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kerung da wäre. Leider ist das dicht bevölkerte
Innere von Neuguinea sowohl als auch der grö-
Wßeren Inseln noch nicht pazifiziert und erschlossen.
Was das finanzielle Verhältnis der
Kolonien zum Mutterlande anbetrifft, so hatte bei
Einleitung der Kolonialpolitik Fürst Bismarck die
Absicht, daß die Ausgaben der Kolonien durch die
mit Hoheitsrechten ausgestatteten großen Land-
gesellschaften erfolgen sollten. Das erwies sich aber
als unausführbar, und so mußte zunächst das
Mutterland für die Kolonien eintreten. Durch das
Reichsgesetz betr. Einnahmen und Ausgaben der
Schutzgebiete vom 30. März 1892 wurde be-
stimmt, daß für jedes Schutzgebiet ein besonderer
Etat aufgestellt und jedes Schutzgebiet für die aus
der Verwaltung des Schutzgebiets sich ergebenden
Verbindlichkeiten mit seinem Vermögen haften solle.
Bei der grundlegenden Anderung der Kolonial-
politik im Jahre 1906 wurde als leitender Grund-
satz aufgestellt, daß das Mutterland die Kosten
der Militärausgaben zu tragen habe, und daß
jede Kolonie, welche alsdann ihre sonstigen Aus-
gaben trage, auch Anspruch auf größere Selbst-
verwaltungsbefugnis habe. Das Verhältnis der
Einnahmen zu den Ausgaben der einzelnen Kolo-
nien ohne Militärausgaben betrug je nach dem
Durchschnitt für eine Reihe von Jahren:
Deutsch-Ostafrika 72% 1891/92—1906
Kamerun. 74% 1885/86—1906
Togo 89% 1885/86—1906
(in dem Zeitraum 1895/96—1906 107% )
Südwestafrika 24% 1895/96—1906
Neuguinea 29% 1899—1906
Samoa 74% 1900—1906
Karolinen .17% 1899—1906
Allerdings ist die Verleihung der finanziellen
Selbständigkeit nicht nach Maßgabe des obigen
Grundsatzes erfolgt; denn den kommunalen Selbst-
verwaltungen in Deutsch-Ostafrika ist, auch so-
weit sie sich selbst unterhielten, das Selbstverwal-
tungsrecht genommen, und Südwestafrika ist,
obwohl es ziemlich schlecht bei dieser Statistik ab-
schneidet, ein gewisses Selbstverwaltungsrecht ver-
liehen worden.
Die Münzfrage ist dahin gelöst, daß die
drei westafrikanischen Kolonien, Samoa und Neu-
guinea die deutsche Reichswährung haben, jedoch
ist Silbergeld voll zahlungsfähig, Nickel und
Kupfer bis zu 5 M. In Deutsch-Ostafrika ist
durch Runderlaß vom 6. Jan. 1905 die Hundert-
teilung der Rupie in Heller mit einer Festsetzung
des Kurses zur Reichsmark von 3: 4 an Stelle
des schwankenden Kurses der indischen Rupie mit
64 Pesa angeordnet worden; Kupfergeld muß bis
zu 2 Rupien angenommen werden. In Kiautschou
besteht seit 1905 die Dollarwährung zu 100 Cents
im Verhältnis von 1: 2,10 der Reichsmark.
Die Bankfrage, welche früher total vernach-
lässigt war, hat sich in den letzten Jahren gebessert.
In Deutsch-Ostafrika ist 1905 die Deutsch-Ost-
afrikanische Bank mit einem Kapital von 2 Mill. M
Kolonien usfw.
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gegründet worden, welcher durch Bekanntmachung
vom 1. Dez. 1905 das Recht der Banknotenaus=
gabe verliehen ist. Für Togo und Kamerun ist
1904 mit einem Kapital von 1 Mill. M die
Deutsch-Westafrikanische Bank gegründet worden.
In Südwestafrika ist die Deutsche Afrika-Bank
tätig; außerdem gibt es dort eine Spar= und
Darlehnskasse in Gibeon (G. m. unbeschr. H.), die
Bankabteilung der Deutschen Kolonialgesellschaft
für Südwestafrika und die Genossenschaftsbank in
Windhuk. In Kiautschon endlich ist die Deutsch-
Asiatische Bank von Schanghai gegründet worden
und seit 1889 mit 7½K Mill. Taels tätig. Samoa
und Neuguinea haben zurzeit noch keine Bank-
institute. Außerdem hat noch die Deutsche Bank
in einzelnen Orten aller Schutzgebiete Zahlstellen
für Reisekreditbriefe bzw. Weltkreditbriefe.
Die Missionsfrage ist durch die Kongo-
akte für einen Teil der afrikanischen Besitzungen.
später aber generell durch den 8 14 des Schutz-
gebietsgesetzes vom 25. Juli 1900 gelöst worden.
Danach besteht volle Missionsfreiheit. Es ist der
Versuch gemacht worden, einzelne der Kolonien
zwischen den Missionen der verschiedenen Bekennt-
nisse aufzuteilen. Der Versuch kann auf die Dauer
nicht Erfolg haben.
Es missionieren in Deutsch-Ostafrika von katho-
lischer Seite: 1) in den Vikariaten Unjanjembe,
Süd-Njansa und Tanganika die Weißen Bäter;
2) im Vikariat Bagamojo die Väter vom Heiligen
Geist; 3) im Vikariat Dar es-Saläm die St Bene-
diktus Missionsgesellschaft. Die beiden früheren
Missionsstationen der Trappisten Gare und Irente
sind von den Vätern vom Heiligen Geist übernom-
men, die Station Irente als solche ist aufgehoben.
Von evangelischer Seite wird das Missionswerk
betrieben: 1) von der evangelischen Missionsgesell-
schaft für Deutsch-Ostofrika, 2) der Berliner Mis-
sionsgesellschaft, 3) der evangelischen Brüder-Unität,
4) der Leipziger evangelisch -lutherischen Mis-
sion, 5) der Adventisten vom siebten Tage, 6) dem
evangelischen Afrikaverein, 7) der Universitäts-
Mission, 8) der Christ Church Missionary So-
ciety.
In Kamerun wird misfioniert von katholischer
Seite durch die Pallottiner, von evangelischer Seite
durch 1) die Basler Mission, 2) die Baptisten-
mission, 3) die Amerikanisch-Presbyterianische Mis-
sion; in Togo missionieren auf katholischer Seite
die Apostolische Präfektur Togoland (Steyler Ge-
sellschaft vom göttlichen Wort), auf evangelischer
Seite 1) die Norddeutsche Mission, 2) die Wes-
leyanische Mission. » »
In Deutsch-Südwestafrika auf katholischer Seite
1) die Patres Oblaten vom hl. Franz von Sales,
2) die Patres Oblaten von der Unbefleckten Emp-
fängnis; auf evangelischer Seite 1) die Rheinische
Mission und 2) die Finnische Missionsgesellschaft.
In Neuguinea auf katholischer Seite 1) die
Mission der Väter vom heiligsten Herzen Jesu, zu-
gleich auf den Marshallinseln, 2) die Gesellschaft
Mariens auf Bougainville und Buka, 3) die Väter
vom Heiligen Geiste auf Neuguinea, 4) die Ka-
puziner auf den Marianen; auf evangelischer Seite
1) die Methodistische Mission im Bismarckarchipel,