Full text: Staatslexikon. Dritter Band: Kaperei bis Paßwesen. (3)

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bestimmte in seinen Reformakten solchen Vellei- 
täten gegenüber als Erfordernis nur ein von den 
Kardinälen abzugebendes Konsilium mit rein zere- 
monieller, nicht rechtlicher Bedeutung. Bei dem 
großen Interesse jedoch, welches die Kardinäle an 
der Persönlichkeit haben, die in ihr Kollegium 
eintreten soll, pflegten die Päpste in billiger Be- 
rücksichtigung desselben und zu ihrer eigenen In- 
sormation jene als ihre geborenen Ratgeber auch 
bei dieser Angelegenheit regelmäßig zu Rate zu 
ziehen und ihnen so eine jedesmalige Mitwirkung 
freiwillig zu gewähren. Infolgedessen sind denn 
auch bestimmte Akte und Zeremonien üblich 
geworden, unter deren Vornahme heute noch die 
Kreation der Kardinäle seitens des Papstes sich 
vollzieht. Früher geschah dieselbe in vier zu diesem 
Behufe berufenen und in gewissen Zwischenräumen 
stattfindenden Versammlungen der Kardinäle. 
Jetzt erfolgt die Ernennung nach vorheriger Be- 
ratung mit den Kardinälen ohne Konsistorium. 
Der so Ernannte wird sodann in einer Privat- 
audienz dem Papste vorgestellt und erhält das 
rote Birett. Später werden zwei Konsistorien ab- 
gehalten; in dem ersten (öffentlichen) geschieht die 
feierliche Ubergabe des roten Hutes, in dem zwei- 
ten (geheimen) die Zeremonie der Schließung und 
Offnung des Mundes, die Überreichung des 
Ringes und die assignatio tituli. Zuweilen be- 
hält der Papst bei diesen Kreationen einen oder 
mehrere Kandidaten in petto (in pectore reser- 
vat), d. h. er teilt die Ernennung mit, ohne den 
Namen anzugeben (reliquos in pectore reser- 
vamus arbitrio nostro quandocunque decla- 
randos). Wird später der betreffende Kardinal 
namentlich proklamiert, so datiert seine Ancienni= 
tät von dem Tage, an welchem er in petto be- 
halten wurde. — Wenngleich, wie oben schon an- 
gedeutet ist, den weltlichen Mächten hierbei ein 
rechtlich garantierter Einfluß keineswegs zusteht, 
so können dennoch die größeren katholischen Mächte 
(Osterreich, Spanien, Portugal, früher auch Frank- 
reich) observanzmäßig Vorschläge machen, welche 
die Päpste gewöhnlich berücksichtigen, aber ohne 
an diese gebunden zu sein. Die unter Berück- 
sichtigung derartiger Wünsche ernannten Kardinäle 
werden Kronkardinäle genannt. 
In Anbetracht der hohen Würde der Kardinäle 
sind bezüglich ihrer persönlichen Eigenschaften 
mannigsache Bestimmungen ergangen (Ferraris, 
Card. art. 1, n.24; Phillips, Kirchenrecht VI273). 
Namentlich hat das Konzil von Trient (c. 1, s. 24) 
bestimmt, daß sie alle die Eigenschaften haben 
müssen, welche für den Episkopat gefordert werden. 
Um etwaigen Parteibildungen im Kardinalkolle- 
gium entgegenzutreten, bestimmte Julius III. 
(„const. Pro bono regimine vom 26. Jan. 
1554), daß niemand zum Kardinal ernannt wer- 
den soll, dessen Bruder, Halbbruder oder über- 
haupt Verwandter ersten und zweiten Grades 
schon Kardinal ist. Um dem Kardinalkollegium 
Männer zu sichern, welche zur Erfüllung seiner 
Kardinäle. 
  
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hohen Aufgabe die erforderlichen Kenntnisse be- 
sitzen, schrieb die erste Sixtinische Konstitution 
§ 9 vor, daß neben den Doktoren beider Rechte 
oder wenigstens des kanonischen Rechts mindestens 
vier Magistri der Theologie, vornehmlich aus dem 
Mendikantenorden, Mitglieder desselben sein sollen. 
Und da ja die Kardinäle berufen sind, als Ge- 
hilfen des Papstes sich an der Regierung der 
ganzen Kirche zu beteiligen, so sollen in ihrem 
Kollegium möglichst die verschiedenen Nationali- 
täten vertreten sein (Conc. Trid. c. 1, s. 24; 
Cons. Basil. c. 4, s. 23). Schon der hl. Bernhard 
hatte hierauf in seinem Werke De consideratione 
ad Eugenium III. (4, 4) hingewiesen. Indes 
alle diese Bestimmungen, mögen sie auf allgemeinen 
Konzilien oder von Päpsten erlassen sein, haben 
dem jedesmaligen Papste gegenüber nur eine direk- 
tive, keine normative Bedeutung. Diesem kann 
bei richtiger Auffassung seines Verhältnisses zum 
kirchlichen Recht die Befugnis nicht bestritten wer- 
den, in einzelnen Fällen auch gegen jene Bestim- 
mungen Kardinalkreationen vorzunehmen. In der 
vollzogenen Ernennung liegt zu gleicher Zeit ein 
Dispensationsakt von der entgegenstehenden Be- 
stimmung. 
Die mit der Kardinalswürde verbundenen 
Rechte sind teils Regierungsrechte teils besondere 
Vorrechte oder Privilegien teils Ehrenrechte. Die 
Regierungsrechte stehen den Kardinälen als 
Gehilfen und Vertretern des Papstes in der Lei- 
tung der Gesamtkirche zu, und sie üben dieselben 
aus entweder in ihrer Gesamtheit (in Konsistorien) 
oder in ständigen Ausschüssen (in Kongregatio- 
nen) oder in einzelnen Amtern als Vorstände der 
Kurialbehörden. Ihre besondern Vorrechte 
oder Privilegien sind sehr zahlreich (Ferraris, 
Card. art. 3, n. 25). Zunächst stehen ihnen alle 
jene Privilegien zu, welche den Bischöfen gewährt 
sind. Von den darüber hinausgehenden sind die 
wichtigsten: 1) Sie sind exemt und sakrosankt; sie 
werden nur vom Papst unter Zuziehung des 
Kardinalkollegiums gerichtet; ihre Verletzung gilt 
als crimen laesae maiestatis und hat außer 
der Exkommunikation die Infamie auch der De- 
szendenten des Schuldigen zur Folge. 2) Auf 
Grund ihrer Würde üben sie (auch Priester und 
Diakonen) an ihren Kirchen die jurisdictio quasi- 
episcopalis aus, und die Kardinalpriester können 
ihren subditi die Tonsur und die niederen Weihen 
erteilen. 3) Auf allgemeinen Konzilien haben sie, 
ohne Bischöfe zu sein. Sitz und Stimme wie die 
Bischöfe. 4) Sie allein können zu legati a latere 
ernannt werden. 5) Es steht ihnen das Recht der 
Papstwahl in der Art zu, daß sie dasselbe auch 
ausüben können, wenn sie einer kirchlichen Zenfur 
verfallen sind (Const. Vacante Sede Aposto- 
lica vom 25. Dez. 1904, Nr 29). Eine Reihe von 
ihren Vorrechten beruht nicht auf gesetzlichen Be- 
stimmungen oder auf dem Gewohnheitsrechte, 
sondern auf Indulten. Da diese jedoch regelmäßig 
gewährt werden, so tragen dieselben um nichts
	        
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