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ebenso in Belgien, Luxemburg und Ober-
italien statt. In den linksrheinischen preußischen
Gebietsteilen ist dieselbe durch Ges. vom 17. März
1880 aufgehoben worden, während sie in der
Rheinpfalz bereits durch Ges. vom 17. Nov.
1837 Modifikationen erfahren hatte. Nach pfäl-
zischem Recht haben für gewisse Kultuslasten bei
Insuffizienz des Kirchenvermögens die politischen
Gemeinden mit ihren eventuellen Rentenüberschüssen
aufzukommen. Mangels solcher ist der ungedeckt
bleibende Kultusbedarf durch Umlagen von den
Parochianen aufzubringen. Über die Umlage be-
schließt der (politische) Gemeinderat unter Zu-
ziehung eines Ausschusses beitragspflichtiger Glau-
bensgenossen. Die Festsetzung der Umlagen ge-
schieht regelmäßig durch das Bezirksamt, bei
außerordentlichen Umlagen durch die Regierung
und bei solchen über 50% der Gesamtsteuer durch
den König (M. v. Seydel, Bayr. Staatsr. III
1[1896 597ff). In Hessen, Baden und Württem-
berg wurden in ähnlicher Weise die von der poli-
tischen Gemeinde und deren Gliedern ohne Unter-
schied der Konfession getragenen Kultuslasten sehr
Kirchensteuer.
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Steuerhöhe für den einzelnen wird nach der staat-
lichen Einkommens-und Vermögenssteuerberechnet.
Eheleute, welche in gemischter Ehe leben, zahlen
ohne Rücksicht auf eventuelle güterrechtliche Ver-
träge die Hälfte jenes Steuerbetrages, der beide
zusammen träfe, wenn sie der gleichen Konfession
angehören würden. Bloß eine örtliche Kirchen-
steuer kennt das württembergische Recht,
Gesetz vom 14. Juni 1887. Der Kirchengemeinde-
vertretung steht zu, statt des Staats= und Ge-
meindesteuerfußes eine progressive Abstufung mit
stärkerer Belastung der Wohlhabenderen zu fixieren
und auch solche Kirchenglieder beizuziehen, die
keine Staats= und Kommunalsteuer zahlen. Die
Steuer darf in der Regel 10 % der von der Ge-
samtheit der Steuerpflichtigen zu zahlenden direkten
Staatssteuer nicht übersteigen. Auch Sachsen
besitzt nur eine örtliche Kirchensteuer, und zwar
verschieden geregelt für die katholische und die
lutherische Kirche: für die Katholiken nach Gesetz
vom 2. Aug. 1878 und Verordnung vom 4. April
1879 betr. die Aufbringung des Bedarfs für
die katholischen Kirchen und Schulen des Erb-
frühe auf die Mitglieder der betreffenden Kirchen- landes, und Verordnung vom 30. Sept. 1866;
gemeinde abgewälzt. Hessen besitzt ein Besteue= für die Protestanten Gesetz vom 8. März 1838,
rungsrecht der Kirchen und Religionsgesellschaften 30. März 1868 mit Verordnung vom 9. Okt.
seit dem Gesetz vom 23. April 1875 mit Statutvom 1869. Die Höhe der katholischen Kirchensteuer
16.Okt. 1899 und Gesetz vom 30. März190 1. Da= setzt der verfassungsgemäß stets protestantische
nach sind örtlicheundallgemeine, d. h. auf Kultusminister fest. Bei den Protestanten be-
alle Kirchengemeinden der Diözese oder eines andern schließt die Kirchengemeindevertretung; der Kir-
kirchlichen Gesamtverbandes sich erstreckende Kir= cheninspektion steht die Genehmigung, den Ver-
chensteuern für beide Kirchen zulässig. Seit 1900 tretern der politischen Gemeinden die Zustimmung
wird in der katholischen Kirche Hessens eine allge= zu. Sachsen-Altenburg hat nur eine ört-
meine Kirchensteuer zur Bestreitung der Gehalts= liche (Kirchengemeindeordnung vom 8. Febr. 1877
aufbesserung der Geistlichen erhoben. Die örtliche # und 19. Dez. 1906), Lübeck nur eine allgemeine
wie die allgemeine Kirchensteuer bedarf staatlicher Kirchensteuer für die evangelische Kirche (Gesetz
Genehmigung. Erstere setzt Beschluß des Kirchen= vom 16. Jan. 1895 mit Bekanntmachung vom
vorstandes, Zustimmung der Gemeindevertretung, 2. Jan. 1895). Hamburg besitzt ein örtliches
Mitteilung an die politische Gemeinde und Ein= und ein allgemeines Kirchensteuerrecht, unter-
sendung des Voranschlags an das Kreisamt voraus. 1 scheidet zwischen städtischen und ländlichen Kirchen-
Über die Höhe, Erhebungsart und die Verwen= gemeinden und befreit von der kirchlichen Steuer-
dung der allgemeinen Kirchensteuern beschließt der
nur aus Laien bestehende Diözesankirchenvorstand
(Diözesanvertretung) unter Teilnahme bloß mit
beratender Stimme ausgestatteter kirchlicher Kom-
missionäre. In Baden gelten die auf dem Ge-
setz vom 9. Okt. 1860 basierenden Gesetze betr.
Umlagen für örtliche kirchliche Bedürfnisse vom
26. Juli 1888 mit Abänderungen vom 25. Juni
1896 und 20. Nov. 1906 und Gesetz betr.
Umlagen für allgemein kirchliche Zwecke vom
18. Juni 1892 mit Verordnung vom 11. Dez.
1899 und Gesetz vom 20. Nov. 1906. Über die
örtliche Kirchensteuer beschließt die Kirchenge-
meindeversammlung, in Gemeinden von 80 und
mehr Gemeindegenossen die obligatorische Kirchen-
vertretung. Die allgemeine Kirchensteuer wird von
der Vertretung der Diözese oder Gesamtkirche des
Landes beschlossen, die mindestens zu aus Laien.
durch Wahl sich zusammensetzen muß und nur zu
½ aus aktiven Geistlichen bestehen darf. Die
pflicht alle, die nicht über 1500 M Einkommen
haben (Bekanntmachung des Kirchenrats vom
26. Febr. 1896). Bremen hat nur Beiträge zu
den Kirchenlasten in Landgemeinden (Gesetz vom
27. Nov. 1889), aber ohne öffentlich-rechtlichen
Charakter. In Oldenburg können evangelische
Kirchensteuern erhoben werden, sind aber wie Ge-
meindeabgaben zu behandeln und unterliegen der
staatlichen Genehmigung und Beaussichtigung
(Gesetze v. 11. April 1853, 21. Jan. 1865 und
16. Dez. 1876). Ahrlich ist die Rechtslage in
Braunschweig (Gesetze v. 30. Nov. 1851, 26. Juni
1892 und 28. Mai 1894). Keine Kirchen-
steuergesetzehaben die beiden Mecklenburg, Sachsen-
Coburg-Gotha und Reuß j. L. Vor einer Neu-
reglung des Kirchensteuerrechts steht Bayern.
Der Entwurf einer Kirchengemeindeordnung, der
am 27. Sept. 1907 dem bayrischen Landtage vor-
gelegt worden ist, behandelt im 2. Abschnitt die
Ortskirchenbedürfnisse und die Mittel zu ihrer Be-