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Fälle einheitlicher. Je nach den verschiedenen
Beziehungen, um welche es sich handelt, unterliegt
er Modifikationen. Im weitesten Sinn bezeichnet
„Reinertrag“ den nach Abzug der wirklich ver-
ausgabten Verwaltungs-, Unterhaltungs= und
Transportkosten verbleibenden Überschuß der Be-
triebseinnahmen für einen bestimmten Zeitabschnitt.
Bei den Privatbahnen kann man die Beiträge zu
dem Reserve= und Erneuerungsfonds den Unter-
haltungskosten hinzurechnen. Hierdurch erhält
man einen etwas modifizierten Begriff des „Rein-
ertrags“. Der an die Aktionäre einer Eisenbahn-
gesellschaft verteilbare Reinertrag (vgl. auch § 215
des H.G.B.) ist wiederum kleiner; es kommen
nämlich von demselben noch die auf ihm ruhenden,
nach seiner Höhe sich bestimmenden Ausgaben in
Abzug, z. B. Eisenbahnabgaben, Tantièmen der
Gesellschaftsbeamten usw. Die Zahl der Modifi-
kationen des Begriffs „Reinertrag“ ist hierdurch
noch keineswegs erschöpft.
Die Ermittlung des Reinertrags der Eisen-
bahnen ist nur durch die Aufstellung eigentlicher
„Betriebsbilanzen“, nicht durch die Ausstellung
sog. „Vermögensbilanzen“ möglich (vgl. v. Strom-
beck in Buschs Archiv für Handelsrecht XXXVII
1 ff; XXXVIII 15 ff und in Goldschmidts Zeit-
schrift für Handelsrecht XXVIII 459 ff). In die
Betriebsbilanz gehören außer den eigentlichen Be-
triebseinnahmen und -ausgaben die a conto des
Betriebs zu unterhaltenden Fonds, wie z. B. Er-
neuerungsfonds usw. Bei größeren Eisenbahn-
unternehmungen, insbesondere bei den Staats-
bahnen, werden häufig gewisse Erweiterungen des
Unternehmens, z. B. der Bahnhöfe, welche theore-
tisch genommen dem Baukonto (Anlagekapital) zur
Last fallen müßten, auf das Betriebskonto über-
nommen. Die Folge ist, daß der sich ergebende
Reinertrag etwas niedriger erscheint, als er in
Wirklichkeit ist. Bei manchen Ausgaben und auch
bei einzelnen Einnahmeposten ist es in der Praxis
schwer zu bestimmen, wieweit sie auf das Betriebs-
und wieweit sie auf das Baukonto zu übernehmen
sind. Im Interesse der Solidität liegt es, daß in
Zweifelsfällen das Betriebskonto belastet wird, und
daß sogar eigentliche Erweiterungen des Unter-
nehmens in gewissem Umfang aus den Betriebs-
einnahmen beschafft werden. Dies ist auch der
Standpunkt des für die Eisenbahnen Deutschlands
erlassenen „Normalbuchungsformulars“, „All-
gemeine Vorschriften“ unter V.
Der Reingewinn im Verhältnis zum Anlage-
kapital ergibt die Rente.
D. Tarifwesen (Tarif sarab.) = Preisver-
zeichnis). 1. Vorbegriffe. Überläßt eine Bahn-
verwaltung einem andern ihre Bahn zur Mit-
benutzung mit seinen eigenen Fahrzeugen, so erhält
sie dafür „Bahngeld“. Besorgt sie den Transport
fremder Güter oder Personen mit ihren oder mit
gestellten Fahrzeugen, so erhält sie dafür „Fracht“.
Im Normalfall, d. i. wenn die Bahn den Trans-
port mit ihren eigenen Fahrzeugen ausführt, ist
Eisenbahnen.
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der Frachtbetrag bei genauer Betrachtung die
Summe dreier Komponenten: der Vergütung für
die Benutzung der Strecke, der Wagenmiete und
der Vergütung für die Besorgung des Transports.
Sich dies zu vergegenwärtigen, ist z. B. wichtig bei
der Frage, ob es im Interesse der Aufrechterhal-
tung der Parität zwischen Eisenbahn= und Wasser-
straßenverkehr angezeigt ist, daß der Staat für die
Gestattung der Benutzung von ihm für die Schiff-
fahrt brauchbar gemachter Wasserstraßen eine dem
Bahngeld entsprechende Abgabe erhebt. Die Fracht
pflegt nicht für den einzelnen Fall verabredet zu
werden, sondern wird allgemein nach Taxen fest-
gesetzt. Diese verschiedenen Taxen werden zu-
sammengestellt in einem Eisenbahntarif. Die Zu-
sammenfassung der Grundsätze, wonach ein solcher
Tarif aufgestellt wird, nennt man ein Tarifsystem,
und die gesamte äußere Anordnung eines Tarifs
und seine Einteilung in Klassen Tarifschema. Ver-
bandstarife sind die von den Verbänden verschie-
dener Eisenbahnen oder Eisenbahnen und Schiff-
fahrtsunternehmungen zur Erledigung des Verkehrs
verabredeten Tarife. (Hand in Hand mit der Ver-
abredung der Tarife gehen Abmachungen über die
Instradierung der Güter, d. i. Bestimmung der
Route u. dgl.)
Differentialtarife, über deren Berech-
tigung früher lebhaft gestritten worden ist, sind
Tarife, welche für die Beförderung derselben Per-
sonen in derselben Wagenklasse und einer gleichen
Menge Gutes auf gleiche Entfernung die Fracht
ungleichmäßig (differential) bestimmen. Man
rechnet dazu z. B. 1) diejenigen Frachtunterschiede,
welche auf der Einrechnung eines festen Zuschlags
neben dem Streckensatz im Tarif beruhen; 2) die-
jenigen, welche dadurch entstehen, daß ohne Rück-
sicht auf Entfernungen ein Gesamtfrachtsatz auf-
gestellt wird; 3) diejenigen, welche entstehen durch
die verschiedenen Tarifklassifikationen der Eisen-
bahnen (elative Differentialtarife); namentlichaber
4) diejenigen, welche dadurch entstehen, daß man
mit der zunehmenden Entfernung niedrigere oder
höhere Streckensätze anwendet: das sind die sog.
Staffeltarife, auch Tarife mit fallender (oder
steigender) Skala genannt. Irrtümlich wird der
Staffeltarif oft Zonentarif genannt. Das
Wesen des letzteren besteht darin, daß die Trans-
portgebühr nicht nach einzelnen Kilometern, son-
dern einheitlich für eine größere Anzahl von Kilo-
metern (Zone) berechnet wird, z. B. für 1—25,
26—50, 51—75 km usw. Ein solcher Zonentarif
kann gleichzeitig auch ein Staffeltarif sein, braucht
es aber nicht. 4 ç
Disparitätentarif ist ein Differential-
tarif, der zwischen zwei entfernteren Orten absolut
niedrigere Frachten ergibt als nach einer Zwischen-
station derselben Route. (Diese werden von der
preußischen Regierung nur hinsichtlich des Transit-
verkehrs für zulässig erachtet.) · »
Tarifbegünstigungen kommen im Güter-
verkehr vor: