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„angelegt‘; er hat sein Kapital in Grundstücken,
Häusern u. dgl. festgelegt" und kann es augen-
blicklich nicht herausziehen, nicht flüssig" machen
usw. Es bedarf keines weiteren Beweises, daß alle
diese Redensarten keinen Sinn haben, wenn man
an der von den meisten Vertretern der Wissenschaft
geforderten Auffassung des Kapitalbegriffes fest-
hält; denn welches „Kapital“ soll denn in diesem
Hause, Landgute, in der Fabrik oder in dem
Warenlager bzw. in dem Wohnungsmobiliar, in
der Gemäldesammlung oder in dem Schmucke noch
„stecken", wenn schon das Haus, das Landgut, die
Fabrik oder das Warenlager selbst ein „Kapital
ist, bzw. wenn das Wohnungsmobiliar, die Ge-
mäldesammlung oder der Schmuck selbst gar kein
„Kapital“ ist? Die gedachten Redewendungen wer-
den jedoch sofort verständlich, wenn man sich die
Auffassung der Laien vergegenwärtigt. Der Laie z
versteht heute noch unter „Kapital" in erster Reihe
das sog. „Geldkapital“, die zinsentragende Geld-
summe (die alte Auffassung des Kapitalbegriffes),
und wenn er hierbei auch just nicht an die einzelnen
Geldstücke denkt, so schwebt ihm doch bei dem
Worte „Kapital" jedesmal ein (größerer) Geldes-
(Vermögens-)Wert vor, der ein Erträgnis tat-
sächlich abwirft oder möglicherweise abwerfen
könnte. Und diese Auffassung steckt uns so tief im
Blute, daß viele derjenigen Nationalökonomen,
die in ihren Schriften ausdrücklich lehren, die be-
treffenden Produktions--(Erwerbs-)Mittel selbst
seien „Kapital“, dann doch wieder von „Kapitalien
sprechen, die in Häusern, Landgütern usw. stecken“,
die bald die „Form' von Maschinen, von Baum-
wolle oder andern Waren „annehmen" u. dgl. m.“
(Kleinwächter a. a. O. 207).
Das Ungereimte dieser Vorstellung findet seine
Erklärung, wenn man dem Begriffe des Kapitals
erläuternd beifügt, alles Kapital bestehe nur in
bestimmten Wertbeträgen, die für Erwerbszwecke
verfügbar sind bzw. bereits faktisch im Dienste
bestimmter Erwerbszwecke stehen, gleichviel in
welcher Gestalt sich diese Wertbeträge augenblick-
lich befinden mögen, also nicht in bestimmten
Wertobjetten (Hildebrand).
2. Bestandteile und Arten des Ka-
pitals. Gemäß der obigen Begriffsbestimmung
umfaßt das Produktivkapital einer Volks-
wirtschaft alle Stoffe und Werkzeuge der natio-
nalen Produktion, einschließlich des Handels, so-
weit sie selbst Produkte sind, also: die Nohstoffe,
sowohl die Verwandlungsstoffe, welche die wesent-
liche Substanz des neuen Produktes bilden, als
die Hilfsstoffe, die bei der Produktion verzehrt
werden, ohne jedoch sichtbare Bestandteile des
neuen Produktes zu werden, z. B. die Kohle beim
Schmieden; die Werkzeuge im engeren Sinne des
Wortes und die Maschinen, die sich von den Werk-
zeugen dadurch unterscheiden, daß bei ihnen die
bewegende Kraft nicht unmittelbar vom mensch-
lichen Körper ausgeht wie beim Werkzeug, das
nur die Bewaffnung oder den besseren Ersatz ein-
zelner menschlichen Gliedmaßen bildet (Roscher
a. a. O. 99); ferner die Arbeits= und Nuttztiere,
die produktiven Bauwerke aller Art, die Werk-
stätten, Fabriken, Scheunen, Stallungen, Maga-
zine, Straßen, Eisenbahnen u. dgl., die Boden-
meliorationen, z. B. Entwässerungs= und Be-
wässerungsanlagen, desgleichen die produktiven
Einrichtungen an Grund und Boden, wie Dämme,
Deiche, die sich oft freilich mit dem Boden selbst
dermaßen verbinden, daß sie kaum mehr selbstän-
dig davon zu unterscheiden sind, endlich die Waren-
lager als Stoffe des Handels und das Geld als
Werkzeug desselben.
Anderseits begreift das Erwerb kapital außer
den sämtlichen Bestandteilen des Produktivkapitals
auch noch jene Genußgüter in sich, welche von
ihren Eigentümern nicht als solche benutzt, sondern
. B. im Wege des Tausches, Verleihens oder
Vermietens als Mittel des Gütererwerbes benutzt
werden, wie Miethäuser, Leihbibliotheken usw.
Böhm-Bawerk (a. a. O. 22) nennt hier auch „die
Unterhaltsmittel, welche die Unternehmer ihren
Arbeitern vorschießen“; doch dürften dieselben eher
der ersteren Kategorie zuzurechnen sein.
Das Kapital zerfällt ferner in das stehende
(feste, Anlage-) Kapital und in das umlaufende
Olüssige, Betriebs-) Kapital, ersteres so genannt,
weil es größere oder geringere Dauerhaftigkeit
besitzt, daher zu wiederholter Produktion dienen
kann, wie Gebäude, Werkzeuge, Maschinen, Ge-
räte, Zugtiere. Es verliert während jedes ein-
zelnen Produktionsprozesses nur immer einen Teil
seines Wertes und belastet das Kostenkonto nur
mit einer Quote (Abnutzungs= oder Amortisations-
quote) seines Wertes. Dagegen umfaßt das um-
laufende Kapital jene Kapitalgüter, welche nur
eine einmalige Verwendung zu Produktions= bzw.
Erwerbszwecken zulassen, wie Rohstoffe, Hilfs-
stoffe usw. „Das Geld kann mittelbar auch um-
laufendes Kapital sein, aber im eigentlichen Sinne
nur, insoweit es zur Beförderung der Produktion
dient, z. B. zum Ankauf von Nohstoffen, Ma-
schinen usw. oder zur Entlohnung der Arbeiter.
Insofern aber das Geld Gegenstand des Dar-
lehensvertrages oder anderer nicht produktiver
Geschäfte ist, kann es nur ganz uneigentlich, nur
metaphorisch Kapital genannt werden, voraus-
gesetzt, daß die Zinsen rechtmäßig sind“ (Costa-
Rossetti, Grundlagen der Nationalökonomie 119).
Die Verschiedenheit des Produktiv= und Er-
werbskapitals macht sich auch hier bei der Unter-
scheidung des umlaufenden und stehenden Kapitals
geltend, insofern manche Güter, als Produktions-=
mittel verwendet, einen wiederholten, dagegen als
Mittel eines Erwerbes, der nicht Gütererzeugung
ist, angewendet, nur einen einmaligen Gebrauch
durch ein und denselben Besitzer zulassen, daher
in ersterer Eigenschaft zum stehenden, dagegen als
Bestandteil des Erwerbskapitals angesehen, zum
umlaufenden Kapital gerechnet werden müssen.
Eine Maschine z. B. läßt eine mehrmalige Ver-