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solchen Falle sind es immer außergewöhnliche
Umstände, in welchen derartige gesetzliche Bestim-
mungen ihre Veranlassung haben.
Hieraus möchte sich von selbst ergeben, daß die
Anwendung dieser Form oder die Abhaltung von
Konzilien und Synoden an sich nicht wesentlich
oder absolut notwendig ist; es gibt dafür keine
göttliche Vorschrift, sie beruht auf keinem Funda-
mentalsatze des kirchlichen Rechts und ist deshalb
auch keine wesentliche Einrichtung desselben. Wohl
aber ist sie eine apostolische Einrichtung; denn die
Apostel haben sich in ihr betätigt; es waren je-
doch auch besondere und außergewöhnliche Um-
stände, welche sie dazu veranlaßt haben. Läßt sich
danach keine absolute Notwendigkeit der Konzilien
behaupten, so sind dieselben doch relativ notwendig,
da sie bei dem Eintreten von Störungen und
Schwierigkeiten in dem regelmäßigen Gange der
kirchlichen Wirksamkeit oft als das beste Mittel
erscheinen, diesen wieder herzustellen oder zu för-
dern. — Die Konzilien zeigen nun in ihrer ge-
schichtlichen Entwicklung Verschiedenheiten, und
diese bilden den Grund zu der Unterscheidung
oder Einteilung derselben in mehrere Arten. Es
können nämlich, wie schon angedeutet wurde, ent-
weder alle Bischöfe, als Grundträger der kirchlichen
Leitungs= und Regierungsgewalt, oder nur ein
Teil derselben zur gemeinschaftlichen Betätigung
zusammentreten, und danach werden die Konzilien
in allgemeine (concilia generalia, universalia)
und partikulare (concilia particularia) unter-
schieden oder eingeteilt. Diese letzteren aber können
wieder verschieden sein, je nachdem der Teil der
versammelten Bischöfe größer oder geringer ist,
oder vielmehr je nachdem die Bischöfe der größeren
oder kleineren sest organisierten kirchlichen Ver-
bände zu gemeinsamer Betätigung sich vereinigen,
und dem entspricht die Unterscheidung derselben
in Patriarchal-, Primatial-, Plenar= und Pro-
vinzialkonzilien. Auch können die Bischöfe ver-
schiedener andern Verbände, desselben Landes oder
Reiches, derselben Nation, zu einem Konzil sich
versammeln, und aus dieser Verschiedenheit er-
geben sich die Landes-, Reichs= und National-
konzilien. Indes bildet das Provinzialkonzil
innerhalb dieser Gruppe der partikularen Kon-
zilien rechtlich den Grundtypus, da die Rechts-
grundsätze, welche für dasselbe maßgebend sind,
auch für alle andern gelten. Die Verschiedenheit
ist eine rein tatsächliche; die Zahl der Bischöfe
auf den andern ist größer als auf einem Pro-
vinzialkonzil, aber das rechtliche Verhältnis unter
ihnen ist ganz dasselbe; auch die Beschlüsse tragen
denselben rechtlichen Charakter, nur ihr äußeres
Geltungsgebiet ist bei jenen dem Umfange nach
größer als bei diesem. Zu den bisher genannten
Arten tritt noch eine weitere, aber von ihnen
wesentlich verschiedene Art unter dem Namen
Diözesansynode. Auf dieser handelt es sich nicht
um eine gemeinsame Tätigkeit mehrerer Bischöfe,
sondern nur um die eines einzelnen Bischofs, aber
Konzil.
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in Gemeinschaft mit dem um ihn versammelten
Diözesanklerus, und deshalb geschieht auch diese
in der Gemeinschaftsform oder in der Gestalt
eines Konzils. Und damit gibt es rechtlich drei
verschiedene Grundarten: 1. die allgemeinen Kon-
zilien, 2. die Provinzialkonzilien und 3. die Diö-
zesansynoden. Was die Namen Konzil (concilium,
concieo, concire) und Synode (obv-oso) be-
trifft, so bedeuten beide sachlich dasselbe, eine
Versammlung oder Zusammenkunft. Daher er-
klärt es sich, daß früher lange Zeit beide unter-
schiedslos für alle Arten üblich waren. Seit dem
13. und 14. Jahrh. jedoch wurde die zuletzt ge-
nannte oder dritte Art fast immer synodus epis-
Copi oder dioecesana genannt und allmählich
für sie wegen ihrer wesentlichen Verschiedenheit
von den andern der Name Synode, für diese aber
der Name Konzil durch den Sprachgebrauch als
technische Bezeichnung fixiert.
1. Die allgemeinen oder ökumenischen
Konzilien. Ein allgemeines oder ökumenisches
(cic 1#1 nooyng) Konzil ist die Versammlung
der Bischöfe mit und unter dem Papst zur Be-
ratung und Entscheidung kirchlicher Angelegen-
heiten. Das Charakteristische desselben besteht
darin, daß es den im Primat geeinten Gesamt-
episkopat oder die Vereinigung der Bischöfe als
Glieder des Episkopats mit dem Papst als seinem
Haupte darstellt. Dasselbe ist aber damit nicht
etwa ein neben dem Papst und den Bischöfen be-
stehendes und besonderes Organ einer ihm eigen-
tümlichen Gewalt oder einejuristische Person, welche
in der Form einer gemeinsamen Betätigung des
Papstes und der Bischöfe die ihr eigentümliche
Gewalt ausübte; es ist vielmehr nur eine außer-
gewöhnliche, zeitweilige Vereinigung des Papstes
und der Bischöfe, um die ihnen auch ohne dieselbe
zustehende Gewalt gemeinsam zu betätigen, und
zwar in einem rechtlichen Verhältnisse zueinander,
das nicht erst durch diese Vereinigung begründet
wird, sondern in dem Wesen des Primats, dessen
Träger der Papst ist, begründet liegt. Hieraus
ergeben sich mit logischer Notwendigkeit alle
Rechtsgrundsätze, welche dasselbe beherrschen, und
zunächst der, daß dem Papst allein und aus-
schließlich das Recht zusteht, ein ökumenisches
Konzil zu berufen. Die Berufung durch den
Papst ist so wesentlich, daß ein von ihm nicht
berufenes Konzil, auch wenn alle Bischöfe ver-
sammelt wären, kein ökumenisches wäre, weil ihm
das charakteristische Moment fehlen würde, wonach
dieses den im Primat geeinten Gesamtepiskopat
darstellt. Diesem ausschließlichen Berufungsrecht
des Papstes steht auch der Umstand nicht ent-
gegen, daß die ersten acht allgemeinen Konzilien
nicht von ihm, sondern von den Kaisern, und zwei
ohne seine vorherige Zustimmung berufen wurden
(Funk, Kirchengeschichtl. Abhandlungen und Unter-
suchungen 1 39/86); denn diese waren ihrer Be-
rufung nach keine ökumenischen, sie sind es erst
geworden durch den Hinzutritt und die Teilnahme