Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

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gelder, Lagergelder usw., hinzugerechnet. Die Ein= bei der Nordbahn 
nahmen aus dem Güterverkehr bestehen aus den 
Transportgebühren für Eil= und Frachtgüter so- 
wie aus allerhand Nebengebühren, z. B. Wiege- 
gebühr, Zählgebühr, Deckenmiete, Provisionen — 
welche bei Versicherung erhoben werden —, Kon- 
ventionalstrafen für falsche Deklaration, über- 
mäßige Belastung usw., Lager= und Standgeld, 
Desinfektionsgebühren, Zollgebühren, Aufschluß- 
gebühren. In Frankreich gilt auch die Expeditions- 
gebühr (maintention) als Nebengebühr. Zu den 
„sonstigen“ Einnahmen werden gerechnet die Ein- 
nahmen für ÜUberlassung von Bahnanlagen und 
für Leistungen zugunsten Dritter, für Uberlas- 
sung von Betriebsmitteln, Erträge aus Veräuße= 
rungen usw. 
Anfänglich bildete für die Eisenbahnen der Per- 
sonenverkehr die Haupteinnahmequelle. Es ent- 
fielen z. B. von den Gesamteinnahmen der preu- 
Cischen Eisenbahnen im Jahr 1844 auf den 
Personenverkehr 65% , auf den Güterverkehr 
32,7% und der Rest von 2,3 % auf die sonstigen 
Einnahmen. Dieses Verhältnis hat sich erheblich 
geändert. Für die meisten Bahnen bildet der 
Güterverkehr die Haupteinnahmequelle; es ent- 
fallen auf denselben durchschnittlich gegen zwei 
Drittel der Gesamteinnahmen. Die letzteren sind 
für Preußen auf das Rechnungsjahr 1908 im 
Etat ausgeworfen mit 2045 417000 M, wo- 
von 552 930 000 M auf den Personenverkehr, 
1363 520000 M auf den Güterverkehr und der 
Rest auf „besondere Einnahmen“ entfallen. 
B. Die Selbstkosten des Eisenbahntrans- 
ports bestehen: 1) aus den Kosten der Verzinsung 
und Tilgung des Anlagekapitals; diese Kosten 
betragen, wie man auf Grund von Berechnungen 
annimmt, 50 % der Gesamtselbstkosten und sind 
ihrer Natur nach fest, d. h. bleiben gleich hoch 
ohne Rücksicht auf den Umfang des Betriebs; 
2) — ebenfalls 50% — aus den sog. Betriebs- 
kosten, die sich wieder zusammensetzen aus den Ab- 
nutzungs-, den Material= und den Arbeitskosten. 
Der Ausdruck des Verhältnisses zwischen den 
Ausgaben und den Einnahmen des Betriebs, wie 
sie sich aus den nach gleichen Regeln (dem Normal- 
buchungsformular) erfolgten Buchungen ergeben, 
ist der Betriebskoeffizient (Betriebszahl). 
Bei den preußischen Eisenbahnen betrug derselbe 
im letzten Jahrzehnt: 
  
1896 54,17% 1902 61,34% 
1897 55,27% 1903 59,75% 
1898 57,53% 1904 60,45% 
1899 57,95% 1905 60,62 % 
1900 59,48% 1906 62,635% 
1901 61,75% 1907 wahrscheinlich 
65 %%, wenn nicht noch mehr. 
Im Gegensatz hierzu betrug er bei den fran- 
zösischen Bahnen im Jahr 1906: 
bei der Süudbrahn 
„ „ Paris-Orlktans-Bahn 
„ „ Paris Lyon-Mittelmeerbahn 
47,26 % 
48,290% 
50, 10 % 
Eisenbahnen. 
  
1548 
52,07 % 
„ „ Ostbahn 52,25 % 
„ „MWestbahn .... 55,47% 
„ „ Staatsbahhn 74,18% 
Er war also nur bei der französischen Staats- 
bahn höher, im übrigen aber bedeutend niedriger 
als in Preußen. Einen kleineren Betriebskoeffi- 
zienten als den von 47,26 % der französischen Süd- 
bahn hat es in der Zeit von 1841 bis 1906 auf 
den preußischen Bahnen nur zweimal gegeben: im 
Jahr 1851 betrug er nämlich in Preußen 46,6% 
und 1852 46,9 %. Der höchste Betriebskoeffi- 
zient hat sich bei den preußischen Bahnen im 
Jahr 1883 nach der Verstaatlichung ergeben mit 
65,07%. 
Die Bedeutung des Betriebskoeffizienten darf 
nicht überschätzt werden. Er ist ein unsicherer Maß- 
stab selbst für die Beurteilung der wirtschaftlichen 
Lage solcher Bahnen, die dasselbe Buchungsfor- 
mular haben, wie dies in jüngster Zeit noch einmal 
überzeugend von Stein im Archiv für Eisenbahn- 
wesen 1908, 1 ff nachgewiesen worden ist, und 
darf erst recht nur mit größter Vorsicht benutzt 
werden, wenn die zu vergleichenden Eisenbahnen 
ihre Rechnungen auf verschiedenen Grundlagen 
aufstellen. Letzteres ist aber der Fall bei den 
preußischen Staatsbahnen und den französischen 
Privatbahnen. Mit der obigen Gegenüberstellung 
kann also der Beweis dafür, daß die französischen 
Privatbahnen billiger arbeiteten als die preußischen 
Staatsbahnen, nicht als geführt angesehen werden. 
Wie sich die Betriebsausgaben auf den Per- 
onen= und den Güterverkehr verteilen, läßt sich 
mit Sicherheit nicht bestimmen. Berechnungen 
haben ergeben, daß die Betriebskosten zur Hälfte 
fest und zur Hälfte veränderlich sind. Von den 
Gesamtselbstkosten sind also 75 % fest und 25 % 
beweglich. Daraus ergibt sich, daß die Gesamt- 
selbstkosten der einzelnen Transportleistung mit 
der Zunahme der Zahl der Transportleistungen 
abnehmen, mit andern Worten, daß die Kosten 
des Verkehrs in umgekehrtem Verhältnis zu der 
Dichtigkeit des Verkehrs stehen (Preisgesetz des 
Verkehrs). 
Mit Rücksicht auf den Verwendungszweck unter- 
scheidet man auch hinsichtlich der Betriebsausgaben 
die Ausgaben: 1) für die allgemeine Verwaltung, 
2) für die Bahnverwaltung, 3) für die Transport- 
verwaltung — eine Einteilung, an der übrigens 
die moderne Eisenbahnstatistik nicht festhält. Von 
sämtlichen Betriebsausgaben entfallen in Deutsch- 
land auf die ersteren durchschnittlich etwa 9 bis 
10 %% , auf die Bahnverwaltung etwa 30 bis 31% 
und auf die Transportverwaltung etwa 59 bis 
60 %%. Eine weitere Einteilung der Ausgaben ist 
die in persönliche und sachliche. Auf den preußisch- 
hessischen Bahnen betrugen im Jahr 1905 die 
persönlichen Ausgaben 45.06 % und die sach- 
lichen 54,94 %. 
C. Der Reinertrag. Der Begriff des 
„Reinertrags“ einer Eisenbahn ist kein für alle 
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