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stattung in geweihter Erde von den Kirchenobern
nach den für sie maßgebenden Gesetzen bzw. Ge-
wohnheiten nicht toleriert werden kann. Es ist in
dieser Beziehung jedoch schon hervorgehoben wor-
den, daß die kirchliche Praxis der Gebiete mit
konfessionell gemischter Bevölkerung vielfach eine
Milderung der strengeren Grundsätze des kano-
nischen Rechts adoptiert hat. Wo die Kirchen-
obern nach der Lage der Verhältnisse erlauben
müssen, daß das kirchliche Begräbnis der katho-
lischen Gemeindeglieder auf einem ungeweihten
Friedhof stattfinde (weil die Errichtung beson-
derer geweihter Kirchhöfe den Katholiken verwehrt
oder faktisch nicht erreichbar ist und deshalb die
Leichen nach gesetzlicher Vorschrift nur auf dem
nichtbenedizierten Gemeindefriedhof beerdigt wer-
den können), soll dafür Sorge getragen werden,
daß wenigstens anläßlich der Beisetzung der Leiche
das für diese bestimmte Grab von dem die Leiche
begleitenden Priester nach der Vorschrift des römi-
schen Rituale benediziert werde (vgl. hierzu Conc.
Baltimor., ann. 1866, a. a. O. n. 392; Rituale
eccl. Paris., bei Moulart a. a. O. 108).
IV. Eigentum und Perwaltung; Ers-
begräbnisse. Die Vorschriften des kanonischen
Rechts, welche die Kirchhöfe und das kirchliche
Begräbnis betreffen, setzen wohl den Bestand jener
Ordnung des Begräbniswesens voraus, welche
dieses noch als eine ausschließlich kirchliche An-
gelegenheit erscheinen läßt, so daß allein die Kirche
die hier maßgebenden Normen festsetzt und die
Verwaltung der Kirchhöfe wie des Begräbnis-
wesens überhaupt noch ausschließlich Sache der
kirchlichen Organe ist. Die Behauptung jedoch,
daß die Kirchhöfe im Sinne des kanonischen
Rechts ausnahmslos auch im Eigentum der
Kirche stehen müßten, ist eine irrige. Kirchhöfe
müssen nicht notwendig im Eigentum der Kirche
stehen, welcher sie als Begräbnisplatz dienen; der
Kirchhof kann sich vielmehr auch im Eigentum
eines andern kirchlichen oder weltlichen Rechts-
subjektes befinden. Dieser Satzgilt sogar für die
Kirchhöfe im engeren Sinne (Pertinenzkirchhöfe,
coem. eccl. contigua), welche mit den Kirchen
in räumlicher Verbindung stehen; doch gilt be-
züglich solcher Kirchhöfe, nach kanonischem Recht
wenigstens, die Rechtsvermutung, daß diese Kirch-
höfe als Pertinenz des Kirchengebäudes dein Eigen-
tümer des letzteren (regelmäßig also der Kirchen-
fabrik der Pfarrkirche) gehören. Dagegen ist mit
dem Eigentum an dem Kirchengebäude keineswegs
auch nur das präsumtive Eigentum des für den
Kirchsprengel bestimmten Fernkirchhofes verbun-
den; der Eigentumsprätendent (es sei dies nun die
Pfarrkirche oder sonst ein kirchliches oder welt-
liches Rechtssubjekt) muß hier vielmehr stets die
Existenz des Eigentumsrechts im konkreten Falle
erweisen. Daß die infolge der neueren Staats-
gesetzgebung von den Zivilgemeinden angelegten
Friedhöfe auch als Eigentum dieser Gemeinden
anzusehen sind, wenn nicht etwa eine Eigentums-
Kirchhöfe.
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übertragung erfolgt ist, bedarf wohl keiner weiteren
Begründung. Wurde die Verwaltung des Ge-
meindefriedhofes oder eines Teiles desselben der
Kirchenverwaltung überlassen, so wird hierdurch
das Eigentumsverhältnis ebensowenig geändert
als bei kirchlichen Begräbnisplätzen, deren Ver-
waltung die politische Gemeinde übernommen hat
(wie dies häufig der Fall war, wenn letztere sich
bereit erklärte, für die Zukunft die Last der In-
standhaltung, eventuell Erweiterung des Fried-
hofes zu übernehmen).
Die Behauptung, daß im Gebiete des fran-
zösischen Rechts alle öffentlichen Kirchhöfe Eigen-
um der Zivilgemeinde sein müssen, läßt sich nicht
rechtfertigen; nichtsdestoweniger hält sowohl die
Verwaltungspraxis wie die Rechtsprechung in
Deutschland an dieser Ansicht noch immer kon-
sequent fest (s. auch Reichsgericht unterm 5. JuniD
1885, Sammlung der Entscheidungen in Zivil-
sachen XIV 305), während in Belgien Verwal-
tung und Justiz stets das Eigentumsrecht der
Kirchenfabriken bezüglich der vor der Napoleoni-
schen Gesetzgebung angelegten Kirchhöfe (cime-
tières anciens) anerkannt haben (vgl. Moulart
a. a. O. 376 ff). «
Die Frage, wer verpflichtet ist, für die Anlage
der erforderlichen Begräbnisplätze zu sorgen, die
bestehenden im Stand zu erhalten und eventuell,
dem Bedürfnisse entsprechend, zu erweitern, ist
eine Frage des öffentlichen Rechts; es wurde oben
bereits erwähnt, daß die Staatsgesetzgebung der
neueren Zeit diese Verpflichtung häufig den poli-
tischen Gemeinden auferlegt hat. Der Eigen-
tümer des Kirchhofes ist als solcher keineswegs
auch schon verpflichtet, denselben im Stand zu
erhalten, eventuell zu erweitern oder den Forde-
rungen der Gesundheitspflege entsprechend zu ver-
legen; eine solche Verpflichtung trifft den Kirch-
hofseigentümer vielmehr nur insofern, als dem
letzteren das Gesetz diese Pflicht aus Rücksichten
auf das öffentliche Interesse allgemein auferlegt
hat, oder diese seine Verbindlichkeit sich auf einen
speziellen Rechtstitel (Vertrag, Stiftung) gründet.
Obliegt der politischen Gemeinde diese Verpflich-
tung, so sind die Kosten der Herstellung und Er-
haltung der Friedhöfe, soweit sie nicht aus den
Erträgnissen derselben gedeckt werden können,
ebenso wie andere die Gemeinde treffende öffent-
liche Lasten von allen Gemeindemitgliedern auf-
zubringen, wenn nicht aus einem besondern Titel
G. B. Übereinkommen mit den einzelnen Kirchen-
gemeinden des Ortes bei der Teilung des Fried-
hofes in mehrere nach Konfessionen getrennte
Abteilungen) eine andere Repartition rechtlich be-
gründet ist. Bei konfessionellen Friedhöfen, welche
Pertinenzen der Kirchengebäude sind, treffen nach
gemeinem Recht die Lasten der Erhaltung, ebenso
wie bezüglich des Kirchengebäudes, die Kirchen-
fabrik, eventuell die subsidiär Baupflichtigen. Auf
die sog. Fernkirchhöfe können die gemeinrechtlichen
Grundsätze über die Baulast nicht angewandt