Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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2) die Rheinische Mission in Neuguinea, 3) die 
Neudettelsauer Mission in Neuguinea, 4) die Bo- 
stoner Missionsgesellschaft auf den Marshallinseln 
und den Karolinen. 
In Samoa von katholischer Seite die Maristen- 
Patres, von evangelischer Seite 1) die Londoner 
Methodistische Mission, 2) die Mormonen-Misfion. 
In Kiautschou von katholischer Seite die Steyler 
Missionsgesellschaft vom göttlichen Wort; von evan- 
gelischer Seite 1) der allgemeine evangelisch-prote- 
stantische Missionsverein, 2) die Berliner Gesell- 
schaft zur Beförderung der evangelischen Mission 
unter den Heiden. 
Abgesehen von Samoa, wo fast die gesamte 
eingeborne Bevölkerung aus Christen besteht, 
haben die Missionen im allgemeinen nur geringe 
Erfolge, woran die Trägheit der Eingebornen, 
bie Vielweiberei und das Eindringen des Moham- 
medanismus in Ostafrika, Togo und Kamerun 
die Hauptschuld trägt. 
Das Eindringen des Mohammedanismus in die 
deutschen Kolonien wird durch das Schulsysiem in 
den Kolonien befördert, namentlich in Deutsch-Ost- 
afrika, obwohl das regierungsseitig bestritten wird. 
Aus den Regierungsschülern werden die Stellen der 
farbigen Beamten besetzt, sie bilden farbige Lehrer 
aus, und da diese wieder Innenschulen begründen, 
die Regierungsschüler aber durchweg Moham- 
medaner sind, so folgt naturnotwendig, daß die 
Regierungsschule das Eindringen des Moham- 
medanismus begünstigt. Es ist ein Glück für die 
deutschen Kolonien, daß die Missionsschulen weit 
zahlreicher sind als die Regierungsschulen, und 
daß deshalb das Eindringen des Mohammedanis- 
mus, das übrigens auch durch die mohammedani- 
schen Soldaten begünstigt wird, nicht direkt ge- 
fährliche Form annimmt. Das Gouvernement in 
Deutsch-Ostafrika hält den Mohammedanismus 
an der Küste nicht für gefährlich. Es führt in dem 
Bericht für 1907/08 aus: „Der Islam im Schutz- 
gebiet zeigt nicht den fanatischen Charakter des 
Islams in Nordafrika, und es kann somit eine 
unmittelbare Gefahr durch den Islam auch nicht 
als drohend anerkannt werden.“ Mar könnte eines 
Tages unangenehm überrascht werden, denn daß 
nicht auch der heilige Krieg gegen die Ungläubigen 
durch Araber und Suaheli dort möglich ist, kann 
doch wohl nicht bestritten werden. Das Gouverne- 
ment in Kamerun denkt anders über die der Kolo- 
nie durch die mohammedanischen Haussa und Fulbe 
drohende Gefahr. Trotzdem wird aber in Garna 
eine Regierungsschule für Mohammedaner einge- 
richtet und so dort dieselbe Gefahr hervorgerufen, 
die in Deutsch-Ostafrika besteht. 
Sehr wertvoll zur Aufschließung unserer Kolo- 
nien sind die Kolonialschulen zu Witzenhausen und 
zu Engelport, und ist es sehr zu bedauern, daß 
letztere nicht einen allgemeinen Charakter hat, son- 
dern sich nur auf die Ausbildung von Brüdern 
der Mission beschränkt. Noch wertvoller für die 
Kolonien wird das Hamburgische Kolonialinstitut 
Kolonien ufw. 
  
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folgten Erweiterung als Kolonialakademie bezeich- 
nen darf, die es ermöglichen wird, einen gut vor- 
gebildeten Beamten= und Kaufmannsstand in die 
Kolonien zu entsenden. 
Durch die Kolonialvereine, in erster Linie durch 
die Deutsche Kolonialgesellschaft wird das Ver- 
ständnis für die deutschen Kolonien in das Volk 
hineingetragen, das durch Lichtbildervorträge über 
die Kolonien unterrichtet wird. Die Schüler wer- 
den durch Lesestücke mit den Kolonien bekannt ge- 
macht. Eine Kolonialliteratur, die in der letzten 
Zeit schon überreichlich fließt, trägt ebenfalls zur 
Aufklärung bei, so daß die früher beim größten 
Teil des deutschen Volkes vorhandene Meinung, die 
Kolonien seien eine schwere Last für das Deutsche 
Reich, sich zu ändern beginnt und heute nicht mehr 
im Ernste vom Aufgeben der deutschen Kolonien 
gesprochen werden kann. 
Literatur. Köbner, Einführung in die Kolonial- 
politik (1908); Zimmermann, Kolonialpolitik 
(1905); ders., Die europ. Kolonien (5 Bde, 1896 
bis 1903; 1: Die Kolonialpolitik Portugals u. 
Spaniens, II u. III: Großbritanniens, IV: Frank- 
reichs, V: der Niederlande), ders., Kolonialgeschichtl. 
Studien (1895); Supan, Territoriale Entwicklung 
der europäischen Kolonien (1906); Frhr v. Stengel, 
Rechtsverhältnisse d. deutsch. Schutzgebieie (1901); 
ders., Die deutsch. Kolonialgesellsch,, in Schmollers 
Jahrbuch Bd 12; Grotewold, Unser Kolonial= 
wesen u. seine wirtschaftl. Bedeutung (1907, mit 
Atlas von Sprigade u. Moisel); Parvus, Die 
deutsche Kolonialpolitik u. ihr Zusammenbruch 
(1907); E. Hasse, K. u. K., im Handwörterbuch 
der Staatswissenschaften V (21900); v. Ring, Die 
Deutsche Kolonialgesellschaft 1882/1907 (1908); 
v. Halle, Die großen Epochen der neuzeitl. Kolo- 
nialgeschichte (1907); Schäfer, Kolonialgeschichte 
(1906); Schäffle, Kolonialpolit. Studien, in der 
Tübinger Zeitschrift der Staatswissenschaften Bd 
42/44; Hübbe-Schleiden, Überseeische Politik: 
I. Eine kulturwissenschaftl. Studie (1889), II. Ko- 
lonisationspolitik u. Kolonisationstechnik (1883); 
Fabri, Bedarf Deutschland der Kolonien usw. 
(11889); Roscher, Systemat. Untersuchungen über 
das Kolonialwesen, im Archiv der polit. Okonomie 
u. Polizeiwissenschaft, Neue Folge Bd 6 u. 7; 
Heeren, Handbuch der Gesch. des europ. Staaten- 
systems u. seiner Kolonien usw. (1809); Dove, 
Wirtsch. Landeskunde d. deutsch. Kolonien (1902); 
Fitzner, Deutsch. Kolonialhandbuch (I u. II, 1903); 
Kolonial-Handels-Adreßbuch (1909); Koloniale 
Zeitschriften u. Berichte: Deutsches Kolonial-Blatt 
(Amtsblatt für die Schutzgebiete, mit Anlage: 
Mitteilungen aus den deutschen Schutzgebiete, seit 
1890); Deutsche Kolonial-Zeitung (Organ der 
Deutschen Kolonialgesellschaft, seit 1884); Kolo- 
loniale Rundschau, hrsg. von Vohsen (seit 1909); 
Koloniale Zeitschrift (seit 1900); Kolonie u. Heimat 
in Wort u. Bild (seit 1907); Zeitschrift für Kolo- 
nialpolitik, Kolonialrecht u. Kolonialwirtschaft, 
hrsg. von der Deutschen Kolonialgesellschaft (seit 
1888); Tropenpflanzer (seit 1897); Deutscher 
Kolonial-Atlas mit Jahrbuch; Jahrbuch über die 
deutschen Kolonien, hrsg. von K. Schneider (seit 
Die Denkschriften des Reichstags u. die 
  
  
1908). 
werden, das man nach der im Jahre 1908 er-Verhandlungen der Kolonialkongresse 1902 u. 1905.
	        
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