Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört. Mit 
diesem Zeitpunkte verliert der Gemeinschuldner die 
Befugnis, sein zur Konkursmasse gehöriges Ver- 
mögen zu verwalten und über dasselbe zu ver- 
sügen. Das Verwaltungs= und Verfügungsrecht 
wird durch einen Konkursverwalter ausgeübt. For- 
derungen der Konkursgläubiger gegen die Masse 
können nur nach den Vorschriften der Konkurs- 
ordnung angemeldet und verfolgt werden; Arreste 
und Zwangsvollstreckungen zugunsten einzelner 
Konkursgläubiger sind unzulässig, etwa nach Kon- 
kurseröffnung erworbene Vor= oder Sicherungs- 
rechte unwirksam. 
Sind vor der Konkurseröffnung von dem Ge- 
meinschuldner oder unter dessen Beteiligung Rechts- 
handlungen vorgenommen worden, welche zur Ver- 
kürzung der Befriedigungsmasse gereichen, so kön- 
nen dieselben von dem Konkursverwalter als gegen- 
über den Konkursgläubigern unwirksam unter be- 
stimmten Voraussetzungen angefochten werden. 
Ein solches Anfechtungsrecht, welches in 
einem Jahre seit Eröffnung des Verfahrens ver- 
jährt, ist begründet, wenn entweder eine wider- 
rechtliche Absicht des beteiligten Dritten vorliegt, 
wonach derselbe sich einer bewußten Verletzung des 
Konkursanspruchs durch Teilnahme an der wider- 
rechtlichen Absicht des Gemeinschuldners schuldig 
macht, oder wenn es sich um eine unentgeltliche 
Verfügung handelt, wodurch eine wegen Verkür- 
zung des Konkursanspruchs ungerechtfertigte Be- 
reicherung des Dritten herbeigeführt wird. 
Die Konkursmasse dient zur gemeinschaftlichen 
Befriedigung der Konkursgläubiger, d. h. aller 
persönlichen Gläubiger, welche einen zur Zeit der 
Eröffnung des Verfahrens begründeten Anspruch 
an den Gemeinschuldner haben. Dagegen kann 
a) eine Aussonderung der dem Gemeinschuld- 
ner nicht gehörigen Gegenstände aus der Konkurs- 
masse auf Grund eines dinglichen oder persön- 
lichen Rechts verlangt werden, ohne daß die be- 
treffenden Ansprüche im Konkurse angemeldet zu 
werden brauchen. b) Ein Absonderungsrecht, 
wonach ein Gläubiger abgesonderte Befriedigung 
aus einem bestimmten Vermögensstücke gegen den 
Konkursverwalter, aber außerhalb des Konkurs- 
verfahrens, zu verlangen berechtigt ist, greift unter 
der Voraussetzung Platz, daß die rechtliche Tren- 
nung des betreffenden Gegenstandes aus der Kon- 
kursmasse unabhängig von dem Konkursverfahren 
und in einer für jedermann erkennbaren Weise 
begründet gewesen ist. Ein solcher Absonderungs- 
anspruch besteht hiernach für die Immobiliar= 
Realgläubiger, d. h. solche, denen auf Grund einer 
Hypothek, Grundschuld, Rentenschuld u. dgl. ein 
Forderungerecht zusteht, ferner für die Gläubiger, 
die ein durch Rechtsgeschäft bestelltes Pfandrecht 
haben oder diesen Pfandgläubigern gleichstehen 
(Vermieter, Verpächter, Gastwirte usw.), sodann 
unter bestimmten Voraussetzungen für Nachlaß- 
gläubiger und Vermächtnisnehmer, für Gemein- 
schaftsteilhaber, endlich für Lehn-, Stammgut- 
  
Konkursrecht. 
  
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und Fideikommißgläubiger, c) Soweit ein Gläu- 
biger zu einer Aufrechnung befugt ist, braucht 
er seine Forderung im Konkursverfahren nicht 
geltend zu machen. 
Aus der Konkursmasse sind a) vor allem die 
Ansprüche der Massegläubiger zu befrie- 
digen, und zwar zunächst a) die Masseschulden, 
d. h. Ansprüche aus Geschäften oder Handlungen 
des Konkursverwalters, ferner aus zweiseitigen 
Verträgen, deren Erfüllung zur Konkursmasse ver- 
langt wird oder für die Zeit nach Eröffnung des 
Verfahrens erfolgen muß, sowie aus einer rechtlosen 
Bereicherung der Masse; sodann 6) die Masse- 
kosten, d. h. die gerichtlichen Kosten für das ge- 
meinschaftliche Verfahren, die Ausgaben für Ver- 
waltung, Verwertung und Verteilung der Masse, 
endlich die dem Gemeinschuldner und dessen Fa- 
milie bewilligte Unterstützung. b) Die Konkurs- 
forderungen werden nach folgender Rang- 
ordnung, bei gleichem Rang nach Verhältnis ihrer 
Beträge, berichtigt: a) Forderungen an Lohn, 
Kostgeld oder andern Dienstbezügen der von dem 
Gemeinschuldner für Haushalt, Wirtschaftsbetrieb 
oder Erwerbsgeschäft zur Leistung von Diensten 
gedungenen Personen; 8) Forderungen der Reichs-, 
Staats- und Kommunalkassen wegen öffentlicher 
Abgaben; y) Forderungen der Kirchen und Schulen, 
öffentlicher Verbände und öffentlicher Feuerver- 
sicherungsanstalten wegen der an dieselben zu ent- 
richtenden Abgaben und Leistungen; 38) Forde- 
rungen der Arzte, Wundärzte, Tierärzte, Apotheker, 
Hebammen und Krankenpfleger wegen Kur= und 
Pflegekosten (und zwar für c—s6 aus dem letzten 
Jahre vor Eröffnung des Verfahrens); e) Forde- 
rungen der Kinder, Mündel und Pflegebefohlenen 
des Gemeinschuldners wegen ihres gesetzlich der 
Verwaltung desselben unterworfenen Vermögens, 
sofern diese Forderungen binnen zwei Jahren nach 
Beendigung der Verwaltung gerichtlich geltend 
gemacht und bis zur Konkurseröffnung verfolgt 
worden sind; 5) alle übrigen Konkursforderungen. 
Das nach gemeinem Recht der Ehefrau wegen 
ihrer Vermögensansprüche eingeräumte Privileg 
ist beseitigt worden, da es, wie die Motive hervor- 
heben, dem deutschen Rechtsgefühl widerspricht, 
höchst unpraktisch ist, den Kredit schädigt, dagegen 
Mißbrauch und Betrug fördert. An Zinsen können 
nur die bis zur Konkurseröffnung aufgelaufenen 
geltend gemacht werden. Betagte 
gelten als fällig; auflösend bedingte 
werden wie unbedingte geltend 
bend bedingte Forderungen dagegen 
nur zu einer Sicherung. 
2. Für das Konkursverfahren kommen 
folgende Organe in Betracht: a) das Konkurs- 
gericht. Als solches ist das Amtsgericht ausschließ- 
lich zuständig, bei welchem der Gemeinschuldner 
seine gewerbliche Niederlassung oder in Ermang- 
lung einer solchen seinen allgemeinen Gerichtsstand 
hat. Im allgemeinen finden die Vorschriften der 
Zivilprozeßordnung auf das Konkursverfahren 
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