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nachdem die einzelnen Grade der potestas ordinis
und iurisdictionis göttlichen oder kirchlichen Ur-
sprungs sind, wird jede der beiden Hierarchien
wiederum in die hierarchia iuris divini und
bierarchia iuris ecclesiastici vel humani ein-
geteilt.
1. In der hierarchia ordinis lassen sich acht
Stufen oder Grade (ordines, gradus, rlket#)
unterscheiden: Episcopatus, Presbyteratus,
Diaconatus, Subdiaconatus, Acolythatus,
Exorcistatus, Lectoratus und Ostiariatus.
Episkopat und Presbyterat stehen als sacer-
dotium dem alle übrigen ordines umschließenden
ministerium gegenüber; das sacramentum
ordinis wird von den sacramentalia ordinis
unterschieden. Das Weihesakrament bilden Episko-
pat, Presbyterat und Diakonat (ordines juris
divini, ordines sacri, sacramentales, hierar-
chici), so zwar, daß das sacramentum ordinis
generisch eins ist, aber der Sakramentscharakter
spezifisch unterschiedlich den drei ordines sacri
zukommt. Der Seele des Empfängers eines ordo
sacer wird ein unauslöschliches Merkmal (cha-
racter) eingeprägt, kraft dessen dieser die durch
jene Weihen empfangene geistige Fähigkeit zur
Vornahme liturgischer Funktionen und zur Spen-
dung der von Christus eingesetzten übernatürlichen
Gnadenmittel nie verlieren kann, sich somit in
Ewigkeit von denjenigen unterscheidet, welche die
besagten Weihen nicht empfangen haben. Deshalb
können auch diese Weihen nicht wiederholt werden.
Wie aus dem sacerdotium sich in apostolischer
Zeit das ministerium (diaconatus) entwickelte,
so entfaltete sich aus dem Diakonate eine Reihe
weiterer Weihestufen, vorab der Subdiakonat, der
wegen seiner größeren Verpflichtungen (Zölibat,
Brevier) seit Urban II. (1088/99) und Inno-
zenz III. (1198/1216) konstant mit den drei or-
dines sacri zu den ordines maiores, zu den
höheren Weihen gezählt wird. Als ordines mi-
nores, niedere Weihen, haben sich seit dem Ende
des 2. Jahrh. in der abendländischen Kirche die
Grade des Akolytats, Exorzistats, Lektorats und
Ostiariats fixiert. Papst Kornelius nennt in
einem Briefe an Fabius (vgl. Eusebius, Kirchen-
geschichte 6, 43) gelegentlich genauer Angaben
über den römischen Klerus diese Weihestufen sämt-
lich. Es ist kontrovers, ob es in alter Zeit noch
andere derartige Amter dienender Ordnung ge-
geben hat (z. B. Psalmistae oder Cantores,
Fossores oder Laborantes, Custodes marty-
rum u. a. m.). Die vier ordines minores (auch
wohl ordines non sacri genannt, da sie nicht so
heilige Gewalten wie die ordines sacri mitteilen)
hatten bis zum Aufkommen der sog. absoluten
Ordinationen im 12. Jahrh. für ihre besondern
amtlichen Funktionen eigens dazu geweihte Per-
sonen; sie sind aber seitdem, wie jetzt zumeist auch
Subdiakonat und Diakonat, nur noch Durch-
gangsstufen zum sacerdotium. Der Wunsch des
Konzils von Trient (Sess. XXIII de ref. c. 17),
Klerus.
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die Bischöse möchten die niederen Weihen wieder
in ihre frühere praktische Bedeutung einsetzen, hat
keine Erfüllung gefunden. Nach der bestehenden
kirchlichen Ubung werden die Funktionen der nie-
deren Ordines meistens von Nichtgeweihten
(Laien) verrichtet.
Die orientalische Kirche kennt außer den drei
ordines sacri: Episkopat, Presbyterat und
Diakonat, nur noch Subdiakonat und Lektorat.
Die niederen und höheren Weihen können gül-
tig (valide) von jedem Bischof, selbst dem hä-
retischen, schismatischen und exkommunizierten,
gespendet werden, wofern er nur selbst gültig zum
Bischof konsekriert ist und in rechter Intention den
Ordinationsritus vollzieht. Das ist allgemeine
kirchliche Lehre seit dem 13. Jahrh.; ob die von
häretischen und schismatischen Bischöfen gespen-
deten Weihen gültig seien, war bis dahin kon-
trovers. Als außerordentliche Spender der niederen
Weihen gelten gemeinrechtlich die Kardinalpres-
byter für die an ihrer Titelkirche Angestellten und
die benedizierten Abte für ihre Professen, schließlich
auf Grund eines realen Privilegs, das aber nach
1564 ausgestellt sein muß, auch einfache Priester
(ogl. Konzil von Trient: Sess. XXIII de ref.
. 10). Erlaubterweise (licite) kann der Papst
überall und an allen weihefähigen Personen die
Ordination vornehmen, der Bischof hingegen nur
dann, wenn er kompetent ist. Diese Kompetenz ist
zunächst eine Folge der Zugehörigkeit des Weihe-
kandidaten zu einer bestimmten Diözese bzw. deren
Bischof als seinem episcopus proprius. Die
einzelnen Gründe, die den Bischof kompetent
machen, sind angegeben in der Bulle Inno-
zenz' XII. Speculatores domus vom Jahre
1694; neu hinzugekommen ist (seit 1898 bzw.
1906) der Kompetenzgrund der Inkardination.
Bei mehreren gleichzeitig kompetenten Bischöfen
darf der Weihekandidat wählen, nur nicht behufs
doloser Umgehung der Weiheverweigerung seines
früheren Ordinators. Der zur Weihe berechtigte
Bischof muß sich in den vom Recht vorgesehenen
Fällen durch sog. Litterae testimoniales über
des Kandidaten Lebenswandel und über die Ab-
wesenheit gesetzlicher Weihehindernisse (Irregula-
ritäten) orientieren. Ein unzuständiger Bischof
kann, abgesehen von päpstlicher Beauftragung,
nur auf Grund von Litterae dimissoriales, bie
vom kompetenten Bischof oder nach einjähriger
Sedisvakanz vom Kapitelsvikar auszustellen sind,
zur Ordinationsspendung bevollmächtigt werden.
Zur Vermeidung der absolut verbotenen Ver-
mischung des lateinischen und griechischen Ritus
bei den Weihen muß nötigenfalls der kompetente
Bischof einen Bischof des zuerst angewandten Ritus
delegieren.
Als absolut und iure divino weihe-
un fähig (incapaces, incapacitas), so daß auch
eine formell richtig vollzogene Weihe nichtig (inva-
lida) sein würde, gelten die Ungetauften, die Per-
sonen weiblichen Geschlechts (1 Kor. 14, 34. 35.