemeinen Einkommen-
steuer ist (1908) in Aussicht genommen.
In Österreich beruht die Einkommensteuer
auf dem Gesetz vom 25. Okt. 1896. Die Gesetz-
gebung zeigt manche Berührungspunkte mit der
preußischen Reglung. Die österreichische Einkom-
mensteuer verfolgt nicht den Zweck, andere Steuern