Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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nachdem die einzelnen Grade der potestas ordinis 
und iurisdictionis göttlichen oder kirchlichen Ur- 
sprungs sind, wird jede der beiden Hierarchien 
wiederum in die hierarchia iuris divini und 
bierarchia iuris ecclesiastici vel humani ein- 
geteilt. 
1. In der hierarchia ordinis lassen sich acht 
Stufen oder Grade (ordines, gradus, rlket#) 
unterscheiden: Episcopatus, Presbyteratus, 
Diaconatus, Subdiaconatus, Acolythatus, 
Exorcistatus, Lectoratus und Ostiariatus. 
Episkopat und Presbyterat stehen als sacer- 
dotium dem alle übrigen ordines umschließenden 
ministerium gegenüber; das sacramentum 
ordinis wird von den sacramentalia ordinis 
unterschieden. Das Weihesakrament bilden Episko- 
pat, Presbyterat und Diakonat (ordines juris 
divini, ordines sacri, sacramentales, hierar- 
chici), so zwar, daß das sacramentum ordinis 
generisch eins ist, aber der Sakramentscharakter 
spezifisch unterschiedlich den drei ordines sacri 
zukommt. Der Seele des Empfängers eines ordo 
sacer wird ein unauslöschliches Merkmal (cha- 
racter) eingeprägt, kraft dessen dieser die durch 
jene Weihen empfangene geistige Fähigkeit zur 
Vornahme liturgischer Funktionen und zur Spen- 
dung der von Christus eingesetzten übernatürlichen 
Gnadenmittel nie verlieren kann, sich somit in 
Ewigkeit von denjenigen unterscheidet, welche die 
besagten Weihen nicht empfangen haben. Deshalb 
können auch diese Weihen nicht wiederholt werden. 
Wie aus dem sacerdotium sich in apostolischer 
Zeit das ministerium (diaconatus) entwickelte, 
so entfaltete sich aus dem Diakonate eine Reihe 
weiterer Weihestufen, vorab der Subdiakonat, der 
wegen seiner größeren Verpflichtungen (Zölibat, 
Brevier) seit Urban II. (1088/99) und Inno- 
zenz III. (1198/1216) konstant mit den drei or- 
dines sacri zu den ordines maiores, zu den 
höheren Weihen gezählt wird. Als ordines mi- 
nores, niedere Weihen, haben sich seit dem Ende 
des 2. Jahrh. in der abendländischen Kirche die 
Grade des Akolytats, Exorzistats, Lektorats und 
Ostiariats fixiert. Papst Kornelius nennt in 
einem Briefe an Fabius (vgl. Eusebius, Kirchen- 
geschichte 6, 43) gelegentlich genauer Angaben 
über den römischen Klerus diese Weihestufen sämt- 
lich. Es ist kontrovers, ob es in alter Zeit noch 
andere derartige Amter dienender Ordnung ge- 
geben hat (z. B. Psalmistae oder Cantores, 
Fossores oder Laborantes, Custodes marty- 
rum u. a. m.). Die vier ordines minores (auch 
wohl ordines non sacri genannt, da sie nicht so 
heilige Gewalten wie die ordines sacri mitteilen) 
hatten bis zum Aufkommen der sog. absoluten 
Ordinationen im 12. Jahrh. für ihre besondern 
amtlichen Funktionen eigens dazu geweihte Per- 
sonen; sie sind aber seitdem, wie jetzt zumeist auch 
Subdiakonat und Diakonat, nur noch Durch- 
gangsstufen zum sacerdotium. Der Wunsch des 
Konzils von Trient (Sess. XXIII de ref. c. 17), 
Klerus. 
  
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die Bischöse möchten die niederen Weihen wieder 
in ihre frühere praktische Bedeutung einsetzen, hat 
keine Erfüllung gefunden. Nach der bestehenden 
kirchlichen Ubung werden die Funktionen der nie- 
deren Ordines meistens von Nichtgeweihten 
(Laien) verrichtet. 
Die orientalische Kirche kennt außer den drei 
ordines sacri: Episkopat, Presbyterat und 
Diakonat, nur noch Subdiakonat und Lektorat. 
Die niederen und höheren Weihen können gül- 
tig (valide) von jedem Bischof, selbst dem hä- 
retischen, schismatischen und exkommunizierten, 
gespendet werden, wofern er nur selbst gültig zum 
Bischof konsekriert ist und in rechter Intention den 
Ordinationsritus vollzieht. Das ist allgemeine 
kirchliche Lehre seit dem 13. Jahrh.; ob die von 
häretischen und schismatischen Bischöfen gespen- 
deten Weihen gültig seien, war bis dahin kon- 
trovers. Als außerordentliche Spender der niederen 
Weihen gelten gemeinrechtlich die Kardinalpres- 
byter für die an ihrer Titelkirche Angestellten und 
die benedizierten Abte für ihre Professen, schließlich 
auf Grund eines realen Privilegs, das aber nach 
1564 ausgestellt sein muß, auch einfache Priester 
(ogl. Konzil von Trient: Sess. XXIII de ref. 
. 10). Erlaubterweise (licite) kann der Papst 
überall und an allen weihefähigen Personen die 
Ordination vornehmen, der Bischof hingegen nur 
dann, wenn er kompetent ist. Diese Kompetenz ist 
zunächst eine Folge der Zugehörigkeit des Weihe- 
kandidaten zu einer bestimmten Diözese bzw. deren 
Bischof als seinem episcopus proprius. Die 
einzelnen Gründe, die den Bischof kompetent 
machen, sind angegeben in der Bulle Inno- 
zenz' XII. Speculatores domus vom Jahre 
1694; neu hinzugekommen ist (seit 1898 bzw. 
1906) der Kompetenzgrund der Inkardination. 
Bei mehreren gleichzeitig kompetenten Bischöfen 
darf der Weihekandidat wählen, nur nicht behufs 
doloser Umgehung der Weiheverweigerung seines 
früheren Ordinators. Der zur Weihe berechtigte 
Bischof muß sich in den vom Recht vorgesehenen 
Fällen durch sog. Litterae testimoniales über 
des Kandidaten Lebenswandel und über die Ab- 
wesenheit gesetzlicher Weihehindernisse (Irregula- 
ritäten) orientieren. Ein unzuständiger Bischof 
kann, abgesehen von päpstlicher Beauftragung, 
nur auf Grund von Litterae dimissoriales, bie 
vom kompetenten Bischof oder nach einjähriger 
Sedisvakanz vom Kapitelsvikar auszustellen sind, 
zur Ordinationsspendung bevollmächtigt werden. 
Zur Vermeidung der absolut verbotenen Ver- 
mischung des lateinischen und griechischen Ritus 
bei den Weihen muß nötigenfalls der kompetente 
Bischof einen Bischof des zuerst angewandten Ritus 
delegieren. 
Als absolut und iure divino weihe- 
un fähig (incapaces, incapacitas), so daß auch 
eine formell richtig vollzogene Weihe nichtig (inva- 
lida) sein würde, gelten die Ungetauften, die Per- 
sonen weiblichen Geschlechts (1 Kor. 14, 34. 35.
	        
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