Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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den doch erst mit dem 13. Jahrh. ein, nach- 
dem das Kardinalkollegium das durch die Ge- 
setzebung in feste Normen gebrachte aus- 
schließliche Recht zur Papstwahl erlangt hatte. 
Dieses für die ganze Kirche so bedeutungsvolle 
Recht und die Teilnahme der Kardinäle an der 
Ausübung des Primats als Ratgeber und Ge- 
hilfen des Papstes hoben das Kardinalkollegium 
über den Episkopat hinaus und gaben ihm damit 
seine Stellung unmittelbar nach dem Papst als 
höchste kirchliche Korporation in dem hierarchischen 
Organismus. 
Um dieselbe Zeit begann nun auch die recht- 
liche Gestaltung und feste Organisation des 
Kardinalkollegiums nach innen und außen, und in 
Verbindung midderselben erhielt zugleich dessen hohe 
kirchliche Stellung die äußere rechtliche und sym- 
bolische Fixierung in besondern Vorrechten und 
Insignien, welche den Mitgliedern desselben ge- 
währt wurden. Diese Gestaltung und Organi- 
sation beruht teils auf dem Gewohnheitsrecht 
teils auf positiven Bestimmungen, hat sich aber 
sehr allmählich vollzogen und ist erst unter Papst 
Sixtus V. durch die beiden Konstitutionen Post- 
quam verus vom 3. Dez. 1586 und Religiosa 
sanctorum vom 13. April 1587 zum Abschluß 
gelangt. Sixtus V. setzte in der ersten Konsti- 
tution nach dem Vorbilde der auf Geheiß Gottes 
von Moses ernannten jüdischen Altesten die Ge- 
samtzahl der Kardinäle auf 70 fest, von denen 
nach der zweiten Konstitution der ersten Kategorie 
oder dem orccoo der Bischöfe 6, der zweiten Kate- 
gorie oder dem ordo der Priester 50, der dritten 
Kategorie oder dem ordo der Diakonen 14 an- 
gehören sollten. Die Kardinalbischöfe sind die 
Bischöfe der 6 heutigen suburbikarischen Bis- 
tümer, nachdem Rufina mit Porto durch Kalixt II. 
1120 vereinigt worden ist. Die dem zweiten ordo 
angehörigen Kardinäle müssen die Priesterweihe 
empfangen haben, können aber auch Bischöfe sein. 
Der Eintritt in den dritten ordo ist durch den 
Empfang der Diakonatsweihe bedingt, es können 
ihm aber auch Priester angehören. 
Die Rangordnung unter den Kardinälen 
wird zunächst durch den ordo bestimmt, dem der 
einzelne angehört, und innerhalb desselben ordo 
nicht etwa durch den höheren Weihegrad, sondern 
durch das Datum der Ernennung oder die An- 
ciennität. Diese datiert jedoch in dem ersten ordo 
nicht vom Eintritt in das Kardinalkollegium, 
sondern vom Tag der erhaltenen Bischofsweihe 
(Clementis XII. const. Pastorale officium 
vom 10. Jan. 1731). Auf Grund des in dem 
Kollegium geltenden sog. Optionsrechts, wel- 
ches von Paul IV. (const. Cum venerabiles 
vom 22. Aug. 1555) ausdrücklich anerkannt und 
von Sixtus V. (const. eit.) näher geregelt ist, 
kann bei einer Vakanz der älteste Kardinal die 
erledigte Stelle für sich optieren, d. h. unter Auf- 
gabe seiner bisherigen in erstere eintreten. Ein 
solches Nachrücken findet nicht bloß innerhalb 
Kardinäle. 
  
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desselben ordo statt, sondern auch von einem ordo 
in den nächsthöheren. Dieses Optionsrecht kann 
aber nur von den in Rom residierenden oder 
wegen einer causa publica abwesenden Kar- 
dinälen ausgeübt werden (Benedicti XIII. const. 
Romani Pontificis vom 7. Sept. 1724; Cle- 
mentis XII. const. cit.). 
Das Kardinalkollegium mit seinen drei oben- 
genannten Ordnungen bildet, wie die Kapitel der 
Kathedralen, eine kirchliche Korporation. Vor- 
stand derselben ist der Kardinaldekan, und zwar 
der Regel nach der Kardinalbischof von Ostia, 
dem als Subdekan gewohnheitsmäßig der Kar- 
dinalbischof von Porto zur Seite steht. Er reprä- 
sentiert in seiner Person das Heilige Kollegium, 
weshalb die Gesandten der weltlichen Mächte und 
die neu eintretenden Kardinäle ihm zuerst ihren 
Besuch abstatten. Als Vorsitzender hat er dasselbe 
zu berufen und seine Verhandlungen zu leiten. 
Zu seinen Privilegien gehört das Recht, den ge- 
wählten Papst zu konsekrieren, oder falls derselbe 
schon Bischof ist, zu benedizieren. 
Die Verwaltung der Einkünfte des Kardinal- 
kollegiums führt der Kardinalkämmerer 
(cardinalis camerarius, Camerlengoy, nicht zu 
verwechseln mit dem vom Papste ernannten car- 
dinalis camerarius, Camerlengo della Santa 
Romana Chiesa. Er wird immer nur auf ein 
Jahr gewählt. Seine Obliegenheiten sind, den 
in Rom residierenden Kardinälen ihren Anteil an 
den jährlichen Einkünften des Kollegiums, den 
sog. rotulus, anzuweisen (die Kardinäle sollen 
überdies nach einer Bestimmung Pauls II. aus 
kirchlichen Benefizien mindestens 4000 Scudi — 
1. piatto dei Cardinali — erhalten), die lau- 
fenden Geschäfte zu führen und in den geheimen 
Konsistorien das Protokoll zu ordnen. Beiden 
Würdenträgern ist ein zur Prälatur gehöriger 
Sekretär beigegeben, der stets Italiener sein 
muß. Er hat die Register über die Beschlüsse der 
geheimen Konsistorien zu führen, ist aber in den- 
selben nicht gegenwärtig. 
Die Ernennung der Kardinäle geschieht 
frei durch den Papst. Bei dem so innigen Ver- 
hältnis, welches zwischen Papst und Kardinal- 
kollegium besteht — Sixtus V. sagt in der Vor- 
rede zu der const. Postquam verus: Cardinales 
sunt Papae personae partes nobilissimae ac 
Praecipua flllius membra —, muß jede ander- 
weitige, bestimmende und die Freiheit hemmende 
Einwirkung hier ausgeschlossen sein. Weil eben 
diese Ernennung auf einem freien Willensakte 
des Papstes beruht, wird sie technisch creare 
oder creatio genannt und erscheint der ernannte 
Kardinal als creatura papae. Der Versuch, 
dieses freie Ernennungsrecht des Papstes im 
Sinne der antiprimatialen Tendenzen, welche die 
sog. Reformkonzilien des 15. Jahrh. beherrschten, 
zu beschränken und bei Ausübung desselben 
dem Kardinalkollegium einen maßgebenden Ein- 
fluß zu sichern, blieb erfolglos. Martin V. 
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