Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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daß überhaupt keine erfolgt oder für notwendig 
erachtet worden sei. Der Beschluß eines ökume- 
nischen Konzils kann gültig nur zustande kommen, 
wenn der Papst dem ordnungsmäßig festgestellten 
Beschluß der Bischöfe seine Zustimmung oder 
Bestätigung gibt, mag es nun vorher, gleichzeitig 
oder später geschehen; sie bildet ein wesentliches 
Moment zur Herbeiführung eines Konzilsbe- 
schlusses, ohne sie liegt nur ein Beschluß der Bi- 
schöfe, aber kein Konzilsbeschluß vor. Der Papst 
kann nun einem solchen durch die Mehrheit der 
Bischöfe gefaßten Beschluß seine Zustimmung ver- 
sagen und damit verhindern, daß er ein Konzils- 
beschluß wird; er kann statt dessen dem Beschluß 
der Minorität zustimmen in der Art, daß dieser 
mit seiner Verkündigung durch den Papst allge- 
mein verbindliche Gesetzeskraft hat, aber nicht als 
ein Konzilsbeschluß, sondern als eine vom Papst 
in UÜbereinstimmung mit dem Minoritätsvotum 
erlassene constitutio; denn die Majorität der 
vota ist die materielle Vorbedingung und ein 
ebenso wesentliches Moment für einen Konzils- 
beschluß wie die Zustimmung des Papstes. 
Der Zahl nach gibt es 20 allgemeine oder öku- 
menische Konzilien, und zwar: 1) das erste Konzil 
von Nicäa 325 unter Papst Sylvester und Kaiser 
Konstantin d. Gr.; 2) das erste Konzil von Kon- 
stantinopel 381; zunächst nur ein orientalisches 
Konzil. 
  
Generalkonzil, ökumenisch erst durch Anerkennung 
seitens des Papstes Damasus und späterer Päpste, 
namentlich Gregors d. Gr.; 3) das Konzil von 
Ephesus 431 unter Papst Cölestin I. und Kaiser 
Theodofius II.; 4) das Konzil von Chalcedon 451 
unter Papst Leo l. und Kaiser Marcian; 5) das 
zweite Konzil von Konstantinopel 553, vom Kaiser 
Justinian berufen, ökumenisch erst durch Sanktion 
der Päpste Vigilius und Pelagius l.; 6) das dritte 
Konzil von Konstantinopel 680 unter Papst Agatho 
und Kaiser Konstantin IV.; 7) das zweite Konzil 
von Nicäa 787 unter Papst Hadrian I. und Kaiser % 
Konstantin VI.; 8) das vierte Konzil von Kon-- 
stantinopel 869 unter Papst Hadrian II. und Kaiser 
Basilius; 9) das erste Laterankonzil 1123 unter 
Kalixt II.; 10) das zweite Laterankonzil 1139 unter 
Innozenz II.; 11) das dritte Laterankonzil 1179 
unter Alexander III.; 12) das vierte Laterankonzil 
1215 unter Innozenz III.; 13) das erste Konzil von 
Lyon 1245 unter Innozenz IV.; 14) das zweite 
von Lyon 1274. unter Gregor X.; 15) das Konzil 
von Vienne 1311 unter Klemens V.; 16) das Kon- 
zil von Konstanz 1414/18, legitimiert durch den 
Papst Gregor XII.; 17) das Konzil von Basel 
1431/37 unter Eugen IV., 1438 nach Ferrara, 
1439 nach Florenz verlegt und 1442 geschlossen; 
18) das fünfte Laterankonzil 1512/17 unter Ju- 
lius II. und Leo X.; 19) das Konzil von Trient 
1545/63 unter den Päpsten Paul III., Julius III., 
Pius IV.; 20) das Vatikankonzil 1869/70 unter 
Pius IX. 
2. Die Provinzialkonzilien. Ein Pro- 
vinzialkonzil ist die Versammlung der Bischöfe 
einer Kirchenprovinz mit und unter ihrem Erz- 
bischofe zur Beratung und Entscheidung kirchlicher 
  
Angelegenheiten, soweit sie die Provinz betreffen. 
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Das Recht des Erzbischofs, ein Provinzialkonzil 
zu berufen, ergibt sich aus dem Begriff des Kon- 
zils und aus dem rechtlichen Verhältnis, welches 
zwischen ihm und den Provinzialbischöfen besteht, 
von selbst. Er bedarf deshalb auch zur Ausübung 
desselben keinerlei Erlaubnis, auch nicht der des 
Papstes. Der pseudoisidorische Satz, daß ein 
Provinzialkonzil ohne vorherige Erlaubnis des 
Papstes nicht berufen oder abgehalten werden 
könne, hat auf die Rechtsbildung keinen Einfluß 
ausgeübt und ist nie Recht geworden. Wenn aber 
in neuerer Zeit von einigen Erzbischöfen die päpst- 
liche Erlaubnis erbeten wurde, so ist dieses aus 
freier Entschließung geschehen, rechtlich notwendig 
war sie nicht. Dieses Berufungsrecht ist jedoch 
ein persönliches und kann nicht vom Erzbischof 
seinem Generalvikar übertragen werden. Dem- 
gemäß hat das Konzil von Trient in Verbindung 
mit der Vorschrift, daß ein Provinzialkonzil alle 
drei Jahre abgehalten werden soll, nicht nur in 
dem Falle der Vakanz des erzbischöflichen Stuhles, 
sondern auch in dem Falle einer Verhinderung 
des Erzbischofs dem ältesten Diözesanbischof der 
Provinz das Recht zuerkannt, dasselbe zu berufen 
(Conc. Trid. sess. XXIV., c. 2). Dagegen 
werden die heutigen Plenarkonzilien als Ver- 
einigungen der Bischöfe mehrerer Kirchenprovinzen 
gemeinsamer Nationalität direkt vom Papst be- 
rufen und stehen unter der Leitung eines Dele- 
gatus Sedis Apostolicae.— Was das Recht, be- 
  
rufen zu werden, betrifft, so sind zwei Kategorien 
von Berechtigten zu unterscheiden. Die erste bilden 
diejenigen, denen dieses Recht als ein eigenes zu- 
steht, weil sie innerhalb der Provinz über Teile 
derselben Jurisdiktion ausüben und deshalb auch 
ein votum decisivum haben. Die zweite da- 
gegen umfaßt solche, denen dieses Recht verliehen 
ist, und die, weil ihnen keinerlei Jurisdiktion zu- 
steht, nur ein votum consultativum haben. Zu 
der ersteren gehören: 1) die Dihzesanbischöfe, 
episcopi comprovinciales, und bei etwaiger 
Erledigung der bischöflichen Stühle die Kapitular- 
vikare, oder im Falle der Unfähigkeit eines Bi- 
schofs der Koadjutor, welcher an seiner Stelle die 
jurisdictio episcopalis ausübt oder die Ver- 
waltung der Diözese führt. Ist ein Bischof legi- 
time impecditus, so kann ihn sein Generalvikar 
bei dem Konzil auf Grund eines Spezialmandats 
vertreten; 2) die exemten Bischöfe, d. h. solche, 
welche keinem Provinzialverbande angehören, sich 
aber nach der gesetzlichen Bestimmung des Konzils 
von Trient (Sess. XXIV, c. 2) einer Provinz 
angeschlossen haben und damit, soweit es sich um 
ein Provinzialkonzil handelt, rechtlich als episcopi 
comprovinciales gelten, aber im Falle der Ver- 
hinderung des Erzbischofs auch bei etwaiger An- 
eiennität kein Berufungsrecht haben; 3) die Abte 
und praelati nullius dioecesis (s. oben ökume- 
nisches Konzil), welche innerhalb einer Kirchen- 
provinz iurisdictio quasi-episcopalis ausüben 
und sich, wie die exemten Bischöfe, dieser ange-
	        
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