Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

467 
solchen Falle sind es immer außergewöhnliche 
Umstände, in welchen derartige gesetzliche Bestim- 
mungen ihre Veranlassung haben. 
Hieraus möchte sich von selbst ergeben, daß die 
Anwendung dieser Form oder die Abhaltung von 
Konzilien und Synoden an sich nicht wesentlich 
oder absolut notwendig ist; es gibt dafür keine 
göttliche Vorschrift, sie beruht auf keinem Funda- 
mentalsatze des kirchlichen Rechts und ist deshalb 
auch keine wesentliche Einrichtung desselben. Wohl 
aber ist sie eine apostolische Einrichtung; denn die 
Apostel haben sich in ihr betätigt; es waren je- 
doch auch besondere und außergewöhnliche Um- 
stände, welche sie dazu veranlaßt haben. Läßt sich 
danach keine absolute Notwendigkeit der Konzilien 
behaupten, so sind dieselben doch relativ notwendig, 
da sie bei dem Eintreten von Störungen und 
Schwierigkeiten in dem regelmäßigen Gange der 
kirchlichen Wirksamkeit oft als das beste Mittel 
erscheinen, diesen wieder herzustellen oder zu för- 
dern. — Die Konzilien zeigen nun in ihrer ge- 
schichtlichen Entwicklung Verschiedenheiten, und 
diese bilden den Grund zu der Unterscheidung 
oder Einteilung derselben in mehrere Arten. Es 
können nämlich, wie schon angedeutet wurde, ent- 
weder alle Bischöfe, als Grundträger der kirchlichen 
Leitungs= und Regierungsgewalt, oder nur ein 
Teil derselben zur gemeinschaftlichen Betätigung 
zusammentreten, und danach werden die Konzilien 
in allgemeine (concilia generalia, universalia) 
und partikulare (concilia particularia) unter- 
schieden oder eingeteilt. Diese letzteren aber können 
wieder verschieden sein, je nachdem der Teil der 
versammelten Bischöfe größer oder geringer ist, 
oder vielmehr je nachdem die Bischöfe der größeren 
oder kleineren sest organisierten kirchlichen Ver- 
bände zu gemeinsamer Betätigung sich vereinigen, 
und dem entspricht die Unterscheidung derselben 
in Patriarchal-, Primatial-, Plenar= und Pro- 
vinzialkonzilien. Auch können die Bischöfe ver- 
schiedener andern Verbände, desselben Landes oder 
Reiches, derselben Nation, zu einem Konzil sich 
versammeln, und aus dieser Verschiedenheit er- 
geben sich die Landes-, Reichs= und National- 
konzilien. Indes bildet das Provinzialkonzil 
innerhalb dieser Gruppe der partikularen Kon- 
zilien rechtlich den Grundtypus, da die Rechts- 
grundsätze, welche für dasselbe maßgebend sind, 
auch für alle andern gelten. Die Verschiedenheit 
ist eine rein tatsächliche; die Zahl der Bischöfe 
auf den andern ist größer als auf einem Pro- 
vinzialkonzil, aber das rechtliche Verhältnis unter 
ihnen ist ganz dasselbe; auch die Beschlüsse tragen 
denselben rechtlichen Charakter, nur ihr äußeres 
Geltungsgebiet ist bei jenen dem Umfange nach 
größer als bei diesem. Zu den bisher genannten 
Arten tritt noch eine weitere, aber von ihnen 
wesentlich verschiedene Art unter dem Namen 
Diözesansynode. Auf dieser handelt es sich nicht 
um eine gemeinsame Tätigkeit mehrerer Bischöfe, 
sondern nur um die eines einzelnen Bischofs, aber 
Konzil. 
  
468 
in Gemeinschaft mit dem um ihn versammelten 
Diözesanklerus, und deshalb geschieht auch diese 
in der Gemeinschaftsform oder in der Gestalt 
eines Konzils. Und damit gibt es rechtlich drei 
verschiedene Grundarten: 1. die allgemeinen Kon- 
zilien, 2. die Provinzialkonzilien und 3. die Diö- 
zesansynoden. Was die Namen Konzil (concilium, 
concieo, concire) und Synode (obv-oso) be- 
trifft, so bedeuten beide sachlich dasselbe, eine 
Versammlung oder Zusammenkunft. Daher er- 
klärt es sich, daß früher lange Zeit beide unter- 
schiedslos für alle Arten üblich waren. Seit dem 
13. und 14. Jahrh. jedoch wurde die zuletzt ge- 
nannte oder dritte Art fast immer synodus epis- 
Copi oder dioecesana genannt und allmählich 
für sie wegen ihrer wesentlichen Verschiedenheit 
von den andern der Name Synode, für diese aber 
der Name Konzil durch den Sprachgebrauch als 
technische Bezeichnung fixiert. 
1. Die allgemeinen oder ökumenischen 
Konzilien. Ein allgemeines oder ökumenisches 
(cic 1#1 nooyng) Konzil ist die Versammlung 
der Bischöfe mit und unter dem Papst zur Be- 
ratung und Entscheidung kirchlicher Angelegen- 
heiten. Das Charakteristische desselben besteht 
darin, daß es den im Primat geeinten Gesamt- 
episkopat oder die Vereinigung der Bischöfe als 
Glieder des Episkopats mit dem Papst als seinem 
Haupte darstellt. Dasselbe ist aber damit nicht 
etwa ein neben dem Papst und den Bischöfen be- 
stehendes und besonderes Organ einer ihm eigen- 
tümlichen Gewalt oder einejuristische Person, welche 
in der Form einer gemeinsamen Betätigung des 
Papstes und der Bischöfe die ihr eigentümliche 
Gewalt ausübte; es ist vielmehr nur eine außer- 
gewöhnliche, zeitweilige Vereinigung des Papstes 
und der Bischöfe, um die ihnen auch ohne dieselbe 
zustehende Gewalt gemeinsam zu betätigen, und 
zwar in einem rechtlichen Verhältnisse zueinander, 
das nicht erst durch diese Vereinigung begründet 
wird, sondern in dem Wesen des Primats, dessen 
Träger der Papst ist, begründet liegt. Hieraus 
ergeben sich mit logischer Notwendigkeit alle 
Rechtsgrundsätze, welche dasselbe beherrschen, und 
zunächst der, daß dem Papst allein und aus- 
schließlich das Recht zusteht, ein ökumenisches 
Konzil zu berufen. Die Berufung durch den 
Papst ist so wesentlich, daß ein von ihm nicht 
berufenes Konzil, auch wenn alle Bischöfe ver- 
sammelt wären, kein ökumenisches wäre, weil ihm 
das charakteristische Moment fehlen würde, wonach 
dieses den im Primat geeinten Gesamtepiskopat 
darstellt. Diesem ausschließlichen Berufungsrecht 
des Papstes steht auch der Umstand nicht ent- 
gegen, daß die ersten acht allgemeinen Konzilien 
nicht von ihm, sondern von den Kaisern, und zwei 
ohne seine vorherige Zustimmung berufen wurden 
(Funk, Kirchengeschichtl. Abhandlungen und Unter- 
suchungen 1 39/86); denn diese waren ihrer Be- 
rufung nach keine ökumenischen, sie sind es erst 
geworden durch den Hinzutritt und die Teilnahme
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.