Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

427 
Geldstrafe bis zu 6000 M. Ahnliche Strafe tritt 
ein: für widerrechtliche Begünstigung einzelner 
Gläubiger. Zuchthaus bis zu zehn Jahren, bei 
mildernden Umständen Gefängnis oder Geldstrafe 
bis zu 6000 M steht auf Täuschung der Gläubiger 
durch einen Dritten dadurch, daß derselbe Ver- 
mögensstücke des Schuldners verheimlicht oder 
beiseite schafft oder erdichtete Forderungen direkt 
oder indirekt geltend macht. Auf Stimmenkauf, 
das Annehmen von Vorteilen oder Versprechen 
seitens eines Gläubigers für die Stimmabgabe in 
gewissem Sinne steht Geldstrafe bis zu 3000 M 
oder Gefängnis bis zu einem Jahr. 
Bestritten ist die Frage, ob der Konkurs nur 
im Gebiet des Staates, in dem er eröffnet worden 
ist, seine Wirkung ausübt (Grundsatz der Terri- 
torialität) oder auch im Ausland (Universalität). 
Die deutsche K.O. hat in den 8§ 237, 238 (Aus- 
landskonkurs und Inlandskonkurs eines auswär- 
tigen Schuldners) beide Prinzipien vermischt. Der 
Handel steht im Zeichen des Weltverkehrs. Groß- 
firmen haben ihre Niederlassungen im In= und Aus- 
land. Der Welthandel fordert die internationale 
Reglung des Konkurses. Die Wissenschaft hat viel- 
fach die Forderung aufgestellt, der Konkurs müsse 
einheitlich und universell geregelt werden, ein schö- 
ner, aber leider zu theoretischer Gedanke. Dies lehrte 
auch die Haager Konferenz (1904), auf der die 
Frage fruchtlos erörtert wurde. Die Gesetzgebung 
hat das Gebiet des internationalen Konkursrechts 
noch wenig bearbeitet. Auch die im allgemeinen 
glücklich gefaßte deutsche Konkursordnung hat zur 
Lösung der schwierigen Frage nichts wesentliches 
beigetragen. Die so außerordentlich wichtige Reg- 
lung der Universalität ist in einigen Staatsver- 
trägen erfolgt. Für die Forderung des Welt- 
handels auf Vereinheitlichung des Konkursrechts 
haben Wissenschaft und Praxis noch ein weites 
Feld ihrer Tätigkeit. 
Literatur. Von der älteren Lit. sind hervorzu- 
heben: Salgado de Samoza, Labyrinthus credi- 
torum concurrentium (1646 ff); Brunnemann, 
De process. Conc. credit. (1693 ff). Über den ge- 
meinen deutschen Konkursprozeß die Lehr= u. Hand- 
bücher von Claproth (1777), Dabelow (1792), 
Gönner (1801), Schweppe (1812), Reinhardt 
(1819), Puchta (1827), Kori (1828), Bayer (1836), 
Schmid (1845), Günther (1852), Fuchs (1863) 
u. a.; ferner die einschlägigen Artikel im Staats- 
lexikon von Rotteck u. Welcker u. in Weiskes Rechts- 
lexikon. — Zur deutschen Reichskonkursordnung die 
Kommentare von v. Sarwey u. Bossert (11901), 
v. Wilmowski (51906), Petersen u. Kleinfeller 
(1900), Jäger (31907), Wolff (1900) u. a.; so- 
dann die Lehrbücher von Fuchs (1887), Fitting 
(61901), Endemann (1889), Kohler (1891; auch 
dessen Leitfaden 21903), Seuffert (1899), Hellmann 
(1907); ferner die Werke von Schulze, Das deutsche 
K. in seiner jurist. Grundlage (1880); Oetker, 
Konkursrechtl. Fragen (1888); Mandry, Der zivil- 
rechtl. Inhalt der Reichsgesetze (41898); Seuffert, 
Zur Gesch. u. Dogmatik des deutschen K.s (1888); 
die einschlägigen Artikel in v. Holtzendorffs Rechts- 
Konsolidation — Konstitutionalismus. 
428 
lexikon; v. Aufseß, K. u. Konkursverfassung auf 
Grundlage des von 1900 ab geltenden Rechts 
(1899); Jonas, Konkursfeststellungen in ihrer pro- 
zessualen Durchführung (1907). Über die außer- 
deutschen Konkursgesetzgebungen u. die internat. 
Bestrebungen vgl. Leske u. Löwenfeld, Die Rechts- 
verfolgung im internat. Verkehr (1897); Meili, 
Moderne Staatsverträge über das internat. K. 
(1907); derf., Die geschichtl. Entwicklung des inter- 
nat. K.3 (1908). IFösser, rev. Eggler.) 
Konsolidation (der Grundstücke) s. Ar- 
rondierung. 
Konstantinische Schenkung s. Kirche 
und Staat (Sp. 129). 
Konstitution s. Staatsverfassung. 
Konstitutionalismus. I. Allgemeines. 
Geschichtliches. Unter der Konstitution eines 
Staatswesens in der allgemeinsten Bedeutung des 
Wortes versteht man seine Verfassung, seine Glie- 
derung. Sie begreift die Stellung der Staats- 
gewalt und ihres Trägers zu dem den Staat 
bildenden Volk im allgemeinen, den Umfang der 
Staatsgewalt und die obersten Organe, in denen 
sie tätig wird. Es ist ohne weiteres einleuchtend, 
daß in diesem Sinne ein jedes Gemeinwesen, das 
den Anspruch erhebt, ein Staat zu sein, eine Kon- 
stitution besitzen muß; denn eine solche Ordnung 
der Dinge gehört zum Begriffe des Staates. Sie 
findet sich eben mit der Entstehung eines jeden 
Staates und für jeden in der seiner Entstehungs- 
art entsprechenden Form von selbst ein und ist in 
einem jeden gemäß dem Willen der in ihm jeweilig 
herrschenden Machtfaktoren der Veränderung unter- 
worfen. Es ist darum auch ebenso einleuchtend 
und bis in die neueste Zeit hinein geschichtlich be- 
legt, daß sie ein auf bloßer Gewalt gegründeter 
und durch Gewalt aufrecht erhaltener Zustand sein 
kann. Bei Kulturvölkern aber wird sie zu einer 
wenigstens formell rechtlich anerkannten, auf all- 
seitig bindenden Rechtssätzen beruhenden öffentlich- 
rechtlichen Gliederung. In einem engeren, hier 
allein zu erörternden Sinne bedeutet Konstitution 
den meist in einer Urkunde niedergelegten In- 
begriff der öffentlich-rechtlichen Grundsätze über 
die Verfassung eines Staatswesens, in welchem 
neben einem unverantwortlichen Monarchen und 
in Beschränkung der absoluten Machtfülle des- 
selben eine durch Wahl des Volkes geschaffene 
Vertretung der gesamten Landesbevölkerung zur 
Mitwirkung bei gewissen Funktionen der Staats- 
gewalt, insbesondere bei der Gesetzgebung, be- 
rufen ist. Die Zusammenfassung der allgemeinen 
Prinzipien, die den konkreten Verfassungen dieser 
Art zugrunde liegen, die in ihnen verwirklicht 
sind oder wenigstens verwirklicht sein sollten, bil- 
det dann den Begriff des Konstitutionalismus, 
des konstitutionellen oder repräsentativen mon- 
  
archischen Staatssystems. 
I1. In diesem engeren Sinn ist das konstitu- 
tionelle System ein theoretisches Erzeugnis der 
neueren Zeit. Für die auf ihm aufgebauten Ver- 
fassungen finden sich weder in den idealen noch in
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.