Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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lung privater Interessen zu dienen bestimmt ist. 
Das Recht dieses Grundstücksverkehrs ist wie die 
koloniale Rechtspflege überhaupt wieder einzu- 
teilen in Weißenrecht und Farbigenrecht. 
Der Grundstücksverkehr der Weißen bestimmt 
sich zufolge der Rezeption des Konsularrechts 
grundsätzlich wiederum nach mutterländischem 
Recht. Abweichungen gelten jedoch für Auflas- 
sung, ins Grundbuch einzutragende Geldbeträge, 
Führung und Einrichtung der Grundbücher, son- 
stige Ausführung der Reichsgrundbuchordnung, 
Anlegung neuer Grundbücher und für Grund- 
stücke, für die ein Grundbuchblatt noch nicht an- 
gelegt ist. 
Auf den Grundstücksverkehr der Farbigen findet 
das Weißenrecht Anwendung, wenn er entweder 
mit Weißen sich abspielt oder wenn die Grund- 
stücke der Farbigen in das Grundbuch oder in ein 
Landregister eingetragen sind. Inwieweit die Far- 
bigen ein Recht auf solche Eintragung haben und 
wann sie dazu angehalten werden können, bestimmt 
der Reichskanzler oder mit seiner Genehmigung 
der Gouverneur. In gleicher Weise steht dem 
einen oder dem andern die Kompetenz zu, das 
auf den Grundstücksverkehr anzuwendende Weißen- 
recht gewissen Modifikationen zu unterwerfen. 
Dem im vorigen behandelten Grunderwerbs- 
recht ist, wie wir sahen, das Recht des Grund- 
stücksverlustes gegenüberzustellen. Ein besonderer 
kolonialer Grund für den Verlust des Grund- 
eigentums ist öfter der Anfall von Land an den 
Fiskus wegen Nichterfüllung von Resolutiobedin- 
gungen, an welche die Genehmigung der Regie- 
rung zu dem vertragsmäßigen Erwerb von Ein- 
gebornengrundstücken geknüpft worden war oder 
welche den die Veräußerung von Kronland be- 
treffenden Verträgen von der Regierung eingefügt 
waren. Solche Resolutivbedingungen haben na- 
mentlich zwecks Zurückdrängung der Bodenspeku- 
lation die baldige produktive Verwendung des 
erworbenen Landes zum Gegenstande. Im übrigen 
hat von den bodenrechtlichen Eigentumsverlust- 
gründen die Enteignung eine allerdings auf Afrika 
und die Südsee beschränkte koloniale Sonderreg- 
lung erfahren. Abgesehen von einer in verschie- 
dener Hinsicht dem preußischen Enteignungsver- 
fahren ähnelnden Enteignung aus Gründen des 
öffentlichen Wohles ist hier eine lediglich den 
liegenschaftlichen Interessen der Farbigen dienende 
Enteignung möglich. Sie soll den Eingebornen 
die Möglichkeit des wirtschaftlichen Bestehens, ins- 
besondere das Recht an einer Heimstätte sichern. 
Neben dem kolonialen Grundstücksrecht ist end- 
lich noch das Bergrecht der Kolonien zu erörtern. 
Es ist durchaus verschieden gestaltet einerseits in 
Afrika und der Südsee, anderseits. in Kiautschou. 
Von den afrikanischen Kolonien hat Südwest- 
afrika seine eigene Kaiserliche Bergverordnung. Sie 
ist vom 8. Aug. 1905. Nach ihrem Muster ist 
für die übrigen afrikanischen und die Südseekolo- 
nien die Kaiserliche Bergverordnung vom 27. Febr. 
Kolonialrecht. 
  
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1906 erlassen. Bis auf wenige Paragraphen 
stimmen die beiden Bergverordnungen überein. 
Das durch sie in Afrika und der Südsee begrün- 
dete Bergrecht ist im wesentlichen nach folgenden 
Grundsätzen gestaltet. 
Wie im Grundstücksrecht bei der Aufteilung 
des Bodens die Interessen von Fiskus, Farbigen 
und Weißen auszugleichen waren, so war auch bei 
der Austeilung der subjektiven Bergrechte auf diese 
drei Interessentengruppen Rücksicht zu nehmen. 
Außerdem durfte dabei das Recht des Grundstücks- 
eigentümers nicht unbeachtet bleiben. Zwecks berg- 
baulicher Erschließung der Kolonien, die in ge- 
nügender Weise nur durch Heranlockung des 
Kapitals eines privaten weißen Unternehmertums 
erfolgen kann, müssen nun aber von den genannten 
drei Gruppen die Weißen einstweilen besonders 
begünstigt werden. Das geschieht durch den für sie 
bestehenden Grundsatz der Schürf= und Bergbau- 
freiheit. Er galt in den afrikanischen und Südsee- 
kolonien von Anfang an, da hier infolge der Re- 
zeption des Konsularrechts zunächst das preußische 
Berggesetz vom 24. Juni 1865 in Kraft war, das 
ja auch denselben Grundsatz aufstellte. Die Schürf- 
freiheit wurde dann aber seit 1889 in den einzelnen 
Schutzgebieten beseitigt, desgleichen die Bergbau- 
freiheit in Südwestafrika, Neuguinea und Togo. 
Da so jedoch die Erschließung der Bodenschätze 
hintangehalten wurde, kehrte man später zu dem 
ursprünglichen System zurück. Schon im Jahre 
1898 wurde in Ostafrika die Schürffreiheit, ferner 
1905 für Südwestafrika, 1906 für die übrigen 
Kolonien Afrikas und der Südsee die Schürf- 
und Bergbaufreiheit wieder eingeführt. Das be- 
deutet heute insofern eine Abweichung von dem 
preußischen Bergrecht, als inzwischen in Preußen 
durch die Novelle zum Berggesetz vom 18. Juni 
1907 für Steinkohle und Kali die Schürf= und 
Bergbaufreiheit abgeschafft ist. Die in Afrika und 
der Südsee herrschende Schürffreiheit ist freilich 
mit Rücksicht auf den Grundstückseigentümer, ins- 
besondere wenn dieser ein Eingeborner ist, außer- 
dem aus Gründen des öffentlichen Wohles sowie, 
abgesehen von Südwestafrika, auch im Interesse 
eines gewissen Bergbaurechts der Eingebornen 
bestimmten Beschränkungen unterworfen. Ferner 
findet sie ihre Grenze an ausschließlichen Schürf- 
und Bergbausonderrechten, die für gewisse Ge- 
biete privaten Gesellschaften oder Einzelnen oder 
auch dem Fiskus zustehen. Anderseits ist der 
Schürfer in der Lage, für einen größeren Bereich 
das Recht zu erwerben, andere vom Schürfen und 
Bergbau auszuschließen. Das geschieht durch Be- 
legung eines Schürffeldes, die in Ansehung des 
dabei zu beobachtenden Verfahrens näher geregelt 
ist. Das Recht des Schürfers am Schürffeld ist 
ein vererbliches und veräußerliches Recht. Es 
kann auch einseitig mit Willen des Schürfers, 
d. h. durch Verzicht aufgegeben werden. Ander- 
seits kann das Schürffeld wider Willen des 
Schürfers bei Vernachlässigung gewisser Pflichten
	        
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