Full text: Staatslexikon. Erster Band: Abandon bis Elsaß-Lothringen. (1)

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wirtsch. Zustand, Verwaltung (2 Bde, 1895 96); 
Resener, A. unter engl. Okkupation (1896); Wood, 
Egypt under the British (Lond. 1896); Cameron, 
Egypt in the 19% Century (ebd. 1898); Milner, 
England in Egypt (ebd. 51899); Grünau, Die 
staats= u. völkerrechtl. Stellung &.3 (1903); Guer- 
ville, Das moderne A. (aus dem Engl., 1906); 
Cromer, Modern Egypt (2 RBde, Lond. 1908; 
deutsch von Plüddemann, 1908); Kayser-Roloff, 
. einst u. jetzt (31908). — Dagob. Schoenfeld, 
Erythräa u. der ägypt. Sudan (1904); Schanz, A. 
u. ägypt. Sudan (1904). 
Ed. Franz, rev. Dresemann.] 
Aktiengesellschaft. Unter Aktiengesellschaft 
versteht man einen Verein, der zu einem bestimmten 
Zweck mit einem bestimmten Kapital gegründet 
ist, welches in eine gegebene Anzahl Teile (Aktien, 
actions, shares) zerlegt ist, so zwar, daß die 
Mitgliedschaft in dem Verein durch die Erwerbung 
eines solchen Kapitalteils erlangt wird, während 
lediglich der Verein als solcher für die Erreichung 
der Vereinszwecke tätig ist und durch die Hand- 
lungen seiner berufenen Organe nur das Gesell- 
schaftsvermögen, nicht die Mitglieder (Aktionäre) 
verpflichtet. Die Aktiengesellschaft ist stets eine 
Handelsgesellschaft, auch wenn der Gegenstand des 
Unternehmens nicht in Handelsgeschäften besteht. 
Der eigentliche Träger der Rechte und Verbind- 
lichkeiten ist das Aktienkapital, also ein unpersön- 
liches Etwas, ohne Rücksicht auf den Zweck, 
während in eigentlichen Vereinen und Gesellschaften 
die Personen der Mitglieder in ihrer Gemeinsam- 
keit als Rechtssubjekt aufzufassen sind. Der Aktio- 
när hat nur das Recht seiner Aktie und insoweit 
er solche besitzt, und auch hinsichtlich der passiven 
Anteilnahme wird er lediglich in demselben Maß 
verpflichtet. Die französische Rechtssprache nennt 
daher sehr bezeichnend die Aktiengesellschaft société 
anonyme. 
Die Aktiengesellschaften sind wesentlich ein Pro- 
dukt des modernen germanischen Rechts. In den 
sccietates vectigalium des römischen Rechts 
sind nur gewisse Analogien vorhanden, namentlich 
in Rücksicht auf die sog. affines, welche bloß mit 
Anteilen an der Gesellschaft partizipierten; gerade 
das Prinzip der Aktiengesellschaften, daß unter den 
Aktionären selbst ein obligatorisches Verhältnis 
nicht stattfindet, trifft in Bezug auf jene socie- 
tates nicht zu. Das Prinzip der Aktiengesellschaft, 
daß der Betrieb eines nutzbringenden Unternehmens 
durch die gemeinschaftlichen Mittel mehrerer und 
zum Nutzen derselben lediglich nach Maßgabe ihrer 
Geldbeteiligung ermöglicht werde, ohne daß die 
Genossen in die Lage kommen können, wegen Ver- 
bindlichkeiten der Gemeinschaft mit einem größeren 
Betrag als dem ihrer Beteiligung herangezogen 
zu werden, mit der Berechtigung, durch freie Ver- 
äußerung des Anteils alle Rechte und Pflichten zu 
übertragen, dieses Prinzip findet sich historisch 
nachweisbar zuerst in den deutschrechtlichen Ge- 
werkschaften und Spännerschaften ver- 
wirklicht. In ihnen finden sich in der Verwirklichung 
  
  
Aktiengesellschaft. 
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der gesunden genossenschaftlichen Verbindungen, 
einer Eigenart des deutschen Rechtslebens, durch die 
starke Betonung unbeschränkter Verfügungsfreiheit 
die Uranfänge einer Institution, welche, entgegen 
dem genossenschaftlichen Streben, die Personen 
vollständig in den Hintergrund schiebt. Das Prin- 
zip läßt sich weit zurück als vorhanden konstatieren, 
ohne daß es möglich wäre, im einzelnen eine förm- 
liche Gleichheit der Institutionen durch die Jahr- 
hunderte nachzuweisen. 
Als älteste nachweisbare Aktiengesellschaft wird 
übereinstimmend die am Ende des 14. oder An- 
fang des 15. Jahrh. gegründete Genueser Bank 
(Banca di San Giorgio) angenommen. Außer- 
halb Italiens, wo sich auch in den sog. Montes 
eine Art von Aktiengesellschaften in frühen Zeiten 
findet, wurden die ersten Aktiengesellschaften wohl 
in Holland gegründet. Die älteste ist die berühmte 
„Holländisch-ostindische Kompagnie“ (gegründet 
1602). Ihr folgten in Loland mehrere ähnliche 
Institute und ebenso in England und Frankreich. 
In letzterem Land ist namentlich die von Richelien 
1628 gegründete Compagnie des Indes occi- 
dentales zu einer bedeutenden Macht und Be- 
rühmtheit gelangt. Merkwürdig an ihr ist nament- 
lich die Art, in welcher der Staat bzw. Ludwig XIV. 
inexaktester Ausführung seines Grundsatzes: L'état 
c’est moi, in diese Aktiengesellschaft sich ein- 
mischte; er berief die Generalversammlungen der 
Aktionäre, königliches Dekret setzte die Dividenden 
fest. In Deutschland dürfte nachweisbar die in 
Wien 1719gegründete „Orientalische Kompagnie“ 
die erste Aktiengesellschaft gewesen sein. Ihr folgte 
im Jahr 1765 die in Hamburg ins Leben ge- 
rufene „Assekuranz-Kompagnie“ und dieser 1821 
die „Preußische rheinisch-westindische Kompagnie“. 
Bis dahin hatten sich überall fast ausnahmslos 
die Aktiengesellschaften dem sog. Welthandel ge- 
widmet. An sie schlossen sich mit der Zeit zahl- 
reiche Versicherungs= und Bankunternehmungen 
und solche zur Ausbeutung von Bergwerken an; 
insbesondere beförderte aber das Aufkommen der 
Eisenbahnen die Entwicklung. Mit der wachsenden 
Kapitalwirtschaft wuchsen auch die Aktiengesell- 
schaften, diese Versonifkationen des Kapitals, wie 
Pilze aus der Erde, so daß bei Erlaß eines deut- 
schen Handelsgesetzbuches (1861) in Preußen allein 
deren 250 vorhanden waren. In der Zeit von 
1851 bis 1871 wurden in Preußen 335, in der 
sog. Gründerperiode 187 1/73 allein 797 Aktien- 
gesellschaften gegründet. Eine amtliche deutsche Sta- 
tistik über das Aktienwesen besteht erst seit 1907. 
Danach bestanden Ende 1906 im Deutschen Reich 
4952 Aktiengesellschaften und 108 Kommandit- 
gesellschaften auf Aktien, das nominelle Aktienkapital 
beider betrug 13839 Millionen Mark. Die größten 
Kapitalien wiesen auf: Banken mit 3736 Mil- 
lionen, Kohlenbergbau mit 706 Mill., Klein= und 
Straßenbahnen mit 677 Mill., Maschinenindu- 
strie mit 610 Mill., Brauerei mit 608 Mill., 
Elektrizitätswerke mit 593 Mill. usn. Von den
	        
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