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schlossen haben. Die innerhalb einer Kirchen-
provinz fungierenden Weihbischöfe fallen jedoch
nicht unter diese Kategorie, weil ihnen hier keine
Jurisdiktion zusteht; sie können indes berufen und
zum Erscheinen auf dem Konzil verpflichtet wer-
den, haben aber bei ihrer Teilnahme an den Ver-
handlungen ein votum decisiwum nur, wenn
ihnen dieses durch einstimmigen Beschluß der
Provinzialbischöfe gewährt wird. Zu der zweiten
Kategorie gehören im allgemeinen diejenigen, qui
de iure vel consuetudine interesse debent
(Conc. Trid. a. a. O.), und insbesondere 1) die Re-
gularäbte und andere Ordensobern innerhalb der
Provinz; ihr Recht beruht auf der consuetudo;
gemeinrechtlich sind sie indes zum Erscheinen an sich
nicht verpflichtet, wohl aber in dem Falle, daß sie
selbst Seelsorge ausüben oder ihren Klöstern Seel-
sorgeämter inkorporiert sind; 2) die Domkapitel
der Provinz, denen das Recht gesetzlich zuerkannt
ist (c. 10, X 3, 10 de his quae fiunt a praelato
sine consensu capituli). Zur Erfüllung der
diesem Recht entsprechenden Pflicht des Erscheinens
genügt eine Vertretung derselben bei Metropoli-
tankapiteln durch drei, bei den andern durch zwei
Deputierte. Außerdem werden noch andere,
denen das Recht nicht zusteht, namentlich Theo-
logen, Kanonisten, Direktoren der Seminare, zu
dem Zweck berufen, an den Konzilsarbeiten als
sachverständige Berater der Bischöfe teilzu-
nehmen. Für die Berufung eines Provinzialkonzils
ist wesentlich nur erforderlich, daß sie sich an alle
Teilnahmeberechtigten richte, den Ort und Tag
der Versammlung angebe und in einer Weise ver-
öffentlicht werde, welche die Gewähr bietet, daß
jene davon Kenntnis erlangen. Der Versamm-
lungsort soll der Regel nach die Metropolitan-
kirche sein; ist dieses wegen besonderer Schwierig-
keiten nicht angängig, so kann der Erzbischof einen
andern, seinem Ermessen nach passenden Ort be-
zeichnen, ohne dabei an eine vorherige Zustimmung
der Dihzesanbischöfe gesetzlich gebunden zu sein.
Als Grund der Berufung hat das Konzil von
Trient einige bestimmte Angelegenheiten genannt,
jedoch nur beispielsweise, da es mit den Worten
schließt: aliisque ex sacris canonibus permis-
sis (Conc. Trid. sess. XXIV, c. 2). Und damit
kann jede kirchliche Angelegenheit, welche unter die
Kompetenz eines Provinzialkonzils fällt, den
Grund für die Berufung desselben bilden. Seine
Kompetenz wird durch die Jurisdiktion der ver-
einigten Bischöfe bestimmt, und diese ist keine
andere als die, welche sie in ihren Diözesen aus-
üben; nur ist hier die Ausübung derselben eine
gemeinsame, und zwar für die vereinigten Diözesen
oder die Kirchenprovinz. Danach steht ihm zunächst
das Recht der Gesetzgebung zu mit der Beschränkung
auf solche kirchliche Angelegenheiten, welche die
Kirchenprovinz betreffen, und nur insoweit, als
dieselben durch das gemeine Recht noch nicht ge-
regelt sind. Demgemäß kann es nur Gesetze zur
Ergänzung des gemeinen Rechts erlassen, oder um
Konzil.
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dasselbe innerhalb der Provinz zur vollen Geltung
und Durchführung zu bringen, oder auch um im
Widerspruch mit jenem eingetretene Mißstände zu
beseitigen und solchen vorzubeugen. In Glaubens-
sachen beschränkt sich seine Kompetenz darauf, die
Dogmen gegen Irrlehren zu schützen und diese zu
verurteilen und abzustellen; Entscheidungen über
noch nicht festgestellte Glaubenslehren sind ihm
entzogen. Ferner steht ihm das Recht der Aufsicht
über die Zustände und Verhältnisse der Kirchen-
provinz wie über die Befolgung der Kirchengesetze
zu und ebenso das Recht der Strafgerichtsbarkeit
gegen die einzelnen Provinzialbischöfe bei geringe-
ren Vergehen (Conc. Trid. sess. p c. 5
und gegen die Synodalexaminatoren wegen Si-
monie und anderer Pflichtverletzungen (ebd. c. 18).
Auch hat es das Recht, für jede Diözese der Pro-
vinz vier Synodalrichter zu wählen, denen der
Papst die Entscheidung der Prozesse in letzter In-
stanz delegiert (iudices in partibus, Conc.
Trid. sess. XXV, c. 10). Mit dem Recht der
Berufung hat der Erzbischof auch das Recht, den
Vorsitz zu führen und die Konzilsverhandlungen
zu leiten, jedoch nur als primus inter pares;
denn er ist Vorsitzender und Leiter einer Ver-
sammlung, deren stimmberechtigte Mitglieder ihm
rechtlich gleichstehen, und sein Votum gilt nicht
mehr als das der andern Votanten. Deshalb
können alle Angelegenheiten, die geschäftlichen wie
auch die sachlichen und zur Beratung stehenden,
nur durch Mehrheitsbeschluß entschieden oder er-
ledigt werden; namentlich ist der Erzbischof nicht
befugt, einseitig eine Geschäftsordnung aufzustellen,
ßes kann nur geschehen de consilio et consensu
episcoporum comprovincialium.
Die nun durch Stimmenmehrheit gefaßten Be-
schlüsse erlangen mit ihrer Publikation innerhalb
der Provinz verbindliche Kraft und begründen das
ius provinciale. Die Publikation derselben darf
jedoch nach einer gesetzlichen Bestimmung, welche
Sixtus V. (Bulle Immensa aeterni Dei vom
22. Jan. 1587) erlassen hat, erst erfolgen, nach-
dem sie dem Papst zur Einsicht und Prüfung
vorgelegt sind und dessen Genehmigung oder
Approbation erhalten haben. Die Acta et De-
creta der Provinzialsynoden werden speziell an
die S. C. C. zur Prüfung eingereicht. Pius X. hat
die bisher bestehende Congregatio particularis
super revisione synodorum provincialium
durch die Konstitution Sapienti consilio vom
29. Juni 1908 ausdrücklich aufgehoben. Der
Zweck der schon von Sixtus V. getroffenen Be-
stimmung ist, dem Papst eine Prüfung darüber
zu ermöglichen, ob das Provinzialkonzil die Be-
schlüsse auch innerhalb der Grenzen seiner Zu-
ständigkeit gefaßt habe, und damit zu verhindern,
daß etwa Beschlüsse verkündigt und zur Aus-
führung gebracht werden, welche formell Anspruch
auf Geltung haben, sachlich aber wegen Kompe-
tenzüberschreitung ungültig sind. Wenn die Be-
schlüsse ordnungsmäßig gefaßt und damit gültig