Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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hatte in Südwestafrika fast alle Zugochsen wegge- 
rafft, und es bestand die Gefahr, daß infolge man- 
gelhafter Verproviantierung der Innenstationen 
eine Hungersnot entstehen könne. Es wurde des- 
halb die Bahn Swakopmund-Windhuk projek- 
tiert, vorläufig jedoch nur als durch Maulesel zu 
betreibende Kleinbahn in Angriff genommen. Sie 
wurde später im Unterbau verstärkt, so daß sie 
Lokomotiobetrieb erhalten konnte, ist aber nicht 
leistungsfähig. Die Linie ist 382 km lang. Dann 
ruhte der Bahnbau wieder, bis man endlich die 
Küstenbahn Lome-Anecho in Togo und die Usam- 
barabahn von Tanga zunächst bis Muhesa und 
dann bis Korogwe zu bauen begann. Das war 
alles, was 1905 an Eisenbahnen in den deutschen 
Kolonien vorhanden war, etwa 500 km Länge. 
Dann folgtern sich die Bahnbauten schneller: Lome- 
Palime (122 km) und Lome-Atakpame (etwa 
175 km) in Togo; Dar es-Saläm-Mrogoro 
(222 km); die Fortsetzung der Usambarabahn bis 
Mombo und Buiko (zusammen 174 km), die Linie 
Mrogoro-Tabora (699 km) in Ostafrika, die Linie 
Lüderitzbucht-Keetmanshoop (433 km) mit Ab- 
zweigung Seeheim-Kalkfontein (180 km) in Süd- 
westafrika, wo dann noch durch die Otavi-Minen- 
gesellschaft die Linie Swakopmund-Otavi (580km) 
mit Fortsetzung von Otavi nach Grootfontein 
(91 km) gebaut wurde, und in Kamerun endlich 
die Linie von Duala zu den Manengubabergen 
(etwa 160 km) und von Duala nach Widimenge 
(etwa 360 km), so daß Ende 1908 in den 
deutschen Kolonien 1988 km hergestellt und 
1552 km im Bau begriffen waren. Nach Fertig- 
stellung all dieser Linien werden 3500 km, also 
siebenmal soviel Eisenbahnen als 1905, vorhanden 
sein, wozu dann noch die Schantung-Eisenbahn 
mit 432 km kommt. 
Noch mehr als die Eisenbahnen sind die Schiff- 
fahrtsverhältnisse der deutschen Kolonien 
vernachlässigt worden. Zwar sind auf den drei 
großen Seen in Deutsch-Ostafrika kleine Dampfer 
eingestellt; auch ist schon auf dem unteren RufidjiS 
einmal ein Heckraddampfer eingestellt gewesen, 
der mangels genügenden Verkehrs, weil man es 
unterlassen hatte, dafür Sorge zu tragen, daß 
Karawanenwege zu der Endstation des Dampfers 
geführt wurden, demontiert werden mußte; aber 
einen Handelsverkehr konnte man damit nicht er- 
zielen, weil eben nur äußerst wertvolle Sachen, 
wie Elfenbein und Kautschuk, noch die Landfracht 
von den Seen zur Küste tragen können. Die 
Dampfer besorgen die Beförderung der Fracht- 
güter, der Beamten sowie etwas lokalen Seeverkehr. 
Die großen Flüsse aber, wie der Pangani, der 
Wami, der Rufidji mit seinen bis fast an den 
Njassasee reichenden Nebenflüssen, sind in bezug 
auf ihre Schiffbarkeit größtenteils unerforscht. In 
den letzten Jahren erst wurde festgestellt, daß die 
Möglichkeit vorliegt, den Rufidji durch Kanal- 
bauten bis weit ins Innere schiffbar zu machen. 
— In Dieutsch-Südwestafrika befindet sich an den 
Kolonien usw. 
  
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zeitweise schiffbaren Grenzflüssen, dem Kunene und 
Oranje, nicht eine deutsche Station, ebenso nicht 
am Okawango. Die Art der Schiffbarkeit dieser 
Flüsse ist noch nicht ermittelt. — In Kamerun 
hat man eine Bootsschiffahrt auf dem Sanaga, 
dem Wuri und Mungo, eine Dampfschiffahrt auf 
dem obern Njong und auch während einiger Monate 
auf dem Benue eingerichtet. Die Eisenbahn Duala- 
Widimenge soll an die Schiffahrt auf dem oberen 
Njong anschließen. Wir würden dann etwas ähn- 
liches haben wie das Zusammenarbeiten zwischen 
Schiffahrt und Eisenbahn auf dem Kongo und 
dessen Nebenflüssen, welche Zusammenarbeit Bel- 
gien gestattet, Tausende von Kilometern weit in 
das Innere Handel und Verkehr zu bringen. In 
Togo ist ebenso wie in Neuguinea, das große 
Ströme hat, wenig von Schiffbarkeit der Flüsse 
bekannt. 
Die Verbindung der Kolonien mit dem Mutter- 
lande ist genügend durch Subventionen seitens des 
Reichs geregelt. Den Dienst nach den Kolonien 
Südwestafrika, Kamerun und Togo besorgen die 
Woermann= und Afrika-Linie, nach Deutsch-Ost- 
afrika die Deutsch-Ostafrikanische Linie, den Dienst 
nach Ostasien, Kiautschon und Neu-Guinea der 
Norddeutsche Lloyd und die Hamburg-Amerika- 
Linie; Samoa wird von Amerika aus besucht. 
Nach Fertigstellung des Panamakanals werden 
die Samoa-Inseln eine große Bedeutung im 
Weltverkehr erhalten, da sie an der Linie Panama- 
kanal-Australien und Hinterasien liegen. 
Der Wegverkehr läßt alles zu wünschen 
übrig. Erst seit dem Jahre 1905 ist ein gewisses 
System in die Sache gekommen, bis dahin baute 
jedes Bezirksamt Wege, wie es ihm gefiel. In 
Kamerun hat man mit dem Wegebau durch Steuer- 
arbeiter vorzügliche Erfahrungen gemacht, indem 
an den im Innern gebauten Straßen sich sofort 
in großer Zahl die Eingebornen ansässig gemacht 
haben. In Kamerun, Togo, Deutsch-Ostafrika 
folgt der Verkehr, der ausschließlich Trägerverkehr 
ist, noch immer dem Negerpfad. Der gesteigerte 
Eisenbahnbau wird zweifellos, wie sich das an 
der Usambarabahn zeigt, Verbindungsstraßen im 
Innern nach sich ziehen und so das Verkehrsnetz 
verdichten und den gesamten Verkehr heben. 
Was die Eingebornenfrage aubetrifft, 
so sind rechtlich die Eingebornen unserer Ko- 
lonien Untertanen des Deutschen Reichs. Sie 
unterliegen daher der Gesetzgebung, Recht- 
sprechung und Verwaltung desselben, soweit nicht 
durch die Schutzverträge in Südwestafrika, Togo 
und Kamerun den Stammeshäuptlingen Sonder- 
rechte vorbehalten und wie in Samoa den Ein- 
gebornen weitergehende Befugnisse bewilligt sind. 
Land dürfen die Eingebornen ohne Genehmigung 
des Gouverneurs nicht veräußern. Sklaverei und 
Sklavenhandel sind verboten, die in einzelnen 
Kolonien noch zugelassene Haussklaverei geht ihrem 
Ende entgegen, der Loskauf ist zugelassen. Skla- 
venkinder werden frei, in Togo zunächst halbfrei, 
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