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daß überhaupt keine erfolgt oder für notwendig
erachtet worden sei. Der Beschluß eines ökume-
nischen Konzils kann gültig nur zustande kommen,
wenn der Papst dem ordnungsmäßig festgestellten
Beschluß der Bischöfe seine Zustimmung oder
Bestätigung gibt, mag es nun vorher, gleichzeitig
oder später geschehen; sie bildet ein wesentliches
Moment zur Herbeiführung eines Konzilsbe-
schlusses, ohne sie liegt nur ein Beschluß der Bi-
schöfe, aber kein Konzilsbeschluß vor. Der Papst
kann nun einem solchen durch die Mehrheit der
Bischöfe gefaßten Beschluß seine Zustimmung ver-
sagen und damit verhindern, daß er ein Konzils-
beschluß wird; er kann statt dessen dem Beschluß
der Minorität zustimmen in der Art, daß dieser
mit seiner Verkündigung durch den Papst allge-
mein verbindliche Gesetzeskraft hat, aber nicht als
ein Konzilsbeschluß, sondern als eine vom Papst
in UÜbereinstimmung mit dem Minoritätsvotum
erlassene constitutio; denn die Majorität der
vota ist die materielle Vorbedingung und ein
ebenso wesentliches Moment für einen Konzils-
beschluß wie die Zustimmung des Papstes.
Der Zahl nach gibt es 20 allgemeine oder öku-
menische Konzilien, und zwar: 1) das erste Konzil
von Nicäa 325 unter Papst Sylvester und Kaiser
Konstantin d. Gr.; 2) das erste Konzil von Kon-
stantinopel 381; zunächst nur ein orientalisches
Konzil.
Generalkonzil, ökumenisch erst durch Anerkennung
seitens des Papstes Damasus und späterer Päpste,
namentlich Gregors d. Gr.; 3) das Konzil von
Ephesus 431 unter Papst Cölestin I. und Kaiser
Theodofius II.; 4) das Konzil von Chalcedon 451
unter Papst Leo l. und Kaiser Marcian; 5) das
zweite Konzil von Konstantinopel 553, vom Kaiser
Justinian berufen, ökumenisch erst durch Sanktion
der Päpste Vigilius und Pelagius l.; 6) das dritte
Konzil von Konstantinopel 680 unter Papst Agatho
und Kaiser Konstantin IV.; 7) das zweite Konzil
von Nicäa 787 unter Papst Hadrian I. und Kaiser %
Konstantin VI.; 8) das vierte Konzil von Kon--
stantinopel 869 unter Papst Hadrian II. und Kaiser
Basilius; 9) das erste Laterankonzil 1123 unter
Kalixt II.; 10) das zweite Laterankonzil 1139 unter
Innozenz II.; 11) das dritte Laterankonzil 1179
unter Alexander III.; 12) das vierte Laterankonzil
1215 unter Innozenz III.; 13) das erste Konzil von
Lyon 1245 unter Innozenz IV.; 14) das zweite
von Lyon 1274. unter Gregor X.; 15) das Konzil
von Vienne 1311 unter Klemens V.; 16) das Kon-
zil von Konstanz 1414/18, legitimiert durch den
Papst Gregor XII.; 17) das Konzil von Basel
1431/37 unter Eugen IV., 1438 nach Ferrara,
1439 nach Florenz verlegt und 1442 geschlossen;
18) das fünfte Laterankonzil 1512/17 unter Ju-
lius II. und Leo X.; 19) das Konzil von Trient
1545/63 unter den Päpsten Paul III., Julius III.,
Pius IV.; 20) das Vatikankonzil 1869/70 unter
Pius IX.
2. Die Provinzialkonzilien. Ein Pro-
vinzialkonzil ist die Versammlung der Bischöfe
einer Kirchenprovinz mit und unter ihrem Erz-
bischofe zur Beratung und Entscheidung kirchlicher
Angelegenheiten, soweit sie die Provinz betreffen.
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Das Recht des Erzbischofs, ein Provinzialkonzil
zu berufen, ergibt sich aus dem Begriff des Kon-
zils und aus dem rechtlichen Verhältnis, welches
zwischen ihm und den Provinzialbischöfen besteht,
von selbst. Er bedarf deshalb auch zur Ausübung
desselben keinerlei Erlaubnis, auch nicht der des
Papstes. Der pseudoisidorische Satz, daß ein
Provinzialkonzil ohne vorherige Erlaubnis des
Papstes nicht berufen oder abgehalten werden
könne, hat auf die Rechtsbildung keinen Einfluß
ausgeübt und ist nie Recht geworden. Wenn aber
in neuerer Zeit von einigen Erzbischöfen die päpst-
liche Erlaubnis erbeten wurde, so ist dieses aus
freier Entschließung geschehen, rechtlich notwendig
war sie nicht. Dieses Berufungsrecht ist jedoch
ein persönliches und kann nicht vom Erzbischof
seinem Generalvikar übertragen werden. Dem-
gemäß hat das Konzil von Trient in Verbindung
mit der Vorschrift, daß ein Provinzialkonzil alle
drei Jahre abgehalten werden soll, nicht nur in
dem Falle der Vakanz des erzbischöflichen Stuhles,
sondern auch in dem Falle einer Verhinderung
des Erzbischofs dem ältesten Diözesanbischof der
Provinz das Recht zuerkannt, dasselbe zu berufen
(Conc. Trid. sess. XXIV., c. 2). Dagegen
werden die heutigen Plenarkonzilien als Ver-
einigungen der Bischöfe mehrerer Kirchenprovinzen
gemeinsamer Nationalität direkt vom Papst be-
rufen und stehen unter der Leitung eines Dele-
gatus Sedis Apostolicae.— Was das Recht, be-
rufen zu werden, betrifft, so sind zwei Kategorien
von Berechtigten zu unterscheiden. Die erste bilden
diejenigen, denen dieses Recht als ein eigenes zu-
steht, weil sie innerhalb der Provinz über Teile
derselben Jurisdiktion ausüben und deshalb auch
ein votum decisivum haben. Die zweite da-
gegen umfaßt solche, denen dieses Recht verliehen
ist, und die, weil ihnen keinerlei Jurisdiktion zu-
steht, nur ein votum consultativum haben. Zu
der ersteren gehören: 1) die Dihzesanbischöfe,
episcopi comprovinciales, und bei etwaiger
Erledigung der bischöflichen Stühle die Kapitular-
vikare, oder im Falle der Unfähigkeit eines Bi-
schofs der Koadjutor, welcher an seiner Stelle die
jurisdictio episcopalis ausübt oder die Ver-
waltung der Diözese führt. Ist ein Bischof legi-
time impecditus, so kann ihn sein Generalvikar
bei dem Konzil auf Grund eines Spezialmandats
vertreten; 2) die exemten Bischöfe, d. h. solche,
welche keinem Provinzialverbande angehören, sich
aber nach der gesetzlichen Bestimmung des Konzils
von Trient (Sess. XXIV, c. 2) einer Provinz
angeschlossen haben und damit, soweit es sich um
ein Provinzialkonzil handelt, rechtlich als episcopi
comprovinciales gelten, aber im Falle der Ver-
hinderung des Erzbischofs auch bei etwaiger An-
eiennität kein Berufungsrecht haben; 3) die Abte
und praelati nullius dioecesis (s. oben ökume-
nisches Konzil), welche innerhalb einer Kirchen-
provinz iurisdictio quasi-episcopalis ausüben
und sich, wie die exemten Bischöfe, dieser ange-